Luftpost 493: KI gegen Luftpost

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Foto: Fecker

KI und ChatGPT sind derzeit in aller Munde. Wie wird künstliche Intelligenz die Zeitungswelt oder den Buchmarkt verändern? Wie werden sich die Honorare entwickeln, wenn bald jeder Computer-Freak mit Hilfe von KI ein Buch schreiben kann? Wie wirkt sich das auf den Deutschunterricht in der Schule aus? Ein Hausaufsatz zu einem beliebigen Thema ist in 60 Sekunden geschrieben, sogar glühende Liebesbriefe oder Songtexte brauchen keine zwei Minuten. Ich habe es ausprobiert und „mit Laptop und Lederhosen“ ein paar zurückliegende Luftpostthemen in die Suchmaske eingegeben. Zehn Sekunden später hatte ich einen fertigen Artikel, der sprachlich gewandt und grammatikalisch korrekt formuliert, sachlich manchmal hieb- und stichfest, manchmal jedoch totaler Bullshit war. So bat ich KI um einen Artikel über Triebwerke. Prompt wollte mir die Software weißmachen, dass die Boeing 747-8 „das längste Passagierflugzeuggebläse [sic] der Welt hat.“ Das Gebläse (Fan) des General Electric GEnx-2B67-Triebwerks der Boeing 747-8 sei so groß wie eine Boeing 737. Grottenfalsch! Das Triebwerk der 747-8 hat eine Länge von 4,31 m. Die kürzeste Boeing 737 misst 28 m! Jedoch … trotz solcher Verirrungen werden die KI-Programme nach und nach auf das digitale Wissen der Welt zurückgreifen können. Allerdings fehlt dabei das Herz, die persönliche Note, die Reife, der hintersinnige Humor. Wie ein Fotograf, der ein maschinenlesbares Passfoto schießen soll, schien der Nutzer das KI-Programm aufzufordern: „Bitte nicht lächeln“. Bei vielen Themen streikte die Software: „Über dieses Thema fehlen mir die Quellen“, gibt es dann zu lesen. In Hollywood streiken die Drehbuchautoren, weil dank KI die Honorare in den Keller gingen. Steht das auch deutschen Redaktionen bevor?

Hier ist das Ergebnis zum Thema „Orchesterreise“ (Luftpost 190). In grün zuerst der Artikel mit KI, darunter in blau meine Version. Ring frei … KI gegen die Luftpost


Eine Orchesterreise ist eine Reise, die von einem Orchester oder einer Musikgruppe unternommen wird. Dabei geht es in der Regel darum, an verschiedenen Veranstaltungsorten aufzutreten und Konzerte zu geben. Orchesterreisen können sowohl national als auch international stattfinden und bieten den Musikern die Möglichkeit, ihr Können einem breiteren Publikum zu präsentieren und neue Erfahrungen zu sammeln.

Bei einer Orchesterreise organisiert das Orchester in der Regel alle Aspekte der Reise, einschließlich der Reiseplanung, des Transports, der Unterkunft und der Konzerttermine. Dies erfordert eine sorgfältige Koordination und Organisation, um sicherzustellen, dass alles reibungslos abläuft.

Orchesterreisen können für die Musiker eine aufregende Gelegenheit sein, neue Städte und Länder zu erkunden, verschiedene Konzertsäle und Veranstaltungsorte kennenzulernen und mit anderen Musikern und Künstlern in Kontakt zu treten. Es ist auch eine Chance für das Orchester, seinen Ruf zu festigen und sein Repertoire einem breiteren Publikum zu präsentieren.

Zusätzlich zu den Konzertauftritten können Orchesterreisen auch Workshops, Proben oder Austausche mit anderen Orchestern umfassen, um den musikalischen Austausch und die Zusammenarbeit zu fördern. Insgesamt bieten Orchesterreisen eine einzigartige Möglichkeit für Musiker, ihre musikalischen Fähigkeiten zu verbessern, kulturelle Erfahrungen zu sammeln und die Freude an der Musik mit anderen zu teilen.

Text erstellt durch KI.


Holz und Gebläse

Sind Sie Vater einer Familie mit Frau und … sagen wir mal zwei oder drei Töchtern? Stellen Sie sich doch mal vor, Sie planten eine dreiwöchige Flugreise für fünf Personen nach Kalifornien. Genügen fünf Koffer? Fein. Und nun stellen Sie sich vor, Sie müssten die Konzertreise eines ganzen Symphonieorchesters dorthin organisieren. Die Stradivari-Geige mag ja noch als Handgepäck durchgehen, Taktstock, Triangel und Piccolo-Flöte auch, aber, „liebes Fräulein, würden Sie Ihr Cello bitte unter den Vordersitz schieben?“ Spätestens jetzt wird klar, hier geht es um mehr, als vier Strandkleider und acht Bikinis einzupacken. Wenn ein Orchester wie die Berliner Philharmoniker auf Konzertreise geht, dann reden wir von ca. 130 Musikern und etwa zehn Personen des Managements.

