Luftpost 356: Jasper Schuringa

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Andreas Fecker – Foto: Fecker

Das Weihnachtsfest stand 2020 unter ganz besonderen Vorzeichen: Familien- und Verwandtenbesuche sind durch Corona erschwert, unbeschwertes Reisen ist fast nicht möglich. Trotzdem waren allein in den USA an Weihnachten wieder über eine halbe Million Menschen per Flugzeug unterwegs, denn dort ist das traditionell eine Hauptreisezeit. So auch im Jahr 2009, wo am 25. Dezember in Amsterdam ein Airbus A330 nach Detroit startete, besetzt mit 290 Menschen an Bord. Es waren überwiegend Amerikaner, die mit Northwest Airlines Flight NW295 unterwegs waren und sich auf ihre Familien zuhause freuten. Ein junger Mann hatte während des Flugs allerdings andere Gedanken. Abdul Farouk Mutallab, Islamist aus Nigeria, war ein Anhänger der Al Kaida. Er wollte den Airbus mit 290 Menschen an Bord über der Vier-Millionen-Metropole von Detroit in die Luft sprengen. Und es sollte an einem hohen christlichen Feiertag sein.

Er hatte sich einen Sprengsatz in seine Unterhose genäht, die auf eine chemische Flüssigkeit reagieren würde. Diese fügte er kurz vor der Landung hinzu. Mutallab saß auf Sitz 19A (rot), über den Treibstofftanks am Tragflächenansatz. Er schützte Leibschmerzen vor und bedeckte sich mit einer Wolldecke. Dass er darunter seine Hose öffnete und mit der Flüssigkeit den Sprengstoff in einen kritischen Zustand versetzte, konnte so niemand sehen. Mit einem Feuerzeug entzündete er eine Lunte, die die Kettenreaktion in Gang setzen sollte. Das typische Geräusch des Zippo war aber zu hören, und man verspürte auch einen chemischen Geruch, als die präparierte Lunte zu brennen begann.

Sitzplan des Airbus A330 – Grafik: Fecker

Auf Sitz 20J (gelb), eine Reihe hinter ihm und auf der anderen Seite des Flugzeugs saß Jasper Schoringa, Regisseur einer holländischen Werbefilmagentur. Er witterte die Gefahr und zögerte keine Sekunde. Er hechtete über die vier Sitze der Mittelreihe, kämpfte sich zu Mutallab hinüber, entriss ihm die Decke, die mittlerweile Feuer gefangen hatte. Er sah die offene Hose, riss das bereits glühende Stoffpaket heraus und warf es auf den Gang. Schoringa verbrannte sich dabei die Finger und das Handgelenk. Während eine geistesgegenwärtige Flugbegleiterin mit einem Feuerlöscher den Brand löschte, packte Schoringa den Terroristen und schleppte ihn nach vorne. Weiteres Bordpersonal half ihm, den Islamisten mit Kabelbindern zu fixieren.

20 Minuten später landete der Airbus in Detroit. Polizei und FBI führten Mutallab ab. Jasper erhielt einen lange anhaltenden Applaus, sogar das FBI war schwer beeindruckt. Einer der Agents machte ihm ein Kompliment: ‚Bruce Willis ist ein Anfänger gegen Sie!‘ In den folgenden Wochen und Monaten folgte ein öffentlicher Termin nach dem anderen, Königin Beatrix eingeschlossen. Die amerikanische Presse überschüttete den reaktionsschnellen Holländer mit Komplimenten und hatte auch schnell eine Schlagzeile parat: The Flying Dutchman! Rudy the Reindeer hatte an diesem Christmas nichts mehr zu melden.

Andreas Fecker