Luftpost 159: Flugbereitschaft

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Andreas Fecker – Bildarchiv Fecker

Wozu müssen wir uns eine Flugbereitschaft mit Hubschraubern, Geschäftsmaschinen und großen Airbus-Flugzeugen halten? Warum nehmen unsere Volksvertreter nicht einfach die öffentlichen Airlines? Wäre das nicht näher am Volk? Diese Fragen hört man immer wieder. Sie beantwortet sich aber von selbst, wenn man eine Arbeitswoche unseres Regierungskabinetts betrachtet.

Hier ein Einblick in eine typische Krisenwoche unserer Bundeskanzlerin im vergangenen Jahr: Donnerstag, Treffen mit Hollande und Poroschenko in Kiew. Freitagmorgen, Kanzleramt. Freitagabend, Treffen mit Putin in Moskau. Nach Mitternacht Flug nach München zur Sicherheitskonferenz am Samstag. Abends zurück nach Berlin. Sonntag, Telefonkonferenz mit Putin, Poroschenko und Hollande. Am Nachmittag Abflug nach Washington. Montagmorgen, Besuch im Weißen Haus. Am Abend weiter in Kanadas Hauptstadt Ottawa. Nachts Rückflug nach Berlin, Ankunft am Dienstagvormittag. Nach der Kabinettsitzung am Mittwoch geht es nach Minsk. Gleichzeitig bringen andere Flugzeuge der Flugbereitschaft den Außenminister zu Terminen und Hotspots zwischen dem Iran, Saudi-Arabien, Jordanien, Türkei, Israel, Brüssel oder Ägypten. Da bei all diesen Treffen, Nachtkonferenzen und Krisensitzungen nie ein genaues Ende planbar ist, verbietet sich die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, von der Sicherheit ganz zu schweigen. Die Ubiquität einer effektiven Bundesregierung in der heutigen Zeit definiert sich mit folgenden Stichworten: Naher Osten, Ukraine, Afrika, Bekämpfung von Fluchtursachen, Finanzkrise, Eurokrise, Innere Sicherheit, Griechenland, Vereinte Nationen. Und schließlich sollen ja auch noch Wirtschaftsbeziehungen geknüpft und Irritationen ausgeräumt werden, um ein möglichst friedliches und gedeihliches Miteinander der Völker sicherzustellen.

Aber nicht nur der Transport von Mitgliedern der Regierung und der Ministerien steht im Aufgabenkatalog der Flugbereitschaft. Auch für Katastrophen und humanitären Hilfsaktionen, medizinischen Evakuierungsflügen von Kranken und Verwundeten werden zum Beispiel die A310 in der MedEvac Version eingesetzt. Das sind fliegende Intensivstationen, um deren Ausrüstung so manches Kreiskrankenhaus die Flugbereitschaft beneidet. Auch die fliegenden Tanker sind ihr unterstellt. Für die vielfältigen Aufgaben stehen fünf Airbus A310 in verschiedenen Versionen zur Verfügung, zwei Airbus A340-300, zwei A319, vier Bombardier Global 5000 und drei Cougar AS-532 Hubschrauber. Einen Teil der Wartung übernimmt die Lufthansa, Vorbesitzerin der A340. Drei A310 sind aus den Beständen der DDR-Interflug, und haben schon 27 Jahre auf dem Buckel.

Wegen der Aufteilung des Verteidigungsministeriums zwischen Bonn und Berlin, aber auch wegen ihrer übrigen Aufgaben ist fast die gesamte „weiße Flotte“ am Flughafen Köln/Bonn stationiert. Dort sind auch die Wartungseinrichtungen, die in Berlin noch gar keinen Platz haben. Gerade die großen Maschinen werden aber immer wieder in Berlin gebraucht. Dadurch entstehen pro Jahr etwa 450 Leerflüge ohne Passagiere. Eine zeitgerechte Vorpositionierung dieser Luftfahrzeuge am militärischen Teil von Berlin-Tegel ist aber unvermeidbar. Ungeduldig wartet die Flugbereitschaft auf die Fertigstellung des BER, wo schließlich auch noch ein eigenes Abfertigungsgebäude für den Regierungsbetrieb vorgesehen ist. Die Probleme sind bekannt. Hier verstecken sich weitere Folgekosten dieses Flughafendesasters, die in der Gesamtsumme nicht enthalten sind. Dadurch entstehen auch zusätzliche Dienst- und Bereitschaftszeiten, die den Crews die Planung und ihren Familien das Leben erschweren.

Hochnotpeinlich ist auch die Pannenserie der betagten Regierungsmaschinen. Computerausfall, Triebwerkschaden, defekte Bugradsteuerung, kaputte Bremsen sind nicht gerade Werbung für deutsche Zuverlässigkeit. Großzügig bot einst der französische Präsident Hollande Bundeskanzlerin Merkel seinen Jet an, nachdem ihrer mal wieder liegengeblieben war. Oder unser Außenminister trifft nicht rechtzeitig zu einer G7 Konferenz in Japan ein, weil seine Maschine wegen eines Defektes in China landen musste. Auch Bundeskanzler Schröder war schon mal ungeplant am Flughafen von Manaus, mitten im Dschungel des Amazonas gestrandet. Und erst vor kurzem traf es unseren Innenminister, zuständig unter anderem für den Sport. Er wäre gerne nach Paris zum Fußballkracher Deutschland – Italien gekommen. Doch sein Flugzeug erhielt vom Wart die rote Karte und musste wegen eines Defektes am Boden bleiben.

Nun erklärt im fidelen Berlin auch noch der Fahrdienst des Bundestages mit seinen 177 Mitarbeitern zum 31.7.2016 Insolvenz. Die Bundeswehr – stets auf kleinere und größere, innere und äußere Katastrophen mehr oder weniger vorbereitet – springt ein und übernimmt mit ihrem Fuhrpark Service verzugslos den Transport der 630 Abgeordneten. Es soll ja niemand sagen, dass wir für Notfälle keine Lösung haben. Vertrauen wir also darauf, dass die Limousinen stets gewartet und vollgetankt sind. Falls wieder einmal eines der Flugzeuge stehen bleibt.

Von Andreas Fecker

Eine Antwort zu “Luftpost 159: Flugbereitschaft”

  1. Andreas Fecker sagt:

    Nach dem dezenten Hinweis eines Lesers muss ich eingestehen, dass ich die mannigfaltigen Einsätze der A310 Truppentransporter zu den zahlreichen Einsatzgebieten der Bundeswehr nur ansatzweise erwähnt hatte. Das soll aber Gegenstand einer späteren Luftpost werden, wenn ich nämlich über die beinahe globalen logistischen Einsätze des Lufttransportkommandos erzähle, das sehnsüchtig auf den Nachfolger der zwar hochbetagten aber zuverlässigen Transall wartet.