Luftpost 46: Rosen zum Muttertag

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Foto: Fecker

„Nimm liebe Mutter diesen Rosenstrauß 
als Dank für Deine Mühen. Mögen Sie zur Freude Dir 
noch lange kräftig blühen.“

Jahr für Jahr erinnert man sich gerne an die aufopferungsvollen Dienste, die unsere Mütter im Laufe unserer Kindheit für uns erbracht haben. Die Blumenindustrie sorgt schon dafür, dass wir den Muttertag nicht vergessen. Deutschland zählt zu den weltweit größten Märkten für Schnittblumen. Man braucht auch nicht mehr in die Gärtnerei oder zum Floristen zu gehen, um sich ein Gebinde zu kaufen, der Markt ist derart perfektioniert, dass man Blumen zu jeder Jahreszeit gemäß ihrer Symbolik jedermann und jeder Frau zum Geschenk machen kann. Und das auch noch online und zu einem günstigen Preis. Man braucht dazu noch nicht einmal das Haus zu verlassen.

Kaum jemand macht sich jedoch Gedanken darüber, woher z.B. die Chrysanthemen im Februar kommen. Aber nicht nur die exotischen Sorten wie Strelitzien oder Orchideen kommen von weither, auch Rosen und Nelken wachsen mittlerweile auf anderen Kontinenten. Bereits 2008 wurden 11.600 Tonnen an Blumen luftverfrachtet. Der Markt für Schnittblumen ist ein weltweites Geschäft, das allein in Europa ein Volumen von weit über 12 Milliarden Euro hat. Führende Exporteure für Schnittblumen sind Kolumbien, Kenia, China, Israel und Ecuador, in Europa sind es Polen, Spanien und Holland. Kein Wunder, dass im Zuge der CO2-Diskussion Produktion, globaler Großhandel und Import von Schnittblumen aus ökologischen und sozialen Gründen in die Kritik geraten sind. Denn trotz der hohen Kosten für den Versand mit dem Flugzeug ist der Import aus anderen Kontinenten immer noch günstiger, als die Schnittblumen bei uns zu pflanzen und zu züchten. Das sollte nachdenklich stimmen.

Ich treffe Alexandra Reinold, eine ökologisch orientierte Floristin aus dem bayerischen Nesselwang. Sie erklärt mir mit leuchtenden Augen den Unterschied zwischen Rosen vom Discounter und den Rosen aus Ecuador, die gerne doppelt so viel kosten. Die Discounter-Rosen stammen zum Beispiel aus Holland, wurden mit viel Dünger und unter Einsatz von viel Energie im Treibhaus gezüchtet und gegen Schädlinge und Schimmel mit Gift gespritzt. Ich fasse diese Dinger nicht einmal an,“ sagt sie, „schon gar nicht würde ich sie in meiner Wohnung aufstellen, wo sie ihre Pestizide ausdünsten. Gleichwohl gelangen sie in den Handel, werden mehrfach umgepackt und zu Sträußen konfektioniert. Das ist eine Zumutung für alle, die damit zu tun haben. Unsere Ecuador Rosen tragen das Flower Label ‚FLP‘. An diesem Programm können nur Blumenfarmen teilnehmen, die eine Arbeitnehmervertretung zulassen, die ordentliche Löhne zahlen, wo Gleichbehandlung herrscht, wo keine Kinder oder Zwangsarbeiter eingesetzt werden, deren Mitarbeiter eine Gesundheitsvorsorge genießen, wo mit natürlichen Ressourcen verantwortlich umgegangen wird, und vor allem, wo keine Pestizide verwendet werden. Beispiel sinnvoller Entwicklungshilfe. Leider tragen bisher nur 65 Farmen weltweit dieses Siegel — gerade einmal zehn Prozent aller Blumenarbeiter profitieren von diesen Standards.“

Vergleicht man die Klimabilanz von Schnittrosen aus Ecuador und den Niederlanden, fällt das Ergebnis eindeutig zu Gunsten der südamerikanischen Rosen aus. Denn die Gewächshäuser in Holland müssen beheizt und künstlich beleuchtet werden. Die Ecuador Rosen wachsen teils auf 3000 m Höhe, reifen in der Äquatorsonne und werden am Tag der Ernte nachts nach Europa geflogen. Trotzdem sind die CO2-Emissionen der holländischen Produktion viermal höher als der Transport mit dem Flugzeug.

In dieser Rechnung sind natürlich nicht nur der Flugtransport, sondern auch die Emissionen für die Zucht in Holland wie Heizung, Dünger, Verpackung und Transportmittel eingeschlossen. Zum Muttertag werden jährlich etwa 800 Tonnen Rosen eingeflogen, zum Valentinstag (14. Februar) waren es 2014 sogar 1000 Tonnen. Tonnen, wohlgemerkt, nicht einzelne Blüten!

Ich denke, der aufrichtige Dank an unsere Mütter sollte es uns Wert sein, bei der Wahl der Blumen auf die ökologische Herkunft zu achten!

von Andreas Fecker