Luftpost 377: Ice Mail

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Der Autor beim Einspannen von Schlittenhunden in Grönland – Fotoarchiv Fecker 1974

Ein Leser schickte mir ein seltenes Schmankerl: Einen 45 Jahre alten Ersttagsbrief aus Egedesminde in Grönland. Am 11. Oktober 1976 wurde nämlich die Luftpostroute zwischen Egedesminde, dem heutigen Aasiaat nach Søndre Strømfjord, dem heutigen Kangerlussuak eröffnet. Da es in Aasiaat bis 1998 noch keinen Flughafen gab, wurde die Post mit Flugbooten vom Typ Catalina befördert. War das Wetter zu schlecht oder der Eisgang zu heftig, warf man die Postsäcke mit dem Fallschirm ab. Luftrettung, Krankenversorgung, Post und Logistik hatten in Grönland seit jeher Vorrang vor Passagieren. Diese mussten dann oft tagelang in einer Transitunterkunft ausharren. Nur wenn an Bord noch Platz war und das Gewicht es zuließ, lud man gebuchte Passagiere.

Ersttagsbrief aus Grönland – Aufgestöbert und zur Verfügung gestellt von Dithmar Wolf

Hier schließt sich die persönliche Erfahrung eines Jumbo-Kapitäns der Lufthansa an. Der deutsche Flag Carrier überließ ja nichts dem Zufall. Søndre Strømfjord (BGSF) lag auf der nördlichen Route zwischen Europa und den USA. Um für einen medizinischen Notfall gerüstet zu sein, mussten die Piloten jahrelang im Simulator Landungen auf „Sondrestrom“ trainieren. Der Flughafen am Ende eines Fjords war schwierig anzufliegen und das Gelände ringsherum durchaus anspruchsvoll – es war also gutes Training. Erst viel später stellte sich heraus, dass es an diesem Airport außer einer amerikanischen Air Base überhaupt keine adäquate medizinische Versorgung gab. Ich kann das bestätigen, nachdem ich mir im Winter 1974 in Søndre Strømfjord bei -40° Celsius Erfrierungen an den Zehen geholt hatte. Patienten mussten notfalls – wenn nicht mit Hundeschlitten – dann per Hubschrauber zu Grönlands Zentralkrankenhaus nach Godthåb (heute Nuuk) geflogen werden, vorausgesetzt das Wetter erlaubte es. Daraufhin wurde die kostbare Trainingszeit im Simulator für andere Highlights und Trainingsschwerpunkte genutzt und die Buschtrommel verkündete, bloß nicht nach BGSF. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Captain Dithmar W.
Andreas Fecker

Eine Antwort zu “Luftpost 377: Ice Mail”

  1. Wolfgang Zimber sagt:

    Andy, wieder mal eine klasse Story. Bin begeistert :-))