DLR und Flughafen Hamburg stellen gemeinsame Wasserstoff-Roadmap vor

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Foto: Simon Pannock / airportzentrale.de

Auf dem Weg zum klimaverträglichen Fliegen: Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und Hamburg Airport haben am Dienstag (21.11.2023) eine Roadmap vorgestellt, die die notwendigen Schritte für den Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur an mittelgroßen Flughäfen beschreibt. Am Beispiel des Hamburger Flughafens werden der wachsende H2-Bedarf, die Entwicklung von Lagerkapazitäten sowie Lieferwege skizziert. Zugleich werden darin auch die Anforderungen an politische Weichenstellungen für eine Energiewende in der Luftfahrt verdeutlicht.

Innovative Antriebskonzepte und nachhaltige Brennstoffe sind essenziell, um das EU-Ziel der Klimaneutralität im Luftverkehr bis 2050 zu erreichen. Insbesondere für Kurzstrecken- und Regionalflugzeuge bis hin zur Mittelstrecke wird dabei Wasserstoff als Energieträger zukünftig eine wesentliche Rolle einnehmen. Neben der Technologieentwicklung bei den Flugzeugen sind die Bereitstellung der erforderlichen Infrastruktur, die Anpassung der Flughafenprozesse sowie die Sicherstellung der Verfügbarkeit von Wasserstoff wichtige Erfolgsvoraussetzungen. Vor diesem Hintergrund hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit dem Flughafen Hamburg im Rahmen des Projektes VMo4Orte (Vernetzte Mobilität für lebenswerte Orte) Analysen zu einer Roadmap hin zum Einsatz von Wasserstoff an Flughäfen vorgenommen. Dabei wurde ein Pfad erarbeitet, der am Beispiel des Flughafens Hamburg exemplarisch für andere deutsche und europäische mittelgroße Flughäfen skizziert, wie eine solche Einführung operationell umsetzbar und ökonomisch tragbar aussehen kann.

„Die Vernetzte Mobilität für lebenswerte Orte ist ein wichtiges Leitbild des DLR. Wir nehmen Herausforderungen im Kontext von Klimawandel, Energiewende und Mobilitätstransformation zum Anlass, um Lösungen für urbane Räume und das Umland zu entwickeln“, sagt Prof. Dr. Meike Jipp, Bereichsvorständin Energie und Verkehr des DLR. „Gemeinsam mit Praxispaten aus Wirtschaft, Kommunen und Verkehrsbetrieben entwickeln wir Ideen für Fahrzeug- und Mobilitätskonzepte. Dabei sind Flughäfen wichtige Knotenpunkte, die einen signifikanten Beitrag zur Transformation des Verkehrssystems und zu lebenswerten Orten leisten können.“

Politik ist gefordert:
Mit richtiger Weichenstellung rund 60 Millionen Tonnen CO2 einsparen

Ein verbindlicher Planungs- und Förderrahmen für die Luftfahrt durch die Politik wird ebenso entscheidend sein wie Pilotprojekte und Investitionen der Luftverkehrsunternehmen. Eine aktuelle Prognose des DLR-Instituts für Luftverkehr zum Wasserstoffbedarf an deutschen Flughäfen zeigt, dass – entsprechende Weichenstellungen seitens der Politik und der Luftfahrtunternehmen vorausgesetzt – bis zum Jahr 2050 kumuliert rund 19 Millionen Tonnen Kerosin im Luftverkehr ab Deutschland durch 6,6 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff ersetzt werden können, was einer Einsparung von knapp 60 Millionen Tonnen CO2 entspricht. Die unterschiedliche Menge im Vergleich ergibt sich dabei durch die höhere Energiedichte von Wasserstoff gegenüber Kerosin.

Unter den deutschen Flughäfen könnte der Hamburg Airport dabei zukünftig eine Pionierrolle einnehmen. Nicht nur die Anbindung an Nord- und Ostsee mit dem Hamburger Hafen, sondern auch das auf Kurz- und Mittelstreckenflüge fokussierte Streckennetz sind günstige Faktoren für die Einführung von Wasserstoff. Zudem engagiert sich der Flughafen Hamburg bereits in diversen Projekten, um Bodendienste und Flugverbindungen künftig auf Wasserstoff umstellen zu können.

Michael Eggenschwiler, Vorsitzender der Geschäftsführung am Hamburg Airport: „Wir wollen die Energiewende in der Luftfahrt. Dabei führt an Wasserstoff kein Weg vorbei. Aus diesem Grund engagieren wir uns bereits in mehreren Projekten, die maßgeblich zum Wechsel auf diesen sauberen Energieträger beitragen werden. Wenn wir den Einsatz dieser neuen Technologie ermöglichen wollen, müssen wir sicherstellen, dass die Infrastruktur entwickelt und einsatzbereit ist, wenn die ersten Flugzeuge starten. Dazu braucht es nicht nur die Bereitschaft des Flughafens und der Flugzeugentwickler, sondern auch der Politik – nur so können wir gemeinsam schon heute die nötigen Weichen stellen.“
Die Themenfelder der nun vorgelegten Roadmap reichen vom zu erwartenden Wasserstoffbedarf, über die Ausgestaltung der Wasserstoff-Versorgung und den aus heutiger Sicht erwartbaren Kosten bis hin zu praktischen Aspekten, wie die Anpassung der Flughafen-Infrastruktur sowie operationelle Änderungen der Flughafen-Prozesse.

