Verband der deutschen Berufspiloten Vereinigung Cockpit (VC): Massives Lobbying der Fluggesellschaften untergräbt die Sicherheit von Passagieren und Besatzungen

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Ilja Schulz Präsident VC Foto: Bildarchiv VC

Nur zwei Tage nachdem über 300 Piloten und Flugbegleiter vor dem Gebäude der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) in Köln demonstriert und ihre Forderung untermauert haben, dass die Neuregelung der Flugdienstzeiten auf wissenschaftlicher Grundlage basieren muss, endete das Treffen der EASA Arbeitsgruppe mit großen Meinungsverschiedenheiten.

Die Vorschläge, die von führenden europäischen Fluggesellschaften auf die Tagesordnung gebracht wurden, haben unsere Flugdienstzeitexperten alarmiert, denn sie sind dazu geeignet selbst die bisher vorgesehen unzureichenden Vorkehrungen im derzeitigen EASA Vorschlag noch weiter zu unterwandern. Einige der schon heute existierenden Praktiken, welche im klaren Gegensatz zu den von der EASA selbst eingeholten wissenschaftlichen Gutachten stehen, wurden im Namen der wirtschaftlichen Interessen von den Vertretern der Airlines erneut eingefordert.

Ilja Schulz, Präsident des Verbandes der deutschen Berufspiloten Vereinigung Cockpit (VC), zeigte sich enttäuscht über die aus seiner Sicht „höchst unbefriedigenden Ergebnisse“ der jüngsten Beratungen bei der EASA und kritisiert die Haltung der Behörde scharf: „Es ist ungeheuerlich, wie sich die Agentur, die in Europa für die Sicherheit des Luftverkehrs verantwortlich ist, in dieser Angelegenheit von den Airlines und ihren auf Profite ausgerichteten Interessen missbrauchen lässt. Ganz offensichtlich wird hier mit der Sicherheit unserer Passagiere gespielt und offenbar meint die EASA sich bei ihren Vorschlägen auch dem Modell der unsäglichen Kosten-Nutzen-Analyse nach US-amerikanischem Vorbild unterwerfen zu müssen.“

In den USA scheiterten bereits seit 1999 die dringenden Empfehlungen der nationalen Unfalluntersuchungsbehörde, dem National Transportation Safety Board (NTSB), eine Neuregelung der Flugdienstzeiten auf wissenschaftlicher Basis vorzunehmen an dem massivem Widerstand der Airlines und an dem Umstand, dass dort jede Verordnung und jedes Gesetz zunächst behördlich einer strikten „Kosten-Nutzen-Analyse“ unterworfen werden muss.

Dabei wird die Anzahl der Unfälle und die Summe der dabei getöteten Personen finanziell bewertet und den durch die Einführung einer Regelung zu erwartenden Kosten bzw. Gewinneinbußen, gegenüber gestellt.

In den USA verwarf man diese makabere Rechnung erst nach einer Serie von Unfällen mit zahlreichen Toten und Verletzten, bei denen die Übermüdung der Piloten eine klare Rolle gespielt hatte. Erst unter dem damit einhergehenden öffentlichen Druck wurden neue, strengere Regelungen erarbeitet. Diese sind nun bereits seit Anfang dieses Jahres in Kraft und sind für alle amerikanischen Passagierfluggesellschaften verbindlich. Danach dürfen US Piloten beispielsweise in der Nacht nur maximal neun Stunden fliegen. Die EASA möchte aber auch weiterhin, wohl aufgrund der erneuten Intervention der europäischen Airlines 11 Stunden erlauben. Die im bisherigen Gesetzgebungsverfahren der EASA konsultierten unabhängigen Wissenschaftler erachten allerdings maximal 10 Stunden als sicher genug.

Bereits am vergangenen Montag hatte die Association of European Airlines (AEA), der Interessenverband von 115 europäischen Fluggesellschaften, die Protestaktion der Flugbesatzungen als „irreführend“ kritisiert. Der AEA scheinen die Aktionen des Flugpersonals, die Verlagerung der Diskussion, sowie die damit einhergehende Information an die Öffentlichkeit durch Piloten und Flugbegleiter „sauer“ aufzustoßen:

Zum Abschluss ihres Communiques fordert die AEA die Pilotenverbände auf, die Diskussion doch lieber intern, also wie bisher unter Ausschluss der Öffentlichkeit, innerhalb der Arbeitsgruppe der EASA, zu führen. Diesem Ansinnen erteilte VC Präsident Ilja Schulz jedoch eine klare Absage: „Wir werden das nicht tatenlos hinnehmen und zusehen, wie schon hier im Vorfeld einer gesetzlichen Regelung die Weichen für eine potentielle Katastrophe gestellt werden.“ erklärte Schulz und kündigt an: „Das heißt für uns: wir werden gerade unsere Bemühungen die Öffentlichkeit über diesen unausgewogenen Prozess, seine Hintergründe und die Gefahren dieser unausgereiften Vorschläge zu informieren und darüber aufzuklären noch weiter verstärken!“

Quelle: PM Vereinigung Cockpit e.V.