Luftpost 246: Die Durian-Meuterei

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Foto: Bildarchiv Fecker

Der Bauplan des Menschen ist schlichtweg genial. Zu diesem Schluss muss man immer kommen, wenn man sich Gedanken über seine Organe macht. So sitzt über der Öffnung, durch die man die Nahrung aufnimmt ein Augenpaar. Damit prüft man Farbe und Zustand der Lebensmittel. Direkt über dem Mund befindet sich die Nase als letztinstanzliches Kontrollorgan, um Reife, Frische und Geruch zu testen und Speichel und Magensäfte zu aktivieren. Darum ist es für uns Mitteleuropäer unbegreiflich, wie man in Südostasien eine Frucht namens Durian verzehren kann, die nach verfaultem Pferdefleisch, Erbrochenem und Buttersäure riecht. Nicht nur Singapur verbietet deshalb das Mitführen oder Verzehren dieser Stinkefrucht in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Gebäuden.

Aber es gibt in diesen Ländern so einiges, an das wir uns nur schwer gewöhnen können. Dass zum Beispiel einem Flugzeug die Länge der Landepiste mal nicht ausreicht, kommt in den besten Familien vor. Dass Sriwijaya Air mit einer Flotte von 35 Boeing 737 und einem dichten Inlandsnetz nun schon dreimal ihre Flugzeuge nach Hydraulikausfall mit kollabiertem Fahrwerk im Gelände neben oder hinter der Landebahn abgestellt hat, bringt einen schon mal zum Grübeln, zumal Indonesien in jüngster Vergangenheit durch mehrere Totalverluste selbst neuester Flugzeuge in die Schlagzeilen geraten ist. Man könnte also verstehen, dass indonesische Passagiere mit mulmigem Gefühl in Sriwijayas alte Boeings einsteigen, die teils schon sichtbar über 20 Jahre auf dem Buckel haben und in dieser Zeit von einem holprigen Flughafen zum nächsten gequält wurden.

Am 5. November 2018 kam es in Bengkulu vor Abflug nach Jakarta zur Meuterei. Die Passagiere wollten nichts wie raus aus dem Flugzeug. Grund war aber nicht etwa, weil die Boeing 737-300 mit der Registrierung PK-CKH bereits vor 28 Jahren in Dienst gestellt wurde, sondern weil ihnen beim Einsteigen ein bestialischer Gestank entgegenschlug, der immer schlimmer wurde. Im Frachtraum unter der Passagierkabine wurde gleichzeitig zwei Tonnen Durians geladen.

Durian auf einem Markt in Südostasien – Foto: Fecker

Die Flugbegleiter an Bord versicherten, dass sich der Gestank bald nach dem Start verflüchtigen würde. Vergebens. Obwohl es sich bei den Passagieren nicht um duftverwöhnte Parfum-Tester gehandelt haben dürfte, verließen alle fluchtartig das Flugzeug und zwangen die Airline, ihre stinkende Fracht wieder zu entladen. Vielleicht hatte sich auch jemand an den Startunfall der inzwischen bankrotten indonesischen Mandala Airlines am 5. September 2005 mit falsch gesetzten Startklappen erinnert? So zumindest begründete der offizielle Bericht den Unfall mit 100 Toten. Damals wurde publik, dass das Flugzeug 2,7 Tonnen Durians mitschleppte.

Nach einer Stunde und viel Raumspray wagten sich die Passagiere wieder an Bord. Dann konnte SJ091 endlich starten.

Andreas Fecker

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