Erste Wasserstoffflüge noch vor 2040 erwartet

Wasserstoff direkt verbrannt in hocheffizienten Triebwerken oder in Kombination mit Brennstoffzellen und Elektroantrieb wird die Energiewende in der Luftfahrt mit entscheidend voranbringen. Bereits im nächsten Jahrzehnt sollen erste Kurzstrecken per Wasserstoffantrieb geflogen werden können, die Industrie plant noch vor 2040 die Einführung eines Wasserstoffflugzeugs für die Mittelstrecke. Bis 2050 könnte der Anteil der Abflüge mit Wasserstoffflugzeugen in Hamburg auf einen Anteil von 60 Prozent steigen. Dies entspricht dann einem jährlichen Wasserstoffbedarf am Hamburg Airport von 60.000 Tonnen in 2050 mit einer entsprechend signifikanten CO2-Reduzierung. Gemäß den Modellrechnungen im Rahmen des Projekts VMo4Orte könnten über 2050 hinaus sogar bis zu 80 Prozent der aktuellen Flugbewegungen am Hamburg Airport mit Wasserstoff betriebenen Flugzeugen durchgeführt werden.

Bestehende Lieferwege und Lagerkapazitäten als Voraussetzung für H2-Luftfahrt

In den ersten Jahren bis etwa 2040 ist von einer Anlieferung des Wasserstoffs in noch geringen Mengen mittels spezieller Tankfahrzeuge auszugehen. Mit zunehmendem Bedarf wird in den 2040er Jahren die ergänzende Versorgung über einen Pipelineanschluss erforderlich werden. Ohne Pipeline müssten sonst in 2050 im Jahresmittel rund 40 LKW pro Tag den Flughafen mit Wasserstoff beliefern. An Spitzentagen noch deutlich mehr. Die Anlieferung des Wasserstoffs per Pipeline muss systembedingt gasförmig erfolgen. Da Flugzeuge den Wasserstoff zum Betanken langfristig vor allem in flüssiger Form benötigen werden, ist daher zusätzlich eine Verflüssigungsanlage am Flughafen nötig. Eine solche Anlage bedingt neben dem zusätzlichen Flächenbedarf substanzielle Investitionen und erfordert im Betrieb sehr hohe Mengen an regenerativ erzeugtem Strom.

Jan Eike Blohme-Hardegen, Leiter Umwelt am Hamburg Airport: „Die Lieferung und Lagerung der künftig benötigten Mengen an Wasserstoff setzt eine völlig neue Infrastruktur bei uns am Flughafen voraus. Mit den Vorbereitungen und dem Aufbau dieser Infrastruktur müssen wir jetzt beginnen, wenn wir klimafreundliche Antriebe in der Luftfahrt zeitnah etablieren wollen.“ Zudem werden Lagertanks für den flüssigen Wasserstoff am Flughafen notwendig, um – wie heute auch beim konventionellen Kerosin – einen Treibstoffpuffer für etwa drei Tage vorzuhalten. Solche kryogenen Tanks sind weltweit noch recht selten und bisher vor allem in der Raumfahrt an Raketenstartplätzen zu finden. Die derzeit größten Tanks gibt es am Kennedy-Space-Center der NASA. Aus physikalischen Gründen ist eine Lagerung in einem Kugeltank die effizienteste Lösung. Ein solcher Tank hat beispielsweise einen Durchmesser von 34 Metern bei einem Fassungsvermögen von ca. 400 Tonnen und beansprucht dementsprechend eine Standfläche von etwa 900 Quadratmetern. Bereits bis zum Jahr 2040 könnte ein solch großer Tank an einem Flughafen wie Hamburg benötigt werden, und im Jahr 2050 könnten bereits zwei solcher Tanks erforderlich sein.

Die zukünftige Versorgung mit grünem – also mit regenerativen Energien erzeugtem – Wasserstoff ist stark abhängig von den globalen Produktionspotentialen für regenerative Energien sowie von den resultierenden Herstellungs- und Transportkosten. Die Kosten für Wasserstoff haben einen direkten Einfluss auf die Nachfrage, wobei sich der Luftverkehr mit anderen Sektoren – insbesondere energieintensiven Industrien – im Wettbewerb befinden dürfte.

Quelle: PM Flughafen Hamburg

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