Nachdem ein Flugbegleiter von Ryanair in den letzten Wochen öffentlich gegenüber der Zeitung „Die WELT“ und dem ZDF-Nachrichtenmagazin „Frontal 21“ über die Arbeits- und Vergütungsbedingungen bei seinem Arbeitgeber Rede und Antwort stand, folgte nun die Reaktion seitens Ryanair. Die Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO), die als Gewerkschaft des Kabinenpersonals in Deutschland auch die Interessen des betroffenen Mitarbeiters und dessen Kollegen hierzulande vertritt, teilt mit, dass Ryanair den Flugbegleiter fristlos entlassen hat.
„Diese Kündigung ist rechtswidrig, weshalb wir nun unser Mitglied dabei unterstützen, gerichtlich dagegen vorzugehen. In Deutschland ist es Arbeitnehmern nicht verboten, über ihre Arbeitsbedingungen zu sprechen“, so Stefan Fluck, UFO-Vorstand für Recht und Rechtsschutz.
„Wir sind dennoch über diese Maßnahme von Ryanair nicht überrascht – sie passt zum bisherigen Gebaren der Airline gegenüber ihren Mitarbeitern. Wer sich über die zum Teil unhaltbaren Zustände beschwert, fliegt raus. Ersatz wird dann kurzfristig mittels Knebelverträgen in Süd- und Osteuropa rekrutiert“, ergänzt UFO-Tarifvorstand, Nicoley Baublies.
Für die Gewerkschaft ist dieser Vorgang ein weiteres Zeichen dafür, wie dringend bei Ryanair für geordnete, rechtmäßige und faire Verhältnisse gesorgt werden muss. Diese sind bei anderen Airlines, auch im Low-Cost-Segment, durchaus gegeben. Einer Aufforderung zu Tarifverhandlungen erteilte die irische Gesellschaft mit den üblichen Unverschämtheiten, die man von O’Leary und seinen Kollegen kennt, eine Absage.
„Ryanair bezichtigt UFO der Lüge. Angeblich sei die tatsächliche Vergütung der Flugbegleiter mehr als doppelt so hoch, wie von uns behauptet. Die Realität der in Deutschland lebenden Ryanair-Kolleginnen und -Kollegen ist eine andere – die Zahlen sind so wie von uns behauptet – das ist unterstes Lohn- und Sozialdumping“, erläutert Steffen Frey, UFO Tarifexperte. „Wir appellieren an alle Ryanair-Flugbegleiter, sich nicht von ihrem Arbeitgeber einschüchtern zu lassen. Wir stehen an ihrer Seite und bleiben bei unserer Forderung nach Tarifverträgen, die die gesetzlichen Standards erfüllen und für eine angemessene Vergütung sorgen“, so Frey abschließend.
Update: Ryanair hat sich zu der Kündigung geäußert. In einem Statement von Chef-Pressesprecher Robin Kiely heißt es:
„Dem Junior Flugbegleiter Enrico U. wurde aufgrund von grobem Fehlverhalten gekündigt (in Einklang mit seinem Arbeitsvertrag), nachdem er falsche Behauptungen über Ryanair verbreitet hat. Seine Kündigung erfolgte nach eingehender Prüfung des Sachverhalts, im Rahmen dieser Herr U. die falschen Behauptungen, die er in dem TV-Beitrag von Frontal 21 geäußert hat, nicht erklären konnte oder wollte.
Vor seiner Kündigung konnte Herr U. für einen zweimonatigen Zeitraum nicht seiner Arbeit nachgehen, da er sich nicht gut fühlte (dies führte Herr U. teilweise zurück auf einen nicht erfolgreichen Versetzungsantrag von Baden-Baden nach Cagliari in Italien). Trotz des Erhalts von Krankengeld weigerte sich Herr U. seine Arbeit ohne „eine besondere Gehaltserhöhung“ wieder aufzunehmen. Jedoch war es Herrn U. während seiner bezahlten Krankheitstage möglich, an der Produktion des erwähnten TV-Beitrages teilzunehmen, in dem er eine Reihe von falschen Behauptungen über seine Bezahlung und die Arbeitsbedingungen äußerte. Diese Behauptungen sind nicht wahr und Herr U. war nicht in der Lage, diese nachträglich zu erklären oder zu belegen.
Herr U. hat nicht „1.200 Euro pro Monat” verdient, sondern erhielt eine Vergütung von rund 1.900 Euro pro Monat (Anmerkung der Redaktion: Die Lohnabrechnung liegt airportzentrale.de vor und kann bestätigt werden), obwohl er im Hinblick auf Anwesenheit, Bordverkäufe und Kundenservice einer der schlechtesten Mitarbeiter unter den Junior Flugbegleitern an der Basis Baden-Baden war. Darüber hinaus hat Herr U. entgegen seiner fälschlichen Behauptungen keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützungen in Irland, da er seine Sozialabgaben in Deutschland zahlt. Schlussendlich wurde Herrn U. die Möglichkeit geboten, gegen seine Kündigung Einspruch einzulegen, jedoch hat er von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht.“