In Hamburg startet die Zukunft: Luftfahrt wird fit für Wasserstoff gemacht

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Foto: Simon Pannock

Die Luftfahrtbranche in Hamburg bereitet sich auf das Fliegen mit Wasserstoff vor. Dazu ist nun der Startschuss für den Aufbau einer neuen Entwicklungsplattform gefallen. Gefördert von der Hansestadt wird Lufthansa Technik zusammen mit dem DLR, dem ZAL sowie dem Hamburg Airport in den kommenden zwei Jahren umfangreiche Wartungs- und Bodenprozesse im Umgang mit der Wasserstofftechnologie konzipieren und erproben. Dazu wird auf der Hamburger Lufthansa-Technik-Basis ein Flugzeug der Airbus-A320-Familie zum stationären Labor umgebaut.

Flüssiger Wasserstoff (LH2) wird in den Entwicklungsabteilungen der großen Flugzeughersteller immer konkreter als nachhaltig produzierbarer Kraftstoff für zukünftige Generationen von Verkehrsflugzeugen ins Auge gefasst. Um die Auswirkungen des Einsatzes von LH2 auf Wartungs- und Bodenprozesse schon frühzeitig zu untersuchen, bündeln Lufthansa Technik, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL) und der Hamburg Airport nun ihre umfangreiche praxisnahe und wissenschaftliche Expertise. Ziel ist es, gemeinsam einen zukunftsweisenden Demonstrator zu entwickeln und ab 2022 zu betreiben.

Als drittgrößter Luftfahrtstandort der Welt fördert die Freie und Hansestadt Hamburg das Forschungsvorhaben mit dem größten einzelnen Posten aus ihrem Sonderprogramm zur Dämpfung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Luftfahrtbranche.

„Hamburg ist nicht nur einer der drei größten Luftfahrtstandorte der Welt, im vergangenen Jahr hat die Hansestadt auch die klare Vision entwickelt, zu einer bedeutenden Wasserstoff-Metropole zu werden“, erklärte Michael Westhagemann, Senator für Wirtschaft und Innovation der Freien und Hansestadt Hamburg. „Ich sehe es daher als einen ebenso logischen wie erfreulichen Schritt an, diese beiden Kernkompetenzen der Hansestadt miteinander zu kombinieren. Der Hafen, die Energiewirtschaft, die Industrie und der gesamte Mobilitätssektor sind eingebunden und bereiten sich auf diese wegweisende Technologie vor. Mit diesem Vorhaben leisten wir nun auch einen essentiellen Beitrag zur Transformation der Luftfahrt zu einer klimaneutralen Mobilitätslösung der Zukunft. Klares Ziel ist der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft am Standort Hamburg, die international eine Spitzenposition einnimmt.“

Ziel der Partner ist es, in der ersten Phase des Projekts bis Ende 2021 die dringendsten Entwicklungsfelder für die genauere wissenschaftliche Betrachtung zu identifizieren und auf dieser Basis das Konzept für die anschließende praktische Erprobung auszuarbeiten. Die praktische Umsetzung des Konzepts beginnt ab Anfang 2022 und sieht die Modifikation eines ausgemusterten Flugzeugs der Airbus-A320-Familie vor. Dieses wird mit einer LH2-Infrastruktur ausgestattet, um auf der Hamburger Lufthansa-Technik-Basis als voll funktionsfähiges Reallabor zu fungieren. Parallel dazu entsteht beim DLR eine virtuelle Umgebung, mittels der eine digitale und hochgenaue Abbildung der zuvor festgelegten Entwicklungsfelder erreicht werden soll. Die neue Entwicklungsplattform soll durch parametrierte und hochgenaue virtuelle Modelle Impulse für den Design-Prozess der nächsten Flugzeuggeneration liefern.