Für eine dreiwöchige Tournee durch einen anderen Kontinent beginnt die Organisation schon zwei Jahre vorher. Mit Ausnahme des Konzertflügels, der auf den Gastbühnen sowieso vorhanden ist, verlassen sich die großen Orchester niemals auf geliehene Instrumente vor Ort. Jeder Musiker kennt sein eigenes Instrument am besten, selbst Harfen oder Celesten werden deshalb eingepackt. Entscheidet man sich für ein großes Charterflugzeug, fliegt die Fracht gleich unten mit. Wird auf Linienflüge oder kleinere Chartermaschinen zurückgegriffen, reisen die Instrumente möglichst noch am selben Tag per Luftfracht, höchstens aber zwei Tage vorher.

Die gesamte Fracht steckt in orchestereigenen, gut isolierten Transportbehältern. Mit Kontrabässen, Harfen und Kesselpauken kommen da schnell mal 120 Kubikmeter an Fracht mit einem Gewicht von 10 Tonnen und einen Wert von mehreren Millionen Euro zusammen. Selbst die Konzertgarderobe wird nicht etwa in den eigenen Koffer gequetscht, sondern reist mit den Instrumenten in eigenen Kleiderbehältern mit. Die zollrechtliche Behandlung erfolgt über das Carnet-Verfahren. Die Liste der Instrumente wird bei der Ausfuhrzollstelle beglaubigt und im Zielland vom Einfuhrzollamt stichprobenartig geprüft. Dasselbe geschieht bei der Rückreise. So müssen keine Sicherheitsabgaben hinterlegt werden. Da in einem Leistungsorchester von Weltrang gewöhnlich auch ausländische Musiker spielen, überwacht eine eigene Abteilung im Management die Gültigkeit von Pässen, Visa und bei Bedarf besonderen Genehmigungen. Nach dem jüngsten Trump-Erlass zur Verschärfung der Einreisebestimmungen ist das aktuell wie nie zuvor.

Jeder Gitarrist weiß, dass sich die Stimmung seiner Gitarre in der ersten halben Stunde ständig verändern wird, wenn er sie durch die winterliche Kälte zum Unterricht oder zur Probe getragen hat. Um wieviel wichtiger wird es da wohl sein, dass man den empfindlichen Klangkörpern eines Orchesters eine angemessene Zeit zwischen Ankunft in einer anderen Klimazone und dem ersten Konzert geben muss? Besonders die Streich- und Blasinstrumente bestehen ja aus unterschiedlichen Hölzern. In einer Violine vereinigen sich zum Beispiel Bergahorn, Ebenholz und Bergfichte; in einer Harfe werden Weichhölzer wie Haselfichte, kanadische Rot-Zeder oder Sitka Spruce verbaut. In der Klarinette stecken Buchsbaum, Cocobolo, Grenadill und Mopane, Fagotte sind meist aus Ahornholz. Temperaturwechsel oder Luftfeuchtigkeit können den leidenschaftlichen Klang verändern, in den die Instrumentenbauer einst ihr ganzes Können legten, und welcher dann meist auch den Preisunterschied begründet. Schlecht temperierte Instrumente können den Eindruck eines ganzen Symphoniekonzerts verändern, weil eben der kosmische Klang nicht vermittelt wird, für den so ein Spitzenorchester berühmt ist.

Je extremer das Klima, um so straffer wird die Planung sein. Für ein Konzert in Doha (Qatar) forderten die Wiener Philharmoniker von der Logistikfirma DB Schenker klimatisierte Spezialbehälter. Vom Flughafen wurden die empfindlichen Instrumente sofort nach der Landung in thermoisolierte Lkw verladen und bei maximal 23 Grad Celsius direkt in das Auditorium gebracht. Die Orchesterwarte stellten sie dann auf der Hinterbühne ähnlich der Konzert-Anordnung auf. So konnte sogar im engen Zeitrahmen noch eine Anspielprobe vor Konzertbeginn stattfinden.

Also, geschätzte Familienväter, habt Nachsicht mit euren Damen, wenn sie mal einen Koffer mehr brauchen. Diese Herausforderung schafft ihr doch mit links! Und das Cello bleibt einfach zuhause.

Text von Andreas Fecker


Ich füge ein weiteres Beispiel hinzu. Als der Suez Kanal von einem Containerriesen blockiert wurde, kam die globale Just-in-time Gesellschaft zum Erliegen. KI fasst die Eigentümerschaft des Schiffes wie folgt zusammen:

Im März 2021 wurde der Suezkanals durch das Containerschiff Ever Given blockiert. Das Schiff, das von der Reederei Evergreen Marine betrieben wird und von der japanischen Reederei Shoei Kisen Kaisha Ltd. gehört, steckte im Suezkanal fest und blockierte den Schiffsverkehr in beide Richtungen.

Das Containerschiff Ever Given war aufgrund von starken Winden und einem Sandsturm von seinem Kurs abgekommen und lief im Kanal auf Grund. Aufgrund seiner Größe und Position verursachte es eine Blockade, die den Schiffsverkehr durch den Suezkanal für mehrere Tage beeinträchtigte.

