Luftpost 315: „Happy Birthday to you“

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Foto: Fecker

COVID-19 hält die Welt in Atem. Wie einst der 11. September 2001 über uns hereinbrach und das tägliche Leben verändert hat, so beeinflusst das Corona Virus jetzt schon unseren Alltag. Keine Seite in der Zeitung, auf der man nicht über neue Fälle und Verhaltensratschläge liest, keine Nachrichtensendung, kein Newsletter ohne die neuesten Meldungen über den unsichtbaren Störenfried, der ganze Volkswirtschaften abschnürt, Fußballfeste verhagelt und die Menschen verunsichert. Jeder Staat, ja sogar jedes Bundesland hat seine eigenen Pläne, die – teilweise halbherzig – umgesetzt werden, um die Ausbreitung einzudämmen. Immerhin werden jetzt in fast allen Bundesländern die Schulen für die nächsten vier bis sechs Wochen geschlossen. Die Schulschließung geht nahtlos in die Osterferien über.

Das trifft natürlich die Eltern und bringt das öffentliche Leben weiter zum Erliegen. Denn dazu gehören zum Beispiel die Polizei, die Feuerwehr, die Gesundheitsdienste und Krankenhäuser, die öffentliche Versorgung und, und, und. Neue Arbeitszeitmodelle wie Home-Office werden durchgepeitscht. Bundeskanzlerin, Gesundheitsminister und Robert-Koch-Institut raten außerdem, auf nicht notwendige Reisen zu verzichten und soziale Kontakte einzuschränken. Der Flugverkehr zwischen Europa und den USA kommt nun praktisch auch zum Erliegen, nachdem Präsident Trump einen Einreisestop für Europäer verfügt hat. Wenn diese Krise vorbei ist, werden weltweit einige Airlines vom Markt verschwunden sein. Die Alitalia dürfte dazugehören, falls sie nicht im letzten Moment noch verstaatlicht wird.

Ältere Menschen werden nicht gerade beruhigt sein, seit sie erfahren haben, dass ihre Altersgruppe besonders gefährdet ist. So wird Eltern gar geraten, ihre Kinder in nächster Zeit nicht zu Oma und Opa zu bringen, wenn diese über 65 sind und Vorerkrankungen im Herz-Kreislaufbereich hatten. Kinder gelten als stille Überträger. Die Schweiz verbietet explizit, Kinder in Quarantäne von Personen über 65 betreuen zu lassen. Fast überall sind Besuche in Altenheimen und Krankenhäusern ab sofort verboten.

Reisende, die per Flugzeug oder Schiff aus China, dem Iran, Italien, Japan oder Südkorea in Deutschland einreisen, müssen vor Verlassen des Flugzeuges Angaben zu Flug/Fahrt und zur persönlichen Erreichbarkeit für die nächsten 30 Tage nach Ankunft mittels Aussteigekarten (Passenger Locator Cards = PLC) machen.

Für Bahnreisende im öffentlichen Personenfern- und Regionalverkehr gilt außerdem eine Verfügung der Bundespolizei: COVID-19-Verdachtsfälle sind durch die Bahn unverzüglich dem Führungs- und Lagedienst der Bundespolizei melden. Im Verdachtsfall müssen Reisende in diesem Zug die „Aussteigekarte Bahnverkehr“ ausfüllen. Sie sind den Reisenden im Bedarfsfall auszuhändigen.

In China und Südkorea wird eine staatlich geförderte Smartphone App angeboten, die mit Hilfe von Überwachungs- und Bewegungsdaten Bürger warnt, wenn sie Kontakt mit Corona-Infizierten haben oder hatten. George Orwells düsterer Zukunftsfilm „1984“ war dagegen ein Kindergeburtstag. Andererseits muss man anerkennen, dass in China und Südkorea die Neuinfektionen zurückgehen. Bei uns nehmen sie zu. Der Preis für die Freiheit und den Datenschutz.

Ein Gutes hat die Krise: Endlich lernen wir, wie man seine Hände richtig wäscht. Statt die Eieruhr zu stellen, soll man zweimal Happy Birthday singen während man die eingeseiften Hände reinigt. Kerzen braucht man danach keine auszublasen. Aber ein Blick in die Tageszeitung von Bergamo zeigt das Ausmaß der Gefahr!

Andreas Fecker