Expo 2017: Astana – Die (unbekannte) Schönheit der kasachischen Steppe

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„Baiterek“, das Symbol des Lebensbaumes Foto: Peter Ehler

Wer seinen Freunden mitteilt, er reise nach Astana, erntet in der Regel zunächst ein müdes Lächeln und dann die Fragen: „Wo willst Du hin? In welchem Land liegt dieses Astana überhaupt?“ Dabei ist Astana nur rund 6 Stunden Flugzeit von Frankfurt entfernt, – das ist kürzer er als nach Dubai, – und seit 1997 die Hauptstadt von Kasachstan. Damit ist Astana die jüngste Hauptstadt der Welt! Kasachstan wiederum ist mit einer Fläche von über 2,7 Millionen Quadratkilometern der neuntgrößte Staat der Erde und umfasst zwei Zeitzonen. Eingebettet zwischen dem Kaspischen Meer im Westen und dem Altai-Gebirge im Osten wohnen in dem riesigen Binnenstaat nur knapp 17 Millionen Einwohner. Angetrieben von riesigen Gas-und Ölfeldern im Süden des Landes sowie bedeutenden Uran- und Steinkohlevorkommen ist aus Kasachstan in den letzten Jahren eine wahre Energiegroßmacht geworden. Obwohl 30 Prozent des Landes von Steppen und Waldsteppen bedeckt sind, verfügt das Land über einen weltweit einmaligen Wasserreichtum, wie dem flächenmäßig größten Salzwassersee der Welt, dem Kaspischen Meer.

Foto: Peter Ehler

Ein bisschen Geschichte vorweg muss sein: Kasachstan erklärte sich am 16. Dezember 1991 – nach dem Zerfall der Sowjetunion – als Republik unabhängig und wird seitdem ununterbrochen vom Präsidenten Nursultan Nasarbajew regiert. Nachdem man die bisherige Hauptstadt Alma-Ata in Almaty umbenannt hatte, verlegte der Staat im Jahr 1997 den Regierungs- und Parlamentssitz in die Stadt Aqmola. Als Gründe für die Umsiedlung mitten in die zentrale, weite Steppe wurden unter anderem die hohe Erdbebengefahr in Almaty und die begrenzten städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten angegeben. Aqmola, was ins Deutsche übersetzt „weißes Grab“ heißt, wurde bald darauf auch offiziell als Hauptstadt Kasachstans proklamiert und ein Jahr später mit dem weitaus wohlklingenderen Namen „Astana“ versehen. Das bedeutet auf Deutsch schlicht und einfach „Hauptstadt“. Denn wie heißt es so schön: nomen est omen!

Unendlich weit weg vom Meer

Heute hat sich Astana mit nunmehr 743.000 Einwohnern, hinter dem 800 Kilometer entfernt liegenden Almaty mit seinen 1,5 Millionen Einwohnern, zur zweitgrößten Stadt Kasachstans entwickelt. Die junge Metropole liegt dabei im Übergangsbereich zwischen dem russisch geprägten Norden Kasachstans und dem extrem dünn besiedelten Landeszentrum am Fluss Ischim. Klimatisch gesehen steht Astana im Ruf, nach Ulaanbaatar in der Mongolei, die zweitkälteste Hauptstadt der Welt zu sein. Denn in den Wintermonaten gelangen die Winde aus Nordsibirien aufgrund fehlender geografischer Barrieren nahezu ungebremst nach Nord- und Zentralkasachstan. So beträgt die winterliche Durchschnittstemperatur minus 15 Grad und kann nachts bis zu minus 40 Grad absinken. Im Gegensatz dazu liegen die Spitzentemperaturen im Sommer bei über 35 Grad plus. Diese Temperaturschwankungen sind eine Herausforderung an Mensch, Tier und Material! Des Weiteren gibt es kaum eine andere Stadt auf der Welt, die weiter im Landesinneren liegt als Astana. Rund 3.000 Kilometer sind es bis zum Meer!

Ein Architekturfeuerwerk mitten in der Steppe

Astana Airport Foto: Peter Ehler

Wer heute am modernen Flughafen Astana landet, der bekommt schon beim ersten Blick auf das markante Kuppelterminal einen kleinen Vorgeschmack auf das Architekturfeuerwerk, das Astana dem Betrachter zu bieten hat. Die erwarteten grauen Einheitsbauwerke aus der Sowjetzeit findet man nämlich so gut wie kaum noch. Vielmehr haben international berühmte Architekten wie der Brite Sir Norman Foster oder der Japaner Kisho Kurokawa in Astana ihre futuristischen, städtebaulichen Gedanken verwirklicht. Und das im Rahmen eines Masterplanes, der nach dem Hauptstadtbeschluss aufgestellt wurde, im ganz großen Stil! So kommt es, dass die kasachische Hauptstadt auch gerne mit der arabischen Boomtown Dubai verglichen und als „Dubai in der kasachischen Steppe“ tituliert wird. Eine auf dem Reißbrett entworfene Stadt ist an sich nichts Neues, aber die Dimensionen in Astana übersteigen den klassischen modernen Stadtentwurf mehr als deutlich. „Wir haben Kapital, Platz und die Auswahl“, sind dabei die Losungen, unter denen alles zu stehen scheint.

