Luftpost 467: Augsburg Hbf, Gleis 10

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„Einer trage des andern Last“ – Foto: Archiv Fecker

Umstieg zwischen zwei Zügen am Augsburger Hauptbahnhof. Ich renne von Gleis 1 durch den Tunnel nach Gleis 10. Am Fuß der Bahnsteigtreppe steht eine junge Frau, zierlich, vielleicht 1,70 groß und kämpft vergeblich mit ihrem Koffer. Ein Förderband war nicht vorhanden. „Komm, gib schnell her“, sage ich und nehme den Koffer am Griff. Aber er bewegt sich nicht. Ich packe mit zwei Händen zu und wuchte das schwere Ding Stufe für Stufe nach oben. Normalerweise nehme ich die 20 Stufen mit 10 Schritten. „Ich bin auf dem Weg zum Memminger Flughafen“, erzählt sie mir. „Ja was ist denn da drin?“ Das Monster wog mindestens 30 kg! Föhn? Schuhe? Lederjacke? Nach Bügeleisen sah sie nicht aus. Eher nach Kosmetika. Ich habe ja schon edle Chanel Gesichtscreme gesehen, der Glasbottich mit 150 Gramm Inhalt wog 500 Gramm!
„Der Koffer hat ja Rollen,“ erklärt sie blauäugig. Mensch, als ich noch Trekkingreisen in den Rockies mit Rucksack und Zelt machte, habe ich zuhause den Stiel der Zahnbürste abgesägt, die Socken mit der Briefwaage ausgesucht und Papierunterwäsche eingepackt um Gewicht zu sparen! Auf dem Bahnsteig angekommen gebe ich der Lady neben ihrem Koffer noch einen Rat fürs Leben: „Packen Sie nie mehr ein, als Sie auch treppauf und treppab tragen können!“ Bestimmt würde sie auch beim Einchecken am Flughafen noch ihr blaues Wunder erleben. Je nach Airline und Strecke ist man da schnell 200 bis 400 Euro Aufpreis los!

Andreas Fecker