Luftpost 414: Flugboote 2 – Caproni Ca.60

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Foto: Andreas Fecker / airportzentrale.de

Giovanni Battista Caproni betrieb im letzten Jahrhundert eine Flugzeugfabrik, die sich auf große, schwere Bomber spezialisierte. Man kann sich fast nicht vorstellen, dass diese Ungetüme vom Rollfeld abhoben. Und doch trugen sie bereits im Jahr 1918 mit 1700 kg die größte damals denkbare Bombenlast. Doch das Ende des Ersten Weltkriegs zwang den Konstrukteur, sich zivilen Projekten zuzuwenden. Im Alter von 27 Jahren entwarf er ein Flugzeug, das 100 Passagiere über den Atlantik bringen sollte. Er war davon überzeugt, Italien und Europa schneller und einfacher erschließen zu können, wenn man Flugboote baut, die unabhängig von einer landgebundenen Infrastruktur operieren könnten. 1920 baute er einen großen Hangar am Ufer des Lago Maggiore und begann, seine kühnen Pläne zu verwirklichen.

Die Kunde verbreitete sich weltweit. 1920 besuchte der amerikanische Botschafter Robert Underwood Johnson die Fabrik und besichtigte das fast fertiggestellte Flugboot. Er bestärkte den mutigen Konstrukteur darin, einen Welthit zu landen. Im Januar 1921 erfolgte der erste Test der vorderen von acht Motoren, um Schwingungen und Vibrationen zu messen, die die Struktur gefährden könnten. Alles lief zufriedenstellend, auch der Test der hinteren Motoren drei Tage später. Die Ca.60 stand kurz vor dem ersten Testflug als damals größtes Flugboot der Welt. Acht Mann Besatzung, neun Tragflächen mit einer Spannweite von 30 m und einer Oberfläche von 750 m², acht Motoren mit je 400 PS, 25 Tonnen schwer war der Dreidecker. Er sollte seine hundert Passagiere 660 Kilometer weit transportieren können. Das entspricht etwa der Entfernung von Genua nach Neapel. Am 12 Februar beschleunigten Testpilot Semprini das Monstrum auf der glatten Oberfläche des Lago Maggiore. Der Jungfernflug verlief ohne Zwischenfälle, das Flugboot ließ sich problemlos steuern. Am 4. März fand der zweite Flug statt. Bei einer Startgeschwindigkeit von 110 km/h stellte sich die Ca.60 steil nach oben, Semprini verringerte die Leistung der Motoren, das Heck senkte sich, das Flugboot krachte aus 20 m zurück aufs Wasser und wurde stark beschädigt. Giovanni Caproni war in einem Auto zu dem Testflug angereist, hatte sich aber verspätet, weil Wasser in den Benzintank seines Fahrzeugs geraten war. So konnte er nur die Trümmer seiner Arbeit sehen.

Caproni Ca.60 Transaereo 1920 – Foto: Fecker Archiv / gemeinfrei

Nach dem ersten Schock und einem Wutanfall beschloss er, das Boot zu reparieren. Doch als bei Schweißarbeiten ein Brand ausbrach, der das Heck zerstörte, überwand er die weitere Enttäuschung nicht und stellte die Arbeit ein. Zu groß, zu schwer, zu instabil.

Auch ich baute einst für meine Kinder eine Autofähre. Aus Holz. Sie sollte nicht fliegen, nur schwimmen. In der Badewanne. Doch die Aufbauten waren einfach zu schwer, sie drückten das Autodeck unter Wasser, die Matchboxautos schwammen davon. Die Kinder, die dem tagelangen Bau der Fähre mit Ungeduld und Spannung beigewohnt hatten, weinten vor Enttäuschung. Aber wenigstens fing die Fähre nicht auch noch Feuer.

Andreas Fecker