Luftpost 472: Die Tragödie von München

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Andreas Fecker

München, 06.02.1958. BA 609, eine Airspeed AS.57 von British Airways, war unterwegs von Belgrad nach Manchester. Um 14:17 Uhr landete sie in München-Riem zum Auftanken, um 15:31 Uhr war sie wieder startklar. An Bord befand sich die Fußballmannschaft von Manchester United und ihr Trainer- und Betreuerstab. Zweimal wurde der Startlauf wegen eines unregelmäßigen Ladedrucks an beiden Motoren abgebrochen. Die Piloten beschlossen, einen letzten Versuch zu unternehmen, bevor sie die Maschine an die Techniker übergeben würden, damit sie die Triebwerke öffnen und neu justieren könnten. Um 15:03 Uhr rollte die Maschine wieder zum Start, die Motoren schienen jetzt gleichmäßig zu laufen. Bei 117 Knoten fiel die Geschwindigkeit auf 105 Knoten ab, für einen Startabbruch war es zu spät. Zum Abheben hätte sie 119 Knoten gebraucht. Die Airspeed durchbrach den Zaun, streifte ein Wohnhaus mit dem linken Flügel, das Heck wurde abgerissen, das Haus geriet in Brand. Das Cockpit prallte gegen einen Baum, der Rumpf gegen eine Holzgarage, in der ein Lastwagen und Benzin gelagert waren. Es kam zu einer Explosion. Der Torwart Harry Gregg rettete eine schwangere Frau und ihre Tochter aus dem Wrack. Anschließend zog er die reglos im Schneematsch liegenden Mitspieler Dennis Viollet und Bobby Charlton von der Maschine weg, bevor diese explodierte. Von den 44 Personen an Bord kamen 23 ums Leben.
Eingangs suchte man die Schuld beim Käpten und einer ungenügenden Enteisung. Als Beweis diente ein Foto, auf dem man Schnee oder Eis auf den Flügeln zu erkennen glaubte. Nach einer Untersuchung des Negativs wurde dies revidiert. Als Hauptursache wurde jetzt die ungenügende Räumung der Startbahn von Schnee und Match festgelegt. Dadurch wurde der Geschwindigkeitsabfall verursacht. Der Käpten wurde rehabilitiert.

Liverpool, 04.03.2023. Jürgen Klopp, Trainer des FC Liverpool, redet den Fußballfans seines Clubs ins Gewissen. Regelmäßig verhöhnen sie bei Spielen gegen Manchester United die Opfer der Katastrophe mit schauderhaften Fangesängen, die ich hier nicht wiedergeben möchte. „Wir müssen dieses Gift los werden“, hämmert Klopp der Fußballwelt ein. Tragedy chanting hat im Sport nichts zu suchen!“
Wie wahr! Die Fairness beginnt nämlich auf dem Platz. Wenn beide Mannschaften fair miteinander umgehen, überträgt sich das auf die Fans, die sich ja mit den Mannschaften identifizieren. Und wenn das unterlegene Team dem Sieger gratuliert, und die Sieger die Unterlegenen trösten, wirkt das beispielhaft auf die Zuschauer.

Andreas Fecker