Secondhand: Was geschieht mit den ausrangierten Sitzen?

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Leiter des Sitzverkaufs: Ex-Pilot Jürgen-Rumstig Foto: Bildarchiv Lufthansa

Dass Flugzeugsitze nicht ausgedient haben, wenn sie bei Lufthansa ihre letzte Landung hinter sich haben, dafür sorgt Jürgen Rumstig. Der Mann kennt das Geschäft rund um die Fliegerei. Rumstig war selbst bei Lufthansa Pilot, ehe er sich anderen Aufgaben widmete. Seit über zehn Jahren ist der gebürtige Hamburger Leiter des Sitzverkaufs und hat während dieser Zeit schon einige tausend Sitze als secondhand in alle Welt verkauft. Die Nachfrage ist so groß, dass Privatkundenwünsche wie früher heute kaum mehr erfüllt werden können. Die Sitze gehen vornehmlich an andere Airlines und Leasinggesellschaften, etwa nach Osteuropa, Afrika oder Nahost.

Doch auch in der Münchner Allianz-Arena stehen noch umgerüstete Flugzeugbänke, auf denen die Ersatzspieler des FC Bayern sitzen. Exotisch anmutende Bestellungen gibt es ebenfalls bei Jürgen Rumstig. Ein Salzbergwerk orderte beispielsweise Viererbänke aus dem Jumbo-Jet Boeing 747-400. Sie sollten auf Pritschenwagen montiert für den Transport der Kumpel tausend Meter unter Tage eingesetzt werden. Im Flugbetrieb der Lufthansa dagegen flogen die Shipsets – so die fachliche Bezeichnung der Sitzgarnituren – etwa acht Jahre hoch über den Wolken.

„Lufthansa hat vor 20 Jahren damit angefangen, gebrauchte Sitze zu verkaufen. Flugzeugsitze sind einfach viel zu wertvoll, um sie zu entsorgen. Die Technik ist gut und das Material wie Aluminium kostbar. Und sie sind noch zu gut erhalten“, sagt Rumstig.

Als im vergangen Jahr die 167 Flugzeuge der Lufthansa-Europaflotte mit einer neuen Sitzgeneration ausgestattet wurden, herrschte in dem 10 000 Quadratmeter großen Lager für Flugzeugsitze in Babenhausen Hochbetrieb. Die Anfragen für die hochwertige Secondhand-Ware häuften sich bereits, als der Umbau der Flotte noch nicht einmal richtig begonnen hatte. „Unsere Interessenten haben schnell mitbekommen, das Lufthansa zumTeil noch neuwertige und deshalb wenig strapazierte Sitze ausrangiert“, erklärt Jürgen Rumstig.

Flugzeugsitze werden in Kategorien eingeteilt. „Zustand 1“ heißt es bei einem neuen Sitz, „Zustand 3“ bei einem ausgebauten. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass sich diese Sitze vor dem Wiedereinbau bei Airlines in „Zustand 2“ befinden müssen. In einer Werkstatt werden die Stühle für ihr zweites Leben entsprechend aufgearbeitet. 65 externe Mitarbeiter einer Partnerfirma sind damit beschäftigt. Teilweise in größeren Stückzahlen starten die aufpolierten Sitze anschließend wieder bei anderen Fluggesellschaften. Oder: Lufthansa kann auch mal schnell helfen, wenn es woanders Lieferengpässe bei Neuware gibt.

Jürgen Rumstig ist nach wie vor happy in „seiner“ Luftfahrt, auch am Boden. Für Lufthansa leitet er den Verkauf von exklusiver B-Ware in A-Klassen-Qualität. „Ich hätte nie gedacht, dass Flugzeugsitze so interessant sind“, sagt der Ex-Pilot.

Quelle: Beitrag Lufthansa Newslink Ausgabe 56, März 2012