Luftpost 455: Eine Schachtel voller Schrauben

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Foto: Fecker

Vor Jahren hatte ich bei einer Pressereise die Gelegenheit, die Werft einer großen internationalen Airline in Afrika zu besichtigen. In dem riesigen Hangar stand eine eingerüstete Boeing 747, die gerade generalüberholt wurde. Als der Chief of Maintenance erzählte, dass so eine 747 aus sechs Millionen Teilen besteht und dass das ganze Flugzeug zerlegt, geprüft und wieder zusammengebaut wird, musste ich mich zu Wort melden. Ich erzählte, dass meine Frau während ich auf Dienstreise war, ein Problem mit den Schwingungsdämpfern unserer Waschmaschine hatte. Sie schraubte das Gerät auseinander, baute die Teile aus und bestellte Ersatz. Als ich von der Reise zurückkam, berichtete sie mir stolz von ihrer Arbeit und bat mich, die Waschmaschine wieder zusammenzubauen. Alle Einzelteile waren gesäubert, sogar die Schrauben waren entrostet, gereinigt und lagen geölt in einer braunen Schachtel. Nach einem Tag des Knobelns und Probierens sah die Waschmaschine wieder wie eine Waschmaschine aus und funktionierte sogar. Aber in der Schachtel war noch ein gutes Dutzend Schrauben übrig. Ich schloss meine Erzählung mit der Frage: „Passiert Ihnen das auch?“ Nach einem Schmunzeln antwortete der Werftleiter: „Sie werden verstehen, dass ich Ihnen diese Frage nicht beantworten will, kann und darf.“
Andreas Fecker

D-Check einer 747 in der Werft. Hier wird sogar die Farbe abgewaschen, jede Naht und jede Schraube überprüft, das Flugzeug wird in alle seine Einzelteile zerlegt. Alle 12 Jahre fällt eine solche Überprüfung an. – Foto: Fecker