„Baiterek“ – Das Symbol des Lebensbaumes

Foto: Peter Ehler

All die oft gigantisch dimensionierten Bauwerke, ihre Formen- und Symbolvielfalt und ihre Zwecke aufzuzählen, sprengt jeden Rahmen. Da hilft nur ein Besuch der Stadt und ihrer überaus gastfreundlichen Bewohner. Zumal man sich mit deutsch, englisch oder türkisch, letzteres ist dem Kasachischen sehr verwandt, durchaus gut verständigen kann. Ein touristisches Muss: das unübersehbare Wahrzeichen der neuen Hauptstadt, der 105 Meter hohe „Baiterek“, das Symbol des Lebensbaumes. Kaum ein Hochzeitspaar lässt es sich entgehen, vor dieser Kulisse, die Volkes Stimme auch schon mal leise despektierlich „Uefa-Pokal“ oder „Aschenbecher“ nennt, ein Foto machen zu lassen. Gern wird dazu auch in einer amerikanischen Stretch-Limousine vorgefahren. Und wen es dann zu nächtlicher Stunde nochmals hierher treibt, der kann sich an einem Wechselspiel der Farben, in die der „Baiterek“ getaucht wird, erfreuen. Denn die Frage nach Energie spielt in diesem Land und an diesem Ort wahrlich keine Rolle.

Der imposant aufragende Turm, der 2003 enthüllt wurde, erzählt mittels seiner architektonischen Formen die Legende eines mythologischen Vogels, der in die Krone des Baums des Lebens seine Eier gelegt hat. Kein Geringerer als Sir Norman Foster zeichnet für den Entwurf dieses Objektes verantwortlich. In rund 97 Metern Höhe, – die Zahl symbolisiert das Jahr des Regierungsumzuges nach Astana, – befindet sich eine riesige Glaskugel, die von einem Stahlgerüst gehalten wird. Mit einem Durchmesser von 22 Metern ist sie eine der größten Konstruktionen dieser Art, wobei ihr Gewicht mit 300 Tonnen angegeben wird.

Ein Handabdruck des Präsidenten

Foto: Peter Ehler

Von einer Aussichtsplattform im Inneren der Kugel, die man per Lift erreicht, hat man einen herrlichen Panoramablick über die Stadtanlage. Breite Boulevards, riesige, gepflegte Parkanlagen mit Blumenrabatten, die nicht ein Bonbonpapier verschandelt, symmetrisch angelegte, elegant verschachtelte Bauwerke und dazwischen Skulpturen aus kasachischer Kunstproduktion. Die Dimensionierungen und Materialqualitäten sind wohl nur unter dem Aspekt der Demonstration wirtschaftlicher Potenz zu sehen.

Das berühmte „Yes we can“, könnte in Astana fast überall plakatiert zu lesen sein. Skurril und doch menschlich erscheint ein Ritual: Wer mag, und fast alle mögen es, kann auf einer erhöhten Plattform seine Hand voll Vertrauen in den metallglänzenden Handabdruck von Präsident Nasarbajew legen. Es soll dem Glück bringen, der dabei einen stillen Wunsch äußert. Viel Zeit für ein Lächeln bleibt nicht, den die Schlange der Wartenden ist lang und der Fotograf, der die Szene festhält, blitzt schnell. Auch Kontakte knüpft man hier  überraschend gern. Gerade Schulkinder zeigen keine Scheu, ihre Englischkentnisse an den Besucher zu bringen. So entsteht schnell ein munteres Gespräch über die Eindrücke des Gastes von Kasachstan. Aber auch auf der Straße wird man ganz spontan mit einem „Herzlich Willkommen in Astana und einen schönen Aufenthalt“ begrüßt.

Viele Stararchitekten aus aller Welt haben bislang in Astana geplant, gebaut und machen es in Zukunft noch weiter. Weit über zehn Milliarden Dollar aus Kasachstans Öl- und Gasvorkommen sollen in den vergangenen 15 Jahren bereits investiert worden sein. Und das Geld fließt. Denn bis zum Jahr 2030 soll Astana zu einer Zwei-Millionen-Metropole ausgebaut worden sein. Ein erklärtes Ziel: Astana will sich als die Stadt etablieren, die am besten Europa mit Asien verbindet. Eine Zielsetzung, das sie durchaus mit Dubai verbindet, seien sie auch 3.197 Kilometer voneinander entfernt. Es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis der Name Astana und das Bild einer Hauptstadt mit einer weltweit herausragenden Architektur in den Köpfen der Menschen etwas fester verwurzelt sein wird.

Zuschlag für die Weltausstellung Expo 2017

So erhielt Astana aktuell den Zuschlag für die Weltausstellung Expo 2017. Die Hauptstadt Kasachstans konnte sich bei der Abstimmung zum Wettbewerb für die dreimonatige kleinere Variante der Weltausstellung mit 103 zu 44 Stimmen gegen die belgische Stadt Lüttich durchsetzen. Der Generalversammlung des Expo-Büros gehören 161 Staaten an. Die Ausstellung in Astana findet vom 10. Juni bis zum 10. September 2017 statt. Damit richtet erstmals eine zentralasiatische Hauptstadt eine Expo aus.

So kommt man hin:

Air Astana 757-200 Foto: Bildarchiv Air Astana

Air Astana verbindet Frankfurt täglich mit der Hauptstadt Astana und der Millionenmetropole Almaty. Zum Einsatz kommen Flugzeuge des Typs Boeing 757-200 und Boeing 767-300, unter anderem ausgerüstet mit Flat Beds in der neu konzipierten Business Class, die vom Ratingunternehmen „Skytrax“
2012 mit vier Sternen bewertet wurde. Air Astana ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Staatsholding Samruk-Kazyna JSC und der britischen BAE Systems mit jeweiligen Anteilen von 51 und 49 Prozent. Die Fluggesellschaft wurde in diesem Jahr von der Ratingfirma Skytrax erstmals mit vier Sternen sowie dem Titel „Best Airline Central Asia & India“ bewertet.

© Dierk Wünsche

Bildergalerie:

Hinweis: Die Fotos wurden uns freundlicherweise von Peter Ehler zur Verfügung gestellt, der alle Bildrechte an den Motiven besitzt.