DLR: Deutscher Satellit soll Satellitenkommunikation smarter und flexibler gestalten

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Die Ansprüche an Kommunikationssatelliten wachsen so rasant wie die weltweite Kommunikation zunimmt. Daher müssen zukunftsfähige Kommunikationssatelliten mit sehr viel leistungsfähigeren Technologien arbeiten. Mit „Heinrich Hertz“ startet die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR am 16. Juni 2023 eine eigene nationale Kommunikationssatelliten-Mission, die nach mehr als 18 Jahren Abstinenz nationale Systemfähigkeiten auf diesem Gebiet wieder umfänglich demonstriert. Die Technologien an Bord sollen auf die künftigen Herausforderungen im Bereich der Satellitenkommunikation smart und flexibel reagieren und auch zukünftige Kommunikationsszenarien unterstützen können. Der 3.450 Kilogramm schwere und Kleintransporter große Satellit wird als eine von zwei Nutzlasten mit der letzten europäischen Ariane-5-Trägerrakete (Typ ECA) vom europäischen Raumflughafen in Kourou (Französisch-Guayana) seine Reise ins All antreten. Es ist der 117. Start der Ariane-5.

Mit Experimenten zur Kommunikations-, Antennen- und Satellitentechnik, die von deutschen Forschungsinstituten und Industrieunternehmen entwickelt und gebaut wurden bzw. werden, sollen diese Technologien nun im Weltall verifiziert beziehungsweise unter realen Einsatzbedingungen erprobt werden. Mit der Betankung des Satelliten vom 19. bis 24. Mai 2023 am „Centre Spatial Guyanais“ (CSG) ist die Mission dem Start nun einen bedeutenden Schritt nähergekommen. Nach seinem Start soll der Satellit 15 Jahre lang in einer Höhe von rund 36.000 Kilometern auf einem geostationären Orbit – er befindet sich also immer über der gleichen Stelle der Erdoberfläche – kreisen.

„Der Hamburger Physiker Heinrich Hertz war ein Pionier in der Kommunikations- und Medientechnologie. Ohne ihn wären Mobiltelefone, Fernsehen und Internet heute nicht denkbar. Die Heinrich-Hertz-Mission leistet ebenfalls Pionierarbeit. Wir schicken einen intelligenten Satelliten ins All, der Informationen selbstständig an Bord verarbeiten kann. Seine Instrumente können dann von der Erde aus flexibel an neue technische Ansprüche und Marktbedingungen angepasst werden. Im übertragenen Sinne wächst der smarte Satellit also im Weltraumeinsatz mit seinen Aufgaben“, betont Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstand und Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR. Auch die Stärke des Signals und die Bandbreite können im Orbit angepasst werden. Zudem kann Heinrich Hertz durch flexible Anpassung an bestehende Systeme aufgrund digital skalierbarer Bandbreiten, von Breitband- bis hin zu Schmalbandanwendungen, an neue Kommunikationsstandards angepasst werden.

Kommunikation neu gedacht

Daten empfangen und weiterleiten – darauf beschränkt sich die normale Arbeitsweise eines Kommunikationssatelliten. Doch wäre es nicht viel praktischer, wenn die eintreffenden Informationen bereits an Bord gefiltert und weiterverarbeitet werden könnten? Genau dafür ist der Heinrich-Hertz-Satellit zusätzlich mit kleinen Rechnern ausgestattet worden. Diese On-Board-Prozessoren sind neuartige Computer, die auf Satelliten die empfangenen Signale interpretieren, neu erzeugen und zum Boden senden können. Diese Prozessoren sind leistungsfähig und flexibel programmierbar und ermöglichen eine digitale Signalverarbeitung an Bord von Satelliten. „Bei der langen, fünfzehnjährigen Missionsdauer von Heinrich Hertz können so die Fähigkeiten des Satelliten an die sich stetig ändernden technischen Ansprüche kontinuierlich angepasst werden. Auf diese Weise machen diese Prozessoren die Mission zu einem sehr flexiblen Werkzeug, mit dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auch Fragestellungen der Zukunft im Orbit untersuchen können“, erklärt Heiko Ultes, Projektleiter der Heinrich-Hertz-Mission in der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR.

Nachhaltig elektrisch angetrieben

Damit Satelliten mit einer Trägerrakete ihre Umlaufbahn erreichen, müssen sie die Schwerkraft überwinden und beschleunigt werden. Für die notwendige Beschleunigung werden chemische Triebwerke mit hoher Schubkraft eingesetzt. Sie tragen Rakete und Satellit in die geplante Umlaufbahn. Dort angekommen, können Orbit und Ausrichtung des Satelliten im Vakuum mit elektrischen Triebwerken wesentlich effektiver und vor allem präziser als mit chemischen gesteuert werden. Elektrische Antriebe können das Gewicht senken und somit Kosten sparen oder den Treibstoffanteil und damit die Betriebsdauer bzw. die Nutzlastkapazität erhöhen; denn durch die Ionisierung des gasförmigen Treibstoffs kann, im Vergleich zu chemischen Antrieben, ein deutlich höherer spezifischer Impuls erzeugt werden. Das elektrisch betriebene „High Efficiency Multi Stage Plasma“ (HEMP)-Triebwerk, das bei der Heinrich-Hertz-Mission Kurskorrekturen im Zielorbit vornimmt, hat einen fünfmal höheren Spezifischen Impuls als die besten chemischen Triebwerke.

Die Heinrich-Hertz-Mission und ihre Partner

Mit der Heinrich-Hertz-Mission startet erstmals ein eigener deutscher Kommunikationssatellit zur Erforschung und Erprobung neuer Technologien und Kommunikationsszenarien. Die Mission leistet damit einen Beitrag zur Informationsgesellschaft in Deutschland. Die Heinrich-Hertz-Mission wird von der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bonn im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und unter Beteiligung des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) geführt. Mit der Entwicklung und dem Bau des Satelliten wurde die OHB-System AG beauftragt. An der Entwicklung und dem Test des Satelliten sind zudem die Firmen IABG GmbH, MDA AG und TESAT GmbH & Co. KG beteiligt. Das Bodensegment wird von der OHB Digital Connect in Zusammenarbeit mit der Firma CGI verantwortet. Dabei wurde das Satellitenkontrollzentrum in Bonn realisiert. Die Standorte für die neuen Bodenstationen befinden sich in Hürth (Nordrhein-Westfalen) und Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern). Für den Start der Mission an Bord der Ariane-5-Trägerrakete (VA261) ist Arianespace verantwortlich. An der Mission sind weitere 36 Partner beteiligt – davon 14 an der wissenschaftlichen Nutzlast.

Quelle: PM DLR