Luftpost 336: Benfica, was für ein Hundeleben!

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Benfica, ein Hund in Beja. – Foto: Wolfgang Liedke

Vorneweg die Geschichte, dann kommen die Zeitzeugen zu Wort. Es gibt da in Portugal einen Militärflughafen namens Beja (gesprochen: Bescha). Der wurde 1964 eröffnet und es hatte im Kalten Krieg etwas mit dem Strategiewechsel der NATO von der „Massive Retaliation“ zur „Flexible Response“ zu tun. Intelligente Menschen können sich darauf ihren Reim machen, auch wenn sie damals noch gar nicht geboren waren. Portugal war einfach zu weit weg vom Eisernen Vorhang, und die dort stationierten Flugzeuge waren außer Reichweite von sowjetischen Raketen. Die deutsche Luftwaffe stieg damals dort mit eigenen Flugzeugen als Trainingsstandort ein.

Zum Betrieb der deutschen Jets wurden natürlich Techniker gebraucht, ein Nachschub, eine Küche, eine Verwaltung und ein Stab. Dieses Personal wohnte nicht auf der Basis, sondern im Ort Beja, einer Stadt mit 30.000 Einwohnern in der Region Unteres Alentejo. Zwischen der Luftwaffenbasis und der Stadt betrieb die Bundeswehr einen Pendelbus, der das Personal nach einem festen Fahrplan von und zum Schichtdienst zwischen Stadt und der Basis brachte. Während meiner Zeit auf dem Tower in Beja um das Jahr 1981 hörte ich von einem Hund, der offenbar ein ausgeprägtes Zeitgefühl hatte, denn er war morgens zur Abfahrtzeit in Beja an der Haltestelle und fuhr mit zur Basis. Abends nahm er den letzten Bus wieder nach Hause. Der Hund hörte auf den Namen „Benfica“. Ich beschloss, über ein Kameradschafts-Portal ehemalige Soldaten von Beja zu kontaktieren und mir die Geschichte über den schlauen Wauzi aus erster Hand erzählen zu lassen. Das Echo war überwältigend. Hier sind die Reaktionen:

Harry P.: Es waren zwei Hunde, Benfica (Beni) und Frieda. Fast täglich zur gleichen Zeit kamen sie zum Bus und fuhren mit zur Basis und nach Feierabend wieder zurück nach Beja. Doris W., Rainer G. und Hari D. bestätigen unisono: Die Geschichte kenne ich auch noch. Benfica und Frieda waren täglich mit dem Bus unterwegs.

Reinhard O.: Benfica war der größere von zwei Hunden, die auf der Basis herumliefen. Nach der Rückkehr gab es im Uffz-Heim für ihn ein hart gekochtes Ei (mit Pelle).

Erwin V.: Benfica hat es sogar geschafft, einmal mit der Transall nach Landsberg und zurück zu fliegen! Dieter H. fügt hinzu: Und bei Start und Landung war er angeschnallt.

Benfica und Frieda – Foto: Eckhard Pelchen
Benfica und Frieda – Foto: Eckhard Pelchen

Rainer R.: Ich wurde 1967 nach Portugal zum Truppenarzt ZDVP versetzt. Da ich der jüngste Dienstgrad war, fuhr ich mit dem KRKW mindestens zweimal im Monat nach Beja, da bin ich dann auch auf den bereits ausgewachsenen Benfica gestoßen. Er wurde von dem Stuffz H. und dem OGefr. aus der Truppenküche versorgt. Abends gab es dann in unserer „Bar“ unter dem Speisesaal gekochte Eier mit Schale, der Hund pellte sie mit Genuß aus der Schale. Am Wochenende im Sommer ging es nach Lagos, natürlich mit Benfica. Da bevorzugte er am Strand die weißen Handtücher junger Damen und konnte richtig böse blicken, wenn er gestört wurde. Abends kam er mit in den Ort und bei Nacht mit ins Zelt, angebunden am Mittelpfosten. Wenn er dann nicht wollte, hat er schon mal das ganze Zelt mitgerissen und über den Campingplatz geschleift. Wenn auf der Basis Jagd gegen streunendes Getier angesetzt war, bekam Benfica ein rot-weißes Klebetape um Hals und Stummelschwanz, damit er nicht aus Versehen abgeschossen wurde. 1970 wurde ich zurückversetzt und mein Freund L.D. übernahm Benfica.  L.D. hat ihn sogar beim Amt angemeldet und die Steuermarke gekauft.

