Luftpost 469: Bier-Order 61

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Foto: Fecker

Vorneweg ein paar Fakten aus dem Jahr 1961: Das Münchener Oktoberfest beginnt traditionell schon Mitte September, weil in der bayerischen Hauptstadt im Oktober ebenso traditionell das Sauwetter beginnt. Deutschland war im Kalten Krieg, zweigeteilt, Berlin lag in der DDR, westdeutsche Flugzeuge durften nicht nach Berlin fliegen. Franz-Josef Strauß war nicht nur CSU-Vorsitzender, er war damals auch Verteidigungsminister. Zum Ende des Oktoberfestes hielt FJS in einem der biergeschwängerten Festzelte im Rahmen der Parteitags-Abschlusskundgebung eine seiner feurigen Reden, den stets nachgefüllten Maßkrug für das Zwischenprost in Griffweite.

Inzwischen im Norden Deutschlands: Die Lechfelder Piloten Feldwebel Peter Pfefferkorn und sein Rottenkamerad Stabsunteroffizier Hans Eberl hatten sich mit ihren F-84 Düsenjägern verflogen und waren auf der Flucht vor den verfolgenden sowjetischen MiGs in Berlin Tegel notgelandet. Wie so oft kamen verschiedene Widrigkeiten zusammen: Eines der Peilgeräte im Bomber war defekt, ein Gewitter störte den Kompass und der Westwind war doppelt so stark wie vor dem Flug angenommen. Dichte Bewölkung ohne Bodensicht erschwerte es den jungen Piloten, den richtigen Kurs wiederzufinden. Nach der Landung versteckte man die Maschinen erst einmal in einem Hangar. Schließlich baute man sogar noch die Technik aus, zerlegte die Flugzeuge und vergrub sie innerhalb des Flughafens abseits der Piste. Die beiden Piloten nahm man in Arrest und versetzte sie einstweilen zum Bodenpersonal.

Franz-Josef Strauß, bierselig und berüchtigt für seine aktionistischen Reaktionen, bestellte den Inspekteur der Luftwaffe, General Kammhuber ins Münchener Hotel Ambassador. Er befahl ihm, den Lechfelder Kommodore, Oberstleutnant Barth, sofort strafzuversetzen und bei zukünftigen Irrflügen gleichermaßen zu verfahren. Der Befehl ging als Bier-Order 61 in die Geschichte der Luftwaffe ein. Von Dauer war er nicht, denn der Wehrdienstsenat entschied am 12. Februar 1962, dieser Befehl sei von Strauß selbst vor demselben Gremium zurückzunehmen, vor dem er verkündet wurde. Acht Wochen dauerte es, bis Strauß den Gang nach Canossa antrat und eine Maßnahme widerrief, die die gesamte Luftwaffenführung erschüttert hatte. O’zapft is! Prost.

Andreas Fecker

Dieser Luftpost liegen Artikel des Deutschen Bundeswehr Verbands und des Spiegel zugrunde.