Luftpost 371: Unfassbar

Werbung
Foto: Andreas Fecker / airportzentrale.de

Meine Geschichte über die Rettungsaktion von Jessica im Jahr 1982 wurde in der ersten Woche nach Erscheinen im Jahr 2015 ca. 20.000-mal aufgerufen. Sogar die Bundeswehr druckte die Story in einer Monatszeitschrift ab. Ein Militärdekan machte sie zum Gegenstand seiner Weihnachtspredigt. Ein Filmproduzent aus Berlin plante, die Geschichte zu verfilmen. Er kam sogar ins Allgäu und besuchte mich bei seiner Recherche. Mit seiner Bitte um Unterstützung durch die Bundeswehr scheiterte er jedoch im Verteidigungsministerium. „Wollen Sie der Welt erzählen, wie gut mir einmal waren? Heute wäre das nicht mehr möglich. Dem stünden unter anderem die Arbeitszeitverordnung entgegen, von Auflagen des Bundesrechnungshofes und möglichen Regressforderungen ganz zu schweigen. Wir hatten damals noch eine andere Bundeswehr.“ Sechs Jahre später sind die Aufrufe dieses Artikels im Luftpost-Archiv gerade mal im einstelligen Bereich.

Ganz im Gegensatz zu meinem Beitrag unter dem Namen „Roger, Robert und Romeo„, der nur drei Wochen später erschien. Der startete langsam mit ca. 250 Aufrufen pro Woche. Tendenz steigend. Seit sechs Jahren geht das so. Mittlerweile ist er bei 700 wöchentlichen Aufrufen! Was ist so besonders daran? Vermutungen und Kommentare hier oder per Email sind willkommen.
Andreas Fecker

3 Antworten zu “Luftpost 371: Unfassbar”

  1. Markus sagt:

    Lieber Andy,

    ich lese Deine Luftpost seit Jahren, primär aus Luftfahrtinteresse. Die Geschichte von Jessica hat mich schwer beeindruckt. Die Zeit, aus der diese Geschichte stammt, ist was ich als „mein Deutschland“ kannte. Jenes Land mit dem ich mich identifizieren konnte. Eine Aktion purer Menschlichkeit von einem Deutschland, auf das ich stolz sein konnte, stolz darauf ein Teil davon zu sein.
    Dass ich lese, dass dies heute nicht mehr ginge, passt voll in mein „Weltbild“ des heutigen Deutschlands. Germany heute ist „Mainstream“, „nur nicht anecken“, „nur nicht klar positionieren“, ein Deutschland voller „zäpfchenförmiger Führungspersönlichkeiten“ und „Mastdarmakrobaten“. Vielleicht liegt das auch daran, dass in Berlin heutzutage mehr Gleitcreme als Zigarren gebraucht werden. Ein Deutschland voller weichgespülter Softies, die für nichts mehr einstehen. Zum Kotzen.
    So eine Aktion würde im Keim „totgerechnet“ und in den Medien zum Brechreiz verwurstet. Es wird völlig verkannt, dass dies quasi „eh da Kosten“ sind, die im Einsatz für ein Menschenleben vorgezogen werden. Menschen, die bereit sind, eine Extrameile zu gehen um etwas Gutes zu tun, ohne einen direkten Nutzen daraus zu haben. Sowas wird heute offenbar nicht mehr gebraucht.
    Aus den heutigen Politikskandalen gelernt könnte man auch sagen, dass das natürlich noch geht, jedoch eben nur wenn anschließend dem „Entscheider“ ein Vorteil – im wahrsten Sinne des Wortes – ins Haus oder besser in die Villa stünde, oder eben der nächsthöhere Posten – oder besser gesagt Pfosten. Herzlichen Glückwunsch Deutschland. Event verloren, Besserung ausgeschlossen.
    Ich war mir sicher, dass ich bis hier drei Infarkte haben würde. Nun ja, gute Besserung Deutschland. Vielleicht gibt’s ja bald eine Spritze für eine Gesellschaft mit „mehr Ecken, Kanten und Eiern“.

    Markus

    • Andreas Fecker sagt:

      Hi Markus
      ich verstehe Deinen Frust. Wir haben über Jahrzehnte auf andere Länder geschaut und waren uns sicher, das ist in Deutschland nicht möglich. Trotzdem habe ich über viele Jahre davon geträumt, eines Tages auszuwandern. Venezuela, Argentinien, Brasilien, Südafrika, USA, Australien. Aber siehe da, aus klimatischen, gesundheitlichen, politischen, hygienischen Gründen kommt heute keines dieser Länder mehr in Frage. Wir mögen unsere bürokratischen Probleme haben, und ethisch sauber geht es bei uns auch nicht mehr zu. Aber ich bin froh, dass wir hier leben. Wir werden von vielen Ländern der Welt dafür beneidet. Trotz BER.
      Andy

  2. Andreas Fecker sagt:

    Mit Genugtuung darf ich lesen, dass Frau Juliane Diller (geb. Juliana Koepcke) für ihre Arbeit im peruanischen Regenwald das Bundesverdienstkreuz erhalten hat. Zur Erinnerung nochmal den Link zu der dramatischen Geschichte über sie.
    Peruanische Weihnachtsgeschichte.