Eine der Aufgaben, die ich mir für die Luftpost gestellt habe, ist es, an besondere Ereignisse zu erinnern, damit Fehler nicht wiederholt werden. Am 28.8. jährt sich die Flugkatastrophe von 1988 auf der amerikanischen Ramstein Air Base. 300.000 Zuschauer waren damals zur Flugschau gekommen. Die Menschenmenge wurde mit S-Draht-Rollen von den Flugbetriebsflächen ferngehalten. Ein Höhepunkt war die Vorführung der italienischen Kunstflugstaffel Frecce Tricolori. Bei einem besonders spektakulären Flugmanöver stießen drei Jets zusammen, einer schlitterte brennend in das Publikum. Fliehende Menschen verhedderten sich in den messerscharfen S-Draht-Rollen, die von dem Jet in die die Zuschauermenge gezogen wurden. Es gab 70 Todesopfer und etwa 1000 Verletzte.
Als wäre diese Katastrophe nicht schon schlimm genug, was danach folgte, war mindestens genauso schlimm. Die amerikanischen Gastgeber waren hoffnungslos überfordert. Die Zufahrtsstraßen waren mit Autos zugestellt, es waren nur wenige Ärzte vorhanden. Trotzdem ließen die Amerikaner die deutschen Rettungskräfte nicht auf die Basis. Das THW stand bereit, wurde aber nicht eingesetzt. Während in Deutschland bei Großschadensereignissen Verletzte vor Ort erstbehandelt und dann nach Priorität abtransportiert werden, rissen die amerikanischen Sanitäter den deutschen Notärzten schwer verbrannte Menschen aus der Hand und transportierten sie planlos in irgendein Krankenhaus. Ein ortsunkundiger Fahrer ohne jede Deutschkenntnisse irrte noch zwei Stunden später mit einer Busladung von Verbrennungsopfern, darunter fünf Schwerverletzte im 80 km entfernten Ludwigshafen und Mannheim umher, allein und ohne ärztliche Begleitung. Schwerverletzte wurden neben den Hubschrauberlandeplätzen auf Klinikdächern auf Bretter gelegt, ohne dass sich jemand um sie kümmerte. Das Telefonnetz brach zusammen, Amateurfunker aus der ganzen Region bauten einen Notfunkverkehr auf und organisierten Blutkonserven. Schwerverletzte wurden auf 46 Krankenhäuser im ganzen Bundesgebiet und in Frankreich verteilt.
Soweit ein Auszug aus meinem Buch über Flugunfälle. Trotzdem werden Mahner und Warner bei Großveranstaltungen bisweilen als Spielverderber gesehen, weil sie an das Unwahrscheinliche denken und auf Vorbereitungen bestehen, die die Kosten in die Höhe treiben. Wenn dann hinterher die Scherben zusammengekehrt werden, geht die öffentliche Meinung in die entgegengesetzte Richtung „Wie konnte man nur so blauäugig und unvorbereitet sein!“
Patrick Huber vom Luftfahrtportal Austrian Wings hat gerade ein Buch über die Ramsteinkatastrophe veröffentlicht. Der Hergang und die Hintergründe sind ausführlich beschrieben. Er hat unveröffentlichtes Bildmaterial zusammengetragen und mit Augenzeugen gesprochen. Er erzählt ihre Geschichten über die dilettantische Reaktion der Veranstalter so lebendig, dass dem Leser das Blut in den Adern gefriert.
Andreas Fecker
Mir geht das Ereignis immer noch sehr nahe. Die Begeisterung für Jets war ziemlich groß, trotz aller Lärmproblematiken durch Low Fly Areas und dem ständig präsenten Düsenjägerlärms. Zu diesem Zeitpunkt waren wir jungen Soldaten ja auch ziemlich durch Top Gun geprägt.
Und genau das, sowie meine Arbeit als Grundwehrdienst leistender Flugabfertiger, zog uns nach Nörvenich. Im dortigen JaboG 31 fand am selben Tag eibenfalls ein Tag der offenen Tür statt. Wir waren begeistert, die Sonne schien, ein herrlich warmer Tag und spektakuläre Flugshows erfreuten uns.
Auf der Rückfahrt ereilte uns dann die traurige Nachricht – das fühlt sich heute noch so an wie die Meldung der Twin Towers in New York am 11.9.
Gefühlt habe ich alle Filme gesehen und kann kaum glauben, dass so haarsträubende Geschichten aus einem Jahrzehnt stammen, das wir als modern und fortschrittlich empfanden.
VG Frank
In Luftpost 129 habe ich eine Übersicht über Unfälle bei Airshows zusammengetragen