Die Havarie der Ever Given führte zu erheblichen Störungen im internationalen Handel, da der Suezkanal eine wichtige Verkehrsroute für den Seehandel zwischen Asien und Europa darstellt. Es bedurfte erheblicher Bemühungen und des Einsatzes von Schleppern und Baggermaschinen, um das Schiff schließlich freizusetzen und den Schiffsverkehr im Kanal wiederherzustellen. Nachdem das Schiff freigegeben wurde, setzte der Schiffsverkehr im Suezkanal seinen normalen Betrieb fort.

Bei mir liest sich diese Passage so (Auszug aus Luftpost 370):

Am 23. März kam das 400 m lange Containerschiff „Ever Given“ bei Sandsturm und schlechter Sicht vom Mittelkurs des Suezkanals ab und rammte den Bug am sandigen Ufer in den Grund. Das Heck stellte sich quer und das war’s. Eines der größten Containerschiffe der Welt, verkeilte sich im Kanal und blockierte damit eine der wichtigsten Wasserstraßen des Welthandels. Der Vorfall ist ein Musterbeispiel der Globalisierung: Schiffseigner ist der japanische Konzern Shoei Kisen, Betreiber ist die BSM aus Deutschland, gechartert ist das Schiff von der Reederei Evergreen in Taiwan, versichert ist es in England, die Fracht stammt aus China. Das Schiff fährt – Überraschung – unter der Flagge Panamas. Die technische Prüfung obliegt einer amerikanischen Gesellschaft. Das beauftragte Bergungsunternehmen ist aus Holland. Der indische Schiffskapitän dürfte trotz Anwesenheit eines ägyptischen Lotsen einen Karriereknick befürchten. Ein Anwalt für internationales Seerecht würde wohl Wochen brauchen, diesen komplexen Fall und die verschiedenen Verantwortlichkeiten aufzudröseln. …


Also, liebe Leser, auf das Herz achten! Meinung, Begründungen, Logik, Erfahrung, Detailkenntnis, Persönlichkeit, Kreativität und treffende Formulierungen wirken lassen. „Sachlich halbwegs korrekt“ kann in Zukunft jeder, es sei denn, man verfolgt einen bestimmten Zweck. Ich wünsche mir von einem Autor den Mut zur eigenen Position und die Größe, dieselbe auch mal zu korrigieren, wenn sie sich als falsch erweist. Ich rechne allerdings damit, dass bestimmte Desinformations-Farmen ganz einfach so viele KI-Artikel mit Fake News in die digitale Atmosphäre ballern, dass der normale Konsument gar nicht mehr weiß, was er glauben soll und was nicht. Trump hat die soziale Lügenschleuder zum Nachteil seines Landes erfolgreich instrumentalisiert. Er braucht auch keine künstliche Intelligenz, schon weil sich die Worte TRUMP und INTELLIGENZ fundamental widersprechen. Nun beschränkt sich KI ja nicht nur auf Informationen und Berichte. Die Software kann sie auch illustrieren, kann Ereignisse, Promis, Politiker in expliziten Situationen darstellen, die nicht mehr aus der Welt zu schaffen sind. Dagegen ist ein KI-Artikel über Orchesterreisen ein Kindergeburtstag. Ergo, be careful what you read and what you believe.

Andreas Fecker

4 Antworten zu “Luftpost 493: KI gegen Luftpost”

  1. Günther Nowitzke sagt:

    Lieber Andy,
    Es sind herrliche Themen, die auch deutlich zeigen dass die KI zwar Texte liefert die irgendwie zum Thema passen, aber das wird kein Buch, das man auch lesen wollte und mit KI-Bestsellern ist nicht zu rechnen. Auch in der Schule wird man sehr schnell merken, dass man zwar schnell die Hausaufgaben haben kann, aber die guten Noten wird man sich nach wie vor wohl selber verdienen müssen.
    Viele Grüße, Günther

  2. chris sagt:

    Lieber Andy, vollste Zustimmung. Herzlichen Dank für Deine so köstliche und kostbare Post. KI-Produkte fühlen sich für mich tot an. Es ist eine Freude diese so lebendigen Artikel von Dir zu lesen! LG Chris

  3. Wolfgang Zimber sagt:

    Lieber Andy,
    herzlichen Dank für Deinen Artikel über KI im Vergleich mit einem analog erstellten Autorentext. Sprachlich sind da Welten dazwischen, abgesehen von sachlich unkorrekten Behauptungen. Ich habe selbst einige Experimente mit ChatGpt vorgenommen mit Ereignissen aus dem lokalen Bereich.
    Die Ergebnisse waren katastrophal. Ich musste oft lachen über soviel Inkompetenz. Das schöne ist ja, dass KI auch aus maschinengenerierten Texten lernt und dadurch eine gewisse Verblödung eintritt. Also Angst macht mir persönlich dieser Hype nicht.
    Herzliche Grüsse aus Konstanz

    • Andreas Fecker sagt:

      Es gibt ja auch schon KI-Jäger-Programme. Die bedürfen allerdings auch noch einer Nachreifung.