Luftpost 200: Reiseträume

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Foto: Fecker

Viele von uns haben mit Flugplänen ihr Interesse an Erdkunde entdeckt, später haben die schlanken Broschüren Reiseträume befeuert. Bei mir kam irgendwann die Zeit, in der ich damit Reisen geplant, Umwege gesucht und mit Zwischenlandungen Tarife ausgetrickst habe. Heute sind diese Flugpläne eigentlich nur noch Sammlerobjekte, Erinnerungen an die glorreiche Zeit der großen Fluggesellschaften. Schließlich hat man alle Verbindungen zu Lande, zu Wasser und in der Luft weltweit auf seinem Smartphone. Es genügt, ein Städtepaar einzugeben, das Wort „Flug“ ist schon fast überflüssig, man wählt ein Datum dazu und erhält alle durchführbaren Verkehrsverbindungen, nach Reisezeit, Ticketpreis oder Umsteigehäufigkeit gestaffelt.

Nostalgie der Reiseplanung – Flugpläne verschiedener Airlines – Foto: Fecker
Südamerikadienste der SAS 1965 – Foto: Fecker

Die nostalgischen Flugplanheftchen hingegen sind eloquente Zeugen einer vergangenen Zeit. Sie erzählen Geschichten von verschwundenen Airlines, die mehrfach ihren Namen änderten, nachdem sie von der Konkurrenz gekauft wurden. Aus Allegheny, Lake Central und Mohawk Airlines wurde USAir, die wurde irgendwann von America West gekauft. Gemeinsam flogen sie dann als US Airways weiter und sind heute eine der drei Großen in Amerika. Unvergessen, die Braniff mit den bunten Jets, die Northwest Orient mit Verbindungen zwischen Tokio und Rom, die Canadian Pacific, deren Netzwerk von Hongkong bis Buenos Aires und von Whitehorse bis Athen reichte. Die isländische Loftleidir beförderte eine ganze Jugendbewegung für unter tausend Mark von Luxemburg über Reykjavik nach New York, und Frontier flog die abenteuerlustigen Kids in fast alle Nationalparks der USA. Beim Durchblättern der Flugpläne erwachen Erinnerungen an Nächte in unbequemen Sesseln auf Umsteigeflughäfen, aber auch an Träume von Orten, die man unbedingt einmal besuchen wollte oder wo ein alter Reisegefährte lebt.

Preisvergleich zu 1965 – Foto: Fecker

Die Flugpläne geben auch Aufschluss über die Preisentwicklung und über die wachsenden Reichweiten der Flugzeuge. So kann man zum Beispiel nachvollziehen, dass der SAS-Flug SK985 im Jahr 1965 donnerstags um 10:05 Uhr mit einer DC-8 von Kopenhagen nach Tokio flog, wo sie freitags um 22:40 ankam. Auf dem Weg dorthin gab es acht Zwischenlandungen in Frankfurt, Zürich, Rom, Abadan, Karachi, Calcutta, Bangkok und Manila. Heute fliegt die SAS von Kopenhagen nach Tokio in unter 11 Stunden nonstop.

Es ist kein Zufall, dass ich mir für die 200. Luftpost dieses Thema ausgesucht habe. So, wie ich früher diese Reiseträume in mich aufgesogen und auch manche von ihnen verwirklicht habe, so habe ich mich in meinem späteren Leben der Luftfahrt gewidmet. Ich habe einen Beruf daraus gemacht, ich habe darin viel erfahren, viel erlebt und viel gelernt. Und ich will dieses Wissen, die Gewinne und Defizite der Fliegerei, den Nutzen und die Bedenken weitergeben. Das steckt wahrscheinlich dahinter, dass ich mir heute seit Juli 2013 zum zweihundertsten Mal in einer Freitagnacht öffentlich Gedanken über ein Luftfahrtthema mache, auch über so kontroverse Themen wie Triebwerke oder Fluglärm. Ich wünsche mir, dass wir das Vermächtnis der Pioniere, das Geschenk des Luftverkehrs, der uns heute schnell, preisgünstig, unkompliziert und komfortabel in alle Welt verreisen lässt, mit Verantwortung für unsere Umwelt nutzen, dass wir es verbessern und weiterentwickeln, und dass wir darauf verzichten, wo es nicht notwendig ist.

Von Andreas Fecker

3 Antworten zu “Luftpost 200: Reiseträume”

  1. Sierra-Charlie sagt:

    Hallo Andy,
    herzlichen Glückwunsch zur 200. Luftpost. Wenn du auch lange Freitagabende hast, so ist die Luftpost für uns Leser doch überhaupt nicht langweilig. Ich freue mich auf jede Einzelne! Danke und weiter so.

  2. Markus sagt:

    Lieber Andy,

    200 Mal hat mich die Luftpost am Samstag begrüßt. Schnell wurde sie zur Standardlektüre für mich und meine Kollegen, die oft über den Wolken sind. Unvorstellbar, wie schnell die Zeit vergeht und ebenso unvorstellbar, dass Du immer wieder ein Thema herauspickst welches auf ein Neues interessant und verständlich von Dir aufbereitet wird.

    An dieser Stelle sende ich Dir 200 x Dankeschön!

    Alles Gute & DANKE

    Markus

  3. Sally sagt:

    Congratulations Andy!
    Looking forward to reading the next 200.
    Sally