Luftpost 271: Pfennigfuchser

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Fanszination Musik – Archiv Fecker

Liebe Leser,

es reizt mich jede Woche, Themen, die augenscheinlich nichts mit der Fliegerei zu tun haben, miteinander in einer Luftpost zu verknüpfen: Zum Beispiel Beethoven, Billigflieger, Bundeswehr und Bollerman (mit a darf man das ja nach Klage vor dem OLG München nicht mehr schreiben!). Eines meiner letzten Themen war „Billig!“ Die Billig- und Geiz-ist-geil-Fliegerei hat es mir bekanntlich besonders angetan, weil da in den Zeiten des Klimawandels ein Markt geschaffen wurde, den es zuvor nicht gab. Eines meiner nächsten Themen werden die kurzen Umdrehzeiten der Flugzeuge sein, damit man mehr Umläufe in einen Tag pressen kann. Landen, Entladen, Tanken, Beladen, und nix wie wieder raus. Denn es geht um Euro und Cents, Pfennige und Groschen. Ich brauche also eine Geschichte, die den Geiz mit den Pfennigfuchsern verbindet. Da muss ich mich aber hintenanstellen, nachdem Ludwig van Beethoven schon vor über 200 Jahren das Rondo „Die Wut über den verlorenen Groschen“ komponiert hat. Es ist heute unter Opus 129 abgelegt.

Beethoven war damals 25 Jahre alt. So mancher späte Landsmann von ihm hat da schon eine beachtliche Sauf-Karriere hinter sich. Freitagabend hin, saufen bis der Arzt kommt, Sonntagmorgen komatös zurück. 1969 war die Misere Mallorcas noch überschaubar: Passagiere aus Deutschland machten gerade mal 47% der Fluggäste aus. Dann begann das Zeitalter der Schnäppchenflieger. 1998 waren es 19 Millionen Fluggäste aus ganz Europa, heute muss der Flughafen von Mallorca 28 Millionen Touristen verkraften, die dann heuschreckenartig die Strandmeile heimsuchen. 14 Millionen vorgeglühte Feierbiester hin, und dieselben 14 Millionen als Bierleichen wieder zurück. Mallorca steht nicht zuletzt deshalb auf meiner persönlichen Schwarzen Liste. Das hat nichts mehr mit Sparsamkeit oder Pfennigfuchserei zu tun, sondern mit Anstand und Benehmen, mit Auftreten im Ausland und mit unnötiger Fliegerei.

So. Nach dieser etwas rabiat geratenen Einleitung, in der ich mal wieder meiner Grundüberzeugung Ausdruck verliehen habe, komme ich endlich zum Thema: Während meines Berufslebens bei der Bundeswehr verbrachte ich 10 Jahre in einem Nest in der Eifel. Meine Mutter hatte mir unser altes Klavier geschenkt, das ich im Wohnzimmer aufstellte. Ich hatte zwar 10, 15 Jahre nicht mehr gespielt, aber mein Ehrgeiz war ungebrochen. Ich biss mir gleich zu Anfang wieder die Zähne an Beethovens „Wut über den verlorenen Groschen“ aus. Ich übte jeden Tag. Und ich haute immer an denselben Stellen die gleichen Fehler rein. In der Wohnung unter mir wohnte Oberstleutnant Ekki S. Der war damals mein Kommandeur. Er ertrug meine Übungen höflich und mit stoischer Gelassenheit.

Ich wurde schließlich (auf meinen Wunsch) nach Italien versetzt. So hatte der arme Ekki endlich seine Ruhe. 15 Jahre später saß ich in einem Airbus A310 der Flugbereitschaft nach Washington, wie immer in einem Sitz am Gang. Plötzlich sagt jemand schräg hinter mir „Na, haben Sie den verlorenen Groschen jetzt gefunden oder tobt die Wut darüber noch immer in Ihnen, Herr Fecker?“ Ekki! Wir waren beide auf Dienstreise, er nach New Mexico, ich nach New Orleans! Schon seltsam, wie einen die Musik immer wieder einholt, nicht wahr? Aber Beethoven, Opus 129, hat es eben in sich! Bisweilen auch hoch über dem Atlantik.

Andreas Fecker