Luftpost 432: Flugbegleiter

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Andreas Fecker – Foto: Bildarchiv Fecker

Derzeit werden wieder Flugbegleiter gesucht. Vorneweg ein Auszug aus dem Ausbildungsprogramm einer großen Airline zu diesem Beruf:

  • Luftfahrtwissen
  • Aufgaben und Verantwortlichkeiten einer Kabinencrew
  • Kommunikation mit Gästen und innerhalb der Crew
  • Check-in der Passagiere
  • Arbeit in der Bordküche
  • Durchführung des Bordservice
  • Arbeit mit den Bordgeräten
  • Training für Kurz-, Mittel- und Langstreckenflüge
  • Training für Economy, Business und First Class
  • Sicherheits – und Notfallprozeduren
    Allgemeinwissen zu Notlagen
  • Kommunikationstechniken
  • Regeln und Bestimmungen in der Luftfahrt
  • Umgang mit Passagieren in Not
  • Feuer und Rauch Training
  • Überlebenstraining Wildnis und See
  • Sicherheitsmaßnahmen
  • Crew Resource Management (CRM)
  • Erste Hilfe
  • Umgang mit gefährlichen Stoffen
  • Service Standards für die Erste Klasse
  • Benimm- und Verhaltensregeln für die Erste Klasse und Berücksichtigung internationaler Standards
  • Kulinarische Ausbildung
  • Etikette für eine 5-Sterne Gastronomie
  • Rollenverteilung an Bord
  • Faktoren aus Nutzerprofilen von First Class-Passagieren
  • Individuelle Umsorgung und professionelle Unterstützung von Premium Passagieren
  • Umfassende Kenntnisse von anderen internationalen Airlines, der Hotel-Industrie und der Gastronomie
  • Produktkenntnisse zu Speisen und Getränken
  • Sicherheit im Speise- und Getränkeservice und Interaktion mit Kunden
  • Sicherer Umgang mit Geschirr, Besteck und Tabletts
  • Entwicklung einer persönlichen Gastgebereigenschaft
  • Verständnis für interkulturelle Gepflogenheiten
  • Wein- und Käseverprobung
  • Teamführungsausbildung
  • Kritikgespräche
  • Behandlung von Kundenbeschwerden
  • Gesetzliche Grundlagen und Flugzeitlimits

Das Wichtigste jedoch sind nicht Service oder Bordverkauf. Das A und O in diesem Beruf ist die Krisenfestigkeit, das Durchsetzungsvermögen bei einer verzugslosen Evakuierung in einer unvorhergesehenen Notlage samt Paniksituation. Allen Airlines ist bewusst: Je schneller die Menschen im Notfall aus der Sardinenbüchse kommen, desto mehr Überlebende wird es geben. Für dieses Programm investiert zum Beispiel Singapore Airlines 15 Wochen. Da ist dann allerdings neben dem knochenharten Drill noch ein Schminkkurs für die weibliche Besatzung dabei.

Falls sich der eine oder andere Leser schon einmal durch die 200-seitige Betriebsanleitung seines Neuwagens durchgearbeitet hat, mag er eine Vorstellung davon bekommen, was ein Flugbegleiter m/w/d zu bewältigen hat, wenn er sich für die Musterzulassung in die komplexe Bordtechnik mit Wasser, Abwasser, Heizung, Lüftung, Audio- und Entertainmentsystemen, Bordküche, Versorgungs- Rettungs- und Erste Hilfe Systemen einarbeiten muss. Wenn der normale Erdbürger seinen neuen Opel geschrottet hat, steigt er aus. Wenn die Boeing oder der Airbus einer Airline unversehens gecrasht ist, müssen die Flugbegleiter innerhalb von 90 Sekunden ein Flugzeug mit 100, 200 oder 350 Passagieren evakuieren, womöglich einen Brand bekämpfen und Verletzte versorgen. Und wenn das alles im Meer passiert, müssen die Passagiere in Flöße geladen werden.

Das sind dann dieselben Stewardessen, die zuvor von betrunkenen Hooligans auf dem Weg zum Saufurlaub, von Fußballfans und Autoposern, die außer den PS und dem Hubraum ihrer Penisprothesen nichts im Kopf haben, als Saftschubsen verunglimpft wurden. Sie ertragen dann auch noch mit freundlichem Gesicht Sprüche wie „Ich will noch ein Bier. Hab schon fünfmal geklingelt!“

Und weil ich weiß, dass ich auch in Airline-Führungsetagen gelesen werde, noch ein Wort an die Chefs: Behandelt die Flugbegleiter gut, denn sie sind das Interface zwischen Ihrer Airline und den Kunden. Die meisten Kunden wissen nämlich, dass sie eine Wahl haben.

Andreas Fecker