Hans S.: Wenn Beni im Uffz-Heim von jemandem ein Ei zugeworfen wurde, ließ er es grundsätzlich erst einmal zu Boden fallen. Das war nicht immer so, anfangs schnappte er es sofort auf, bis, ja bis ihm jemand das Ei mit Piri-Piri innen würzte. Danach ließ er alles, was ihm an Essen zugeworfen wurde, erst einmal zu Boden fallen. Den Grund könnt ihr euch ja wohl denken.
Beni hatte noch eine Besonderheit, im Gegensatz zu dem stationierten Personal, mochte er kein Bier. Womöglich wurde er einmal mit Bier abgefüllt, und das hat eine bleibende Erinnerung hinterlassen. Wenn Beni mal zu nahe zum Tisch kam und das war gerade nicht gewollt, braucht man ihm nur eine Bierflasche hinzuhalten. Allein der Geruch zeigte Wirkung und Beni verzog sich.

Wolfgang L.: Der Hund war ein Rüde und hieß Beni. Er ist abends meist mit dem letzten Bus von der Air Base in die Stadt mitgefahren. Morgens stand er im Eingangsbereich vor dem „Deutschen Haus“ und wartete, bis der letzte Fahrgast eingestiegen war. Dann sprang er in den bus und fuhr mit uns zurück zur Basis. Beni hatte auch eine Freundin. Sie hieß Frieda und war wesentlich kleiner als er. Ich habe auch noch irgendwo ein Foto, auf dem er drauf ist. Leider kein besonders scharfes.

Horst B.: Hallo liebe Ex-Bejaner, Benfica und Frieda waren ein gutes Gespann. Frieda kam aber erst später dazu. Sie wohnte über Nacht im Bairo Rua Antonio Sardinha Block 8 und schlief über Nacht im 1. Stock auf der Fußmatte. Wenn sie einem portugiesischen Mopedfahrer mit lautem Gebell nachlaufen konnte, wartete sie auf Lob. Noch mehr verließ sie sich auf ihren Geruchssinn. Wenn ein Fremder vor Block 8 vorbeiging, näherte sie sich von hinten und zwickte ihn in die Waden. Uns kam sie immer freundlich gesinnt entgegen. Die Kinder liebten sie. Wohl durch einen Tritt hatte Frieda die Zähne des Unterkiefers schräg stehen. Auch erinnere ich mich an Benfica im Kartoffelkeller auf der Basis. Er fing die Zuckertüten, die er zugeworfen bekam, die schluckte er sofort. Wenn die Teetrinker die Zitronenscheibe warfen, ließ er diese auf den Fußboden weiterfliegen. Im Hundehimmel werden sich die beiden sicherlich an die freundlichen Kinder erinnern, bei unseren Kindern sind sie jedenfalls in bleibender Erinnerung. 

Wolfgang L.: Horst, ich glaube du liegst da etwas falsch. Der kleine, kinderfreundliche „Wachhund“ der Rua Sardinha mit dem schiefen Gebiss hieß Fiffi. Rosi K. hat sich viel um ihn gekümmert.

Heinz O.: Ich glaube, die Geschichte von Benfica kennt keiner besser als ich. Ich war 1966 derjenige der in fand. Auch war der Hund unser bester Verpflegungsteilnehmer, lag ständig vor der Küche, bis wir uns entschieden hatten, ihn offiziell mit dem Namen Benfica anzumelden, samt ärztlicher Untersuchung. Von da an war er unser allerbester Freund und es freut mich immer sehr, wenn ich Berichte über Beni lese.

