Luftpost 410: Flugboote 1 – Do-X

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Andreas Fecker – Foto: Bildarchiv Fecker / Jörg Adam

Claude Honoré Désiré Dornier wurde 1884 in Kempten als viertes von sieben Kindern geboren. Sein Vater war Franzose, weshalb Claude die französische Staatsbürgerschaft hatte. Die Eltern betrieben eine Weinhandlung in Kempten. Nach dem Abitur am Humanistischen Gymnasium Kempten studierte Dornier Maschinenbau. Als Diplom-Ingenieur arbeitete er für verschiedene Firmen in Baden-Württemberg. 1910 wurde Ferdinand Graf von Zeppelin auf den jungen Ingenieur aufmerksam. Er setzte sich für seine Einbürgerung ein. Dornier erfand die drehbare Zeppelinhalle und erhielt auch das Patent darauf. Zeppelin und sein begabter Schützling erkannten, dass die Luftschiffe eines Tages den Flugzeugen unterlegen sein würden. 1914 ließ sich Dornier von Graf Zeppelin ausgliedern und richtete am Bodenseeufer ein Konstruktionsbüro ein, um sich fortan der Planung von Flugbooten zu widmen. Schon 1915 wurde das erste Riesenflugboot auf Kiel gelegt. Mit 45 m Spannweite war die Rs I das größte Flugzeug der Welt. Doch ein Sturm zerstörte es vor dem ersten Startversuch. Die viermotorige Rs II folgte im Jahr darauf. Auch sie blieb ein Unikat. Die ebenfalls viermotorige Rs III wurde 1918 nonstop vom Bodensee nach Norderney geflogen. Dort wurde sie ausgiebig getestet mit Zuladung von 3400 kg und 12 Stunden Dauerflug. Die Rs IV war dann 2018 das letzte Flugboot aus dieser Serie. 1922 entstand das erste Erfolgsflugzeug, die Dornier Wal. Sie fasste bis zu zehn Passagiere, hatte eine Reichweite von 600 km. Mehr als 250 Exemplare wurden gebaut, das Flugzeug konnte sowohl vom Wasser, als auch von einem Schiffskatapult gestartet werden. Die Wal flog Luftpost zwischen Afrika und Südamerika, sie wurde zu Forschungszwecken in der Antarktis wie in Nordgrönland und Spitzbergen geflogen und leistete der Niederländischen Marine Dienste in Indonesien.

Das Riesenflugboot „Do X“ startet zum ersten Europa- und Amerika-Flug!
Die riesige Motorenanlage des Flugbootes „Do X“ mit den 12 Jupiter-Curtis-Wright-Motoren in einer Gesamtstärke von 6.600 P.S., welche dem Flugzeug eine Stundengeschwindigkeit von über 200 km. geben. – Foto: Bundesarchiv

Schließlich lief das größte Flugzeug der Welt vom Stapel, die Do-X. Der Gigant hatte 12 Motoren! Ihre Besatzung bestand aus 10 bis 14 Mann, sie war für 166 Passagiere bestuhlt. 40 m lang, 10 m hoch und mit einer Spannweite von 48 m. Im November 1930 startete die Do-X vom Bodensee zu einer Atlantikumrundung von Europa nach Afrika, Süd- und Nordamerika. Die Route führte den Rhein abwärts nach Amsterdam, auf dem Atlantik über Calshot, Bordeaux und La Coruña nach Lissabon, hinüber zu den Kanarischen Inseln, an der afrikanischen Küste entlang und über den Atlantik nach Südamerika. Ende Juni 1931 erreichte die Do-X Rio de Janeiro. Von dort flog sie nach New York, wo sie für einige Monate von Tausenden Menschen bestaunt wurde. Im Mai 1932 flog sie nach Deutschland zurück und setzte in Berlin auf dem Müggelsee in einer Wolke von Gischt auf. Das Flugboot hatte eine Strecke von 43.500 km zurückgelegt.

Doch wenn Claude Dornier danach glaubte, das Aufsehen, das dieses fliegende Riesenschiff erregt hatte, wäre der Durchbruch für die Serienproduktion, so sollte er sich irren. Er blieb auf seinen drei Prototypen sitzen. Die Welt war noch nicht reif für ein Flugzeug, das für über hundert Passagiere konzipiert war und den Luxus einer Zeppelingondel aufwies, vom Porzellan bis hin zum Perserteppich auf dem Boden. Wie leistungsfähig die Maschine war, bewies der Konstrukteur, als er 1929 zu einem Testflug 170 Passagiere in das Flugzeug lud und zu einem Werkstattflug abhob. Solche Passagierzahlen wurden erst 40 Jahre später zur Normalität. Dornier übereignete die Do-X der Luft Hansa, doch auch diese hatte im Liniendienst keine Verwendung für das riesige Flugboot und überreichte es der Versuchsanstalt für Luftfahrt. Die beiden anderen Do-X gingen nach Italien zur Aeronautica Militare.“

Die 1929 fertiggestellte zwoelfmotorige Dornier Do X war zu dieser Zeit das groeßte Flugzeug der Welt.
Foto: Deutsche Lufthansa AG / 1929
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Die Do-X hatte eine Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h und eine Reichweite von 2.800 km. Die Besatzung bestand aus einer 14-köpfigen Crew, ungefähr so viel wie heute in einem Jumbo. Das Flugboot hatte drei Decks: Das Oberdeck mit Arbeitsplätzen für Piloten, Navigator, Bordingenieur, Funker und Hilfsmaschinenraum, das Hauptdeck für die Passagiere, das Gepäck und die Fracht sowie das Unterdeck mit den Kraftstofftanks und weiteren Aggregaten.

Die Firma Dornier wurde 1985 von Daimler-Benz gekauft, 1996 weiterveräußert an Fairchild. 2002 wurde Fairchild-Dornier insolvent. Das war das Ende einer großen Firma. Aber der Name Dornier ist untrennbar mit Rekorden und Pionierleistungen in der Luftfahrt verbunden. Heute ist Dornier Teil von Airbus.

Andreas Fecker