Luftpost 392: Der Zentenar

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Conbert „Connie“ Benneck, Jahrgang 1920 heute – Alle Fotos: Privat
Conbert-san in Japan – Foto: Privat

Wenn ein pensionierter Flugzeugingenieur aus Dallas, Texas im Alter von 101 Jahren eines meiner Bücher entdeckt und sich nach der Lektüre die Zeit nimmt, es zu kommentieren und mit eigenen Erfahrungen zu ergänzen, dann ist mir das eine Luftpost wert. Es ist spannend einem Mann zuzuhören, der die Entwicklung der Luftfahrt in Krieg und Frieden von 1939 bis 2021 in seiner ganzen Dramatik miterlebt und teilweise mitgestaltet hat. Conbert „Connie“ Benneck begann als Experte für Navigationsinstrumente wie Höhenmesser bei Kollsman. Den Zweiten Weltkrieg verbrachte er in England, Belgien und Deutschland. 1950 engagierte ihn Sperry Gyroscope Corp. Fortan kümmerte er sich um Kompasse, Autopiloten und Anflughilfen. Das brachte ihn nach Japan, Okinawa und Südkorea, wo er Piloten und Techniker ausbildete. Eines Tages war er gerade in Andrews AFB, dem Regierungsflughafen von Washington D.C. um die VIP-Flotte umzurüsten. Er wollte Eisenhowers Präsidentenmaschine „COLUMBINE“, eine Super-Constellation mit dem neuesten Modell ausrüsten. Er informierte einen Colonel, dass er sich jetzt in seinen Wagen setzen wird, sechs Stunden nach Long Island fahren, das Gerät abholen und dann in zwölf Stunden wieder hier sein wird. Der Colonel antwortete „Connie, ruf Deinen Kumpel bei Sperry an, und steig ein, ich fliege Dich hin. Als sie mit der COLUMBINE auf Mitchel AFB in Long Island landeten, erwartete sie der Base Commander und eine Ehrenformation in vollem Wichs. Ein roter Teppich wurde ausgerollt, der Colonel und sein Kopilot stiegen aus, Connie Benneck folgte ihnen. Salute wurden ausgetauscht, der Sperry-Kurier überreichte dem Techniker das Gerät, die drei stiegen wieder in die Maschine und flogen nach Andrews zurück.

25 dieser F-89 rüstete der belastbare Techniker um. Die meisten davon im Winter. Da sie im Freien standen waren sie eiskalt und mussten in den beheizten Hangar geschoben werden. Bei jeder Öffnung der Hallentore entwich dabei soviel Wärme, dass es Stunden dauerte, bis die Halle wieder auf Arbeitstemperatur gebracht wurde. Foto: US Air Force
Conbert Benneck im grönländischen Winter – Foto: Privat

Zurück in New York engagierte ihn United Aircraft Export Corporation. Wegen seiner deutschen Sprachkenntnisse wurde er zum Ansprechpartner für Deutschland, Österreich und Schweiz. Er belieferte zum Beispiel die Bundeswehr mit 25 Sikorsky H-34 Hubschraubern. 17 Jahre lang arbeitete er für United Aircraft bevor er von der Münchener MTU eingestellt wurde. Auch dort arbeitete er 16 Jahre lang.
Wer Tag für Tag mit Luftfahrt zu tun hat, erlebt auch die dramatischen Seiten des Geschäfts. So wurde er Augenzeuge von mehreren Unfällen in Le Bourget, unter anderem dem Absturz der russischen TU-144 am 3. Juni 1973. Sollte ich eines Tages meinen 101. Geburtstag feiern, schreiben wir das Jahr 2051. Ich arbeite daran.
Andreas Fecker

2 Antworten zu “Luftpost 392: Der Zentenar”

  1. Axel Mattschas sagt:

    Hallo,
    ich kenne „Connie“ sehr gut und habe immer noch regelmässig Kontakt mit ihm. Als ich 1987 als erster technischer Repräsentant der MTU Aero Engines nach USA kam, habe ich viel mit ihm zusammengearbeitet und er hat mir mit seinem Insider-Wissen enorm geholfen. Es ist tatsächlich unglaublich, wieviele Details er kennt und heute noch weiß. Er hat die deutsche Nachkriegsluftfahrt ja so ziemlich von Anfang an miterlebt und war in viele wichtige Geschäfte direkt involviert. Er hat MTU bis zu seiner Pensionierung unterstützt und war dann über die Rentenaltersgrenze hinaus als Berater bei einem wichtigen Zulieferer der MTU weiter hilfreich für uns. Selbst heute noch, mit über 100 ist er stets am Weltgeschehen, aber eben auch an seiner direkten Umgebung aufmerksam interessiert und nie um einen hilfreichen Kommentar verlegen. Wenn wir telefonieren, wechselt er problemlos von Englisch auf sein akzentfreies Deutsch. Er ist wirklich beeindruckend!

  2. Andreas Fecker sagt:

    Conbert Benneck ist am 3. Februar 2024 im Alter von 103 Jahren von uns gegangen