Luftpost 489: Flugzeugreifen

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Foto: Fecker

Ein vollbeladener Jumbo wiegt ungefähr 400 Tonnen. Das schlägt aber erst zu Buche, wenn das Flugzeug nicht in der Luft ist, sondern vor dem Start und nach der Landung. Beide Vorgänge bedeuten maximalen Verschleiß der Reifen. Am Boden müssen sie glühend heißen Asphalt aushalten, Roll und Kurvenfahrten, das Walken von 400 Tonnen Gewicht. Im Flug sind sie eiskalten Temperaturen ausgesetzt, -50 Grad Celsius ist eher normal. Kurz vor der Landung wird das Fahrwerk ausgefahren, um dann bei ca. 250 bis 350 km/h mit einem Landestoß auf den Antirutschbelag einer Piste gedrückt und von 0 auf 250 beschleunigt zu werden. Das bedeutet von Stillstand auf schlappe 1000 u/min oder mehr. Danach greifen die Bremsen, um den schweren Koloss vor dem Pistenende zum Stehen zu bringen. Das erhitzt die mit Kohlenstofffasern verstärkten Bremsscheiben je nach Auslaufstrecke auf 400 bis 1000 Grad Celsius! Das Hauptfahrwerk einer Boeing 747-400 besteht aus 16 Rädern. Die hinteren Fahrwerkpaare des Hauptfahrwerks sind bis zu 13° steuerbar. Sie reagieren auf den Bugradausschlag, sobald dieser größer als 20° ist. Das mindert die Walkarbeit und verringert den Wendekreis. Alle Räder sind jedoch dicht beieinander angebracht. Die hier entstehende Hitze verhindert ein rasches Abkühlen des gesamten Fahrwerkpakets. Das wiederum beeinflusst die Bodenzeit eines Flugzeugs, das ja nur im Flug Geld verdienen kann.

Reifenwechsel bei einer Boeing 747 in Johannesburg – Foto: Fecker

Zurück zu den Reifen. So ein Pneu kostet ca. 35.000 Euro. Jumbos haben davon 18 Stück. Jeder hat 1,5 m Durchmesser. Befüllt werden sie mit Stickstoff, da komprimierte Luft Feuchtigkeit enthält. Und in großen Höhen würde diese zu Eisklumpen gefrieren und für Unwucht im Rad sorgen. Außerdem ist Stickstoff nicht brennbar. Die Reifen halten etwa für 70 bis 90 Starts und Landungen. Solange es möglich ist, werden sie runderneuert. Dann wird ausgewechselt. Beim Auto kennt man Hochgeschwindigkeitsreifen. Bei deren Maximalwert fängt ein Flugzeugreifen erst an, denn in großen Höhen oder bei heißem Wetter braucht man höhere Geschwindigkeiten für Start und Landung. Flugzeugreifen großer Passagiermaschinen müssen daher 450 km/h aushalten. Also, lieber Leser, wenn Sie das nächste mal Ihr Auto neu bereifen, meckern Sie nicht über den Preis! Erstens: Ihre Reifen kosten garantiert keine 35.000 Euro pro Stück. Zweitens: Ihre Karre schafft garantiert keine 450!
Andreas Fecker

Eine Antwort zu “Luftpost 489: Flugzeugreifen”

  1. Markus sagt:

    Erstklassig, danke! Wer denkt beim Fliegen schon an Reifen… Beim nächsten Gang zum Flieger werde ich mal andächtig einen Blick auf die Reifen werfen. Der nächste Reifenhändler bekommt ein dickes Trinkgeld beim Pneutausch.