Da sage doch einer, Soldaten wären hartherzig und hätten kein Gefühl für die Welt um sie herum! Dank an alle Freunde aus dem Bejatreff, dass ihr euere Erinnerungen geteilt habt!

Zusammengetragen und aufbereitet von
Andreas Fecker

8 Antworten zu “Luftpost 336: Benfica, was für ein Hundeleben!”

  1. Wolfgang Zimber sagt:

    Lieber Andy
    was für eine herrlich amüsante Geschichte.
    Als Portugal Aficionado bin ich natürlich begeistert.
    Grüsse Wolfgang

  2. Uwe Ahrens sagt:

    Vielen Dank, dass ihr das Thema Beja aufgegriffen habt. In unserer Facebookgruppe der Altbejaner hat man die meisten Geschichten zusammengetragen und ich glaube, man freut sich dort ebenfalls über diese Geschichte. Es gibt noch sehr viel mehr über Beja zu erzählen, eine Auswahl findet man in http://www.portugalforum.de im Beja Teil unter Geschichten damals und heute. Schau doch mal rein. Viele Grüße, Uwe Ahrens, S2 in Beja von 1986 bis 1991.

  3. Götz Posnanski sagt:

    Hallo Horst B. und Wolfgang L. , Wolfgang, du hast Recht. Der kleine war Fiffi. An einem Sonntag hatten wir ihn mit viel Mühe in unser Auto gelotst um ein paar Stunden an den Guadajana zu fahren. Das Autofahren hat Fiffi überhaupt nicht gefallen – er hat ziemlich rumgetobt. Fiffi war auch der Grund, warum wir uns dann einen eigenen Hund (Chico) noch zu Bejaner Zeit angeschaft haben.

  4. Sérgio Estreitinho sagt:

    Mein Vater hieß Antórnio Joaquim Estreitinho und hat 1968 auf der Base Aerea de Beja als Zimmermann gearbeitet. Wurde da gerade was ausgebaut? Könnt ihr euch an Portugiesen, die damals im Militärflughafen arbeiteten erinnern?
    Sérgio Estreitinho

  5. Eckhard Pelchen sagt:

    Eckhard P.: Zufällig habe ich diese Seite gesehen und mich über die Einträge amüsiert. 1974 hat das Jabo G 36 Rheine Truppenteile nach Beja verlegt. Ich durfte 9 Wochen dabei sein und habe in dieser Zeit Benfica und Frida kennengelernt. Über zwei Erlebnisse kann ich mich auch nach so langer Zeit noch sehr gut erinnern.
    Wenn abends der erste Bus nach Beja fuhr, war Benfica öfters dabei. An der ersten Haltestelle in Beja stieg er aus und machte seinen eigenen Stadtrundgang. Spät abends trudelte er irgendwann im Deutschen Haus ein und legte sich mitten in den Gang schlafen. Die Bedienungen mussten um ihn herum gehen oder über ihn hinweg steigen. Kaltgetränke sind zum Glück nicht verschüttet worden. Um nicht den letzten Bus zurück zur Basis zu verpassen, musste man bei dem Geräuschpegel aufmerksam horchen oder nachsehen, ob der Bus schon vor der Tür auf die letzten Heimkehrer wartete. Irgendwann hatten wir es kapiert. Wenn Benfica aufstand und nach draußen ging, war der Bus da.
    An einem Wochenende fuhren wir mit zwei Bussen (ca. 70 Personen und Benfica) nach Lissabon. Dort angekommen, trennten wir uns und erkundeten in kleinen Grüppchen die wunderbare Stadt. Keiner hatte Benfica an diesen zwei Tagen gesehen. Aber rechtzeitig zur Rückfahrt war Benfica wieder am bzw. im Bus.
    Ich habe noch zwei Fotos von Benfica und Frida. Kann aber die Dateien nicht an diesen Kommentar hängen. Gibt es eine andere Möglichkeit, diese Dateien zu senden?

  6. Andreas Fecker sagt:

    Lieber Eckhard, Danke für die Fotos von Benfica und Frieda!