Lufthansa Technik wird vor diesem Hintergrund vor allem seine große operative Expertise bei der Instandhaltung und Modifikation von Verkehrsflugzeugen in das Vorhaben einbringen und kann durch den engen Kontakt zu Airlines auf der ganzen Welt auch die Kundenperspektive einfließen lassen. Das DLR wird seine langjährige und sektorübergreifende Erfahrung mit Wasserstoff ergänzen und den Schwerpunkt auf die Entwicklung der virtuellen Umgebung legen. Das ZAL beteiligt sich darüber hinaus mit seinem großen Know-how auf dem Gebiet der Brennstoffzellentechnik und deren digitaler Prozessabbildung. Der Hamburg Airport als assoziierter Partner wird vor allem seine Erfahrungen aus der Betreibersicht beisteuern, beispielsweise in der Definition von Anforderungen an den Bodenabfertigungsprozess zukünftiger LH2 betriebender Flugzeuge.

„Die Transformation unserer Branche hin zum klimaneutralen Fliegen ist alternativlos. Mit diesem Projekt wollen wir diese enorme technologische Herausforderung, auch für die MRO-Industrie, schon frühzeitig angehen. Damit betreiben wir aktive Zukunftssicherung, weil wir schon heute Know-How für die Wartungs- und Bodenprozesse von übermorgen aufbauen“, erklärte Dr. Johannes Bußmann, Vorstandsvorsitzender der Lufthansa Technik AG. „Ich bin daher froh, dass uns bei diesem Vorhaben ein Schulterschluss mit starken Partnern gelungen ist. Für die Weitsicht der Stadt Hamburg und die großzügige Förderung dieses Vorhabens bin ich sehr dankbar.“

„Die Flugzeuge der Zukunft sind leichter, effizienter und fliegen mit alternativen Antriebskonzepten. Wasserstoff wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Wir müssen rechtzeitig detailliert lernen, welche Anforderungen der Realbetrieb mit Wasserstoff am Boden für Flugzeuge und Wartung bereithält“, sagte Dr. Markus Fischer, DLR-Bereichsvorstand Luftfahrt. „Mit diesen Daten und Erfahrungen entwickeln wir im Projekt digitale Modelle für Bodenprozesse. Diese digitalen Prozess-Zwillinge können dann direkt im Entwurf zukunftsweisender und gleichzeitig praktikabler Flugzeugkonfigurationen eingesetzt werden.“

„Die Entwicklung eines Reallabors und digitalen Zwillings ist ein wichtiger Baustein von Hamburgs Green Aviation Technology Roadmap. Diese wurde gemeinsam mit den Mitgliedern des Hamburg Aviation Clusters im letzten Jahr entwickelt, um Hamburgs Kompetenzen in Forschung und Entwicklung im europäischen Kontext zu stärken“, sagte Roland Gerhards, Chief Executive Officer der ZAL GmbH. „Wir danken der Stadt Hamburg für die Unterstützung, nun gemeinsam diese Standortstrategie zur Entwicklung zukünftiger LH2-betriebener Luftfahrzeuge umzusetzen.“

Michael Eggenschwiler, Vorsitzender der Geschäftsführung am Hamburg Airport, sagte: „Klimafreundliches Fliegen mit Wasserstoff-Technologie ist nur möglich, wenn auch die Infrastruktur am Boden optimal passt. Hier ist eine enge Abstimmung gefragt, und wir als Flughafen freuen uns, unser Know-how in diesem wichtigen Projekt beisteuern zu können: von Fragen der Lagerung über die Distribution bis hin zum Betankungsprozess auf dem Vorfeld. Auch am Flughafen setzen wir bei unseren Bodenverkehren auf Wasserstoff als Technologie der Zukunft. Dieses Projekt bietet uns die Chance, Synergieeffekte zwischen gasförmigem Wasserstoff, wie er beispielsweise für die Betankung unserer Gepäckschlepper genutzt wird, und flüssigem Wasserstoff für die Flugzeug-Betankung zu identifizieren und bestmöglich zu nutzen.“

Quelle: PM LH Technik