Luftpost 79: Das Cromwell Prinzip

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Andreas Fecker – Foto: Bildarchiv Fecker

„Wer aufhört, besser sein zu wollen, hat aufgehört, gut zu sein“. Eigentlich ein modernes Zitat, das sich für einen nachdenklichen Text zum Jahresende eignet. Es wird dem englischen Staatsmann Oliver Cromwell zugeschrieben, der in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts lebte. Auch wenn dies eine Luftfahrt-Kolumne aus dem 21. Jahrhundert ist, gilt diese Aussage noch immer.

Viele Berufsanfänger in hochwertigen Berufen brauchen sich nach Abschluss ihrer Ausbildung um ihre Zukunft erst einmal nicht mehr zu sorgen. Es genügt, geistig und körperlich gesund zu bleiben, zuverlässig die Arbeit zu machen und sich nichts zuschulden kommen zu lassen. So mancher wird sich dann auch morgen noch dort zu Ruhe setzen können, wo er ein ganzes Leben gearbeitet hat, es sei denn, er strebt nach höherem.

Wie immer man die verantwortungsvolleren Positionen nennen mag, seien es Wachleiter oder Chefpilot, man wird sich danach strecken müssen. Für die Stelle als Abteilungs- oder Niederlassungsleiter wird man sich zwangsläufig mit mehreren Ortsveränderungen abfinden. Diese Jobs bekommt man aber nur, wenn man sich weiterbildet, zusätzliche Qualifizierungen macht, wenn man auch bereit ist, weitere Aufgaben zu übernehmen. Das fängt klein an: In jedem Betrieb, in jeder Institution, in jedem Konzern werden immer Freiwillige gesucht, die sich um die Pflege von Vorschriften, Erhaltung von Material, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit kümmern, die bereit sind, Vorträge bei Besuchergruppen zu halten oder ausländische Gäste zu betreuen. Es werden Ausbilder für die Akademie gesucht, Vertrauenspersonen für die Kollegen, Betreuer für soziale Härtefälle oder auch mal jemand, der Ausbildungsunterlagen überarbeitet. Letztlich muss man nicht darauf warten, dass man angesprochen wird, man kann durchaus auch selbständig tätig werden, wenn man irgendwo einen Bedarf erkennt.

All das ist natürlich mit persönlichem Einsatz verbunden, mit der Investition von Freizeit und oft genug auch mit privaten Mitteln, die einem kein Mensch erstattet. Aber hier zeigt sich auch, wie sehr man seinen Job liebt, wie sehr man sich mit ihm identifiziert. Und egal, ob das nun eines Tages jemandem auffällt oder nicht, egal, ob sich das später einmal in Münze oder Anerkennung auszahlt oder nicht, es ist der eigene Job, es ist der eigene Anspruch, diesen nach ganzen Kräften auszufüllen, und es ist die eigene Zufriedenheit, die einen bei der Arbeit begleitet. In den meisten Fällen hat der Arbeitgeber viel in seine Mitarbeiter investiert, da ist es auch eine moralische Pflicht ihm etwas davon zurückzugeben.

Das Leben ist ein Lernprozess, der niemals aufhört. Für bestimmte Weiterbildungsmaßnahmen gibt es interne oder externe Lehrgänge, oft sogar in anderen Ländern. Hier heißt es mitzunehmen, was man mitnehmen kann, und anschließend prüfen, wie die gewonnenen Erkenntnisse im eigenen Arbeitsbereich umsetzbar sind. Alle großen Institutionen haben Lehrgangskataloge, die entweder auf der Dienststelle ausliegen oder im Internet zugänglich sind. Wer sich nicht selbst darum kümmert, ist darauf angewiesen, dass andere sich um ihn kümmern. Es gibt auch private Lehrgänge, die man in seiner Freizeit oder nebenher als Fernkurs belegen kann, meist allerdings für teures Geld. Dieses Geld kann unter Umständen dann wieder zurückfließen, wenn man sich anschließend auf einen Posten wie Quality Manager oder Safety Auditor bewerben kann. Wer aufhört, besser sein zu wollen, hat aufgehört, gut zu sein. Auf ein besseres Jahr 2015!

Mehr darüber in „Beruf Fluglotse“ von Andreas Fecker