Luftpost 494: Luftraummanagement

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Foto: Fecker

Dass Fluglotsen die Aufgaben einer Luftfahrtpolizei wahrnehmen, den Flugverkehr von Start bis zur Landung regeln und den Verkehr reibungslos von einem Airport über ein dreidimensionales Konstrukt aus Luftstraßen und zahlreiche Kreuzungen zu ihrem Ziel bringen, ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass der zu erwartende Verkehr meist am Vortag durchgeplant wird, und dass Abkürzungen durch gesperrte Lufträume freigegeben oder Übungsräume aktiviert werden können. So werden Flaschenhälse vermieden, ohne große Umwege zuzuweisen. Dafür gibt es in Brüssel die Central Flow Management Unit CFMU. Sie ist auf die Zuarbeit der AMC’s in den Mitgliedsstaaten von EUROCONTROL angewiesen. AMC steht für Airspace Management Cell. Jeder europäische Staat betreibt eine solche Zelle, die zivil/militärisch besetzt ist.

Die CFMU ist eine der zentralen Errungenschaften von EUROCONTROL. Auch wenn manche Airlines diese Einrichtung verfluchen, weil sie meinen, dort würde die zügige Abwicklung von Flügen verhindert, so ist doch das Gegenteil der Fall. Jedem einzelnen Flugzeug einer jeden Airline an jedem der über 400 Verkehrsflughäfen Europas werden möglichst nach Wunsch Startfenster und ökonomische Flugrouten zugewiesen. Unterbrechungen von Steig- und Sinkflügen werden möglichst vermieden.

Der Herzmuskel der europäischen Luftraumplanung – Foto: EUROCONTROL

Trotz flexibler Handhabung beklagen zivile Piloten seit jeher die Existenz von Luftraumbeschränkungen. Meist handelt es sich dabei um militärisch genutzte Gebiete oberhalb von Truppenübungsplätzen, die zum ungestörten Absetzen von Fallschirmspringern benötigt werden, oder zum Schutz von Luft-Boden oder Boden-Boden Schießgebieten. Lufträume werden aber auch für Luftkampfübungen oder Luftbetankung benötigt.

CFMU Brüssel. Multidimensionale Verkehrsplanung und vorausschauende Konfliktlösung: Strecke, Abstand, Höhe, Geschwindigkeit und Zeit. Außerdem Trennung von militärischen Operationen und zivilen Passagierflügen – Foto: EUROCONTROL

Was vielen Menschen nicht bewusst ist: Ein Vorbild für das zentrale Flussmanagement war die Berliner Luftbrücke von 1948/49. In zehn Monaten wurden durch exzellente Planung, durch die perfekte Anwendung von horizontaler und vertikaler Staffelung 277.728 Flüge im Drei-Minuten-Abstand von den acht westdeutschen Flughäfen Fassberg, Wunstorf, Celle, Schleswig, Lübeck, Hamburg, Wiesbaden und Frankfurt zu den drei West-Berliner Flughäfen Tegel, Gatow und Tempelhof und zurück geleitet, 24 Stunden am Tag. Alles ohne Computer.

In den komplexen Lufträumen über Europa melden die Nutzer täglich ihren Bedarf bei der Airspace Management Cell (AMC) ihres Landes an. Dort wird dann berechnet, von wieviel Uhr bis wieviel Uhr des Folgetages welche konditionalen Routen (CDRs) in welcher Höhe durch welche der zahlreichen Gebiete freigegeben werden können und stellt diesen Airspace Use Plan (AUP) der CFMU in Brüssel zur Verfügung. Dort werden alle Pläne zentral erfasst, der Computer berechnet nun für alle IFR Flüge der nächsten 24 Stunden über Europa die wirtschaftlichste Streckenführung.

Welche Dimensionen diese geräuschlose Planungsarbeit von EUROCONTROL hat, wurde mir bewusst, als ich am 24. März 1999 wegen Kriegsbeginns den Luftraum über dem Balkan und der Adria schließen musste. Tags darauf rief ich bei der CFMU in Brüssel an und ließ mir vom Wachleiter einen Lagebericht geben. Er beklagte einen Rückstau von mehr als 10.000 Flügen, die zeitraubende Umwege in Kauf nehmen mussten!

Andreas Fecker

7 Antworten zu “Luftpost 494: Luftraummanagement”

  1. Karl Seiler sagt:

    GROSE ANERKENNUNG, lieber Andreas, dass Du diese Zusammenhänge durchschaust und auch für einen „alten, kleinen Flieger“ verständlich erläutern kannst. PRIMA, dass Dein Blick mit der Luftbrücke sogar in deine Kindheit (oder sogar davor?) zurückreicht.

  2. YankeeZulu1 sagt:

    großes DANKE für den Hinweis und Rückblick auf die „Luftbrücke“…hatte ich nicht mehr auf dem Radar.

  3. Sascha & Aoi sagt:

    Moin Andy, war mir überhaupt gar nicht bewusst, dass die Berliner Luftbrücke aus verschiedenen Regionen der BRD aus gestartet sind… auch aus Lübeck? (Jetzt macht dieser Stützpunkt der BW erst richtig Sinn, heuer nur noch Touristik, wenn überhaupt noch) Danke dir für diese Erkenntniserweiterung und bitte bleib gesund!

  4. Chris sagt:

    Danke, lieber Andreas, wie immer sehr interessant. Was mich auch mal interessiert zum Thema: „…oder zum Schutz von Luft-Boden oder Boden-Boden Schießgebieten“…): wo gibt es, wenn, solche Gebiete im RMG? Und, sind es nicht auch die hiesigen vielen kleinen Segelflughäfen, die den flüssigen oder ökonomischen Flugbetrieb beeinträchtigen? Liebe Grüsse, Chris

  5. chris sagt:

    Vielen Dank 🙂

  6. Frank Depping sagt:

    Sehr schön Andy, aber auch hier ist’s modern. Die CFMU heißt seit Jahren „Network Manager“, so viel als Update. LG, Frank