Luftpost 492: Woraus baut man Flugzeuge? Teil 2

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Andreas Fecker – Foto: Bildarchiv Fecker

Verbundstoffe
Die Zeit der „fliegenden Eisenschweine“ aus der Hammerschmiede ist definitiv vorbei. So verwendet Airbus zum Beispiel bei der oberen Rumpfschale des A380 CFK-Material, das unter dem geschützten Namen GLARE (Glass Laminate Aluminium Reinforced Epoxy) hergestellt wird. Dieses Sandwich-Laminat besteht aus mehreren Lagen dünnster Aluminiumbleche von 0,3 mm Stärke, Klebefolien und Glasfaserstoffen. Die dünnen Sheets werden nach einer Korrosionsschutzbehandlung zugeschnitten. Mit weiteren Glasfasermatten und Klebefolien werden sie zu einer Rumpfschalen-Außenhaut von mindestens 1,73 mm Dicke aufgebaut. Schließlich wird das fertige Panel bei 180° Celsius mit hohem Druck über mehrere Stunden verbacken. Es besteht dann aus drei Aluminium- und zwei Glasfaserschichten. An besonders beanspruchten Stellen, wo später Türen oder Fenster eingebaut werden, kann es aus bis zu 15 Lagen bestehen und 18 mm dick sein. Für den A380 müssen 27 solcher Panels hergestellt werden. Diese bestehen aus insgesamt 700 Aluminiumsheets mit einer Gesamtfläche von 470 m².

Mit dem Dreamliner begann ein Wettlauf der beiden Hersteller, wer das leichtere, und damit sparsamere Flugzeug bauen würde. Airbus trumpfte beim A350 mit 53% Composite-Anteilen auf, während die Boeing 787 nur 50% bietet. Außerdem verwendet Airbus 19% Aluminium-Lithium Werkstoffe, 14% Titan, 6% Stahl and 8% andere Materialien. Und doch, GLARE schien für einige Zeit der Wunderwerkstoff zu sein, leicht, korrosionsresistent, zugfest. Doch mit dem Bau der A350 erhielt der kohlefaserverstärkte Kunststoff CFK den Vorzug vor dem glasfaserverstärktem Kunststoff GFK, mit dem die Boeing 787 zu 50% gebaut wurde. CFK ist billiger und leichter herzustellen.

Fasern
Es klingt paradox: Um die dicksten Flugzeuge der Welt wirtschaftlich zum Fliegen zu bringen, müssen die Konstrukteure in den Makrokosmos eintauchen, sei es in die natürlichen oder synthetischen Welten. Und oft ist es die Kombination von natürlichen und synthetischen Stoffen, falls man sich nicht gleich die Natur zum Vorbild nimmt. Im zentralen Blickfeld stehen die Fasern. Man unterscheidet zwischen Naturfasern pflanzlicher, tierischer oder mineralischer Art, Chemiefasern aus natürlichen und synthetischen Polymeren und industriell erzeugten anorganischen Fasern. Durch Oxydation und Carbonisierung bei hohen Temperaturen über 1300° Celsius wird die atomare Struktur der Faser verändert. Für Graphitfasern werden sogar 1800° C benötigt.

Die Stärke der Fasern ist der Hammer schlechthin! Jede Faser hat nämlich einen Durchmesser von gerademal 5 bis 10 Mikrometer, das entspricht 0,005 bis 0,01 Millimeter! Da sie zehnmal so dünn sind wie ein Menschenhaar oder die Fäden eines Spinnennetzes, werden sie zu Bündeln von tausend und mehr Filamenten gesponnen. Dieses Garn bildet dann den Grundstoff für Geflechte aller Art, die wiederum in Verbundstoffen verwendet werden.

Das Verhalten der Moleküle und Atome in einem Werkstoff ist von entscheidender Bedeutung für die Fertigung. Besonders bei Keramikverbindungen mit einer Schmelztemperatur von bis zu 4000° Celsius ist die Wahl des Verfahrens und der Abkühlung ausschlaggebend für die spätere Verwendung: Bei der kovalenten Bindung teilen sich benachbarte Atome die Elektronen, was zur härtesten (aber auch sprödesten) Legierung führt. Bei der Ionenbindung werden Elektronen auf die Nachbaratome übertragen und wechseln dabei ihre Ladung. Die Legierung ist weniger hart, aber auch weniger spröde.

Ziel muss sein, impact-tolerante Fasersysteme zu finden, die einer dreidimensionalen Belastung (Deformierung, Zusammenstoß, Crash) weitgehend standhalten. Wenn Sie also das nächste Mal in ein Flugzeug steigen, verschwenden Sie ruhig mal einen Gedanken an die Dicke eines Menschenhaares und stellen Sie sich vor, es wäre zehnmal so dünn! Und das wird zusammengewoben und gebacken, hält ein 560 Tonnen schweres Flugzeug zusammen, bietet Komfort im Innern, während es uns sowohl bei Start und Landung, als auch in 12.000 m Höhe bei 900 km/h vor den Elementen schützt.

Andreas Fecker
(Auszug aus meinem Buch „Technik im Flugzeugbau“)