Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt untersucht Auswirkungen unterschiedlicher Triebwerkskonfigurationen

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Foto: airportzentrale.de

Fast einen Meter breit und 1,20 Meter hoch ist die dunkle Röhre, durch die der Wind mit 60 Metern pro Sekunde bläst. Davor hängen Apparaturen, Gestelle und Mikrofone: Der Akustische Windkanal des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Braunschweig, kurz AWB, gehört nicht zu den größten Vertretern seiner Art – aber in seiner Auslegung spielt er ganz vorn in der europäischen Luftfahrtforschung mit. Im Rahmen eines groß angelegten EU-Projekts aus dem Förderprogramm Horizon 2020 hat das DLR im AWB Tests zur Wechselwirkung von Triebwerk und Flugzeug in unterschiedlichen Konfigurationen durchgeführt.

Für das EU-Projekt „Decrease Jet-Installation Noise“ (DJINN) kamen die Forscherinnen und Forscher mit Hilfe des AWB dem Flugzeuggeräusch auf die Spur. „Es geht um Lärm, der insbesondere durch das Zusammenspiel von Triebwerk und Flugzeug entsteht“, sagt Christian Jente vom DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik. Leistungsstärkere und größere Triebwerke an gleichbleibend großen Flugzeugrümpfen und Flügeln verursachen durch die Interaktion der umströmenden Luft mehr Lärm. „Im Projekt DJINN haben wir daher neue Anordnungen und neue Materialien betrachtet“, so Jente weiter.

Zwei Flugzeugkonzepte im Test

Bei den Experimenten im Windkanal untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zwei unterschiedliche Flugzeugkonzepte: Ein Flugzeug, bei dem das Triebwerk, wie bei einem typischen großen Verkehrsflugzeug, unterhalb des Flügels installiert ist, sowie ein typisches Business-Flugzeug, bei dem das Triebwerk am Heck sitzt. Für Letzteres bauten sie gleich mehrere unterschiedliche Versuchsreihen auf: „Wir haben an dem Business Jet drei verschiedene Leitwerke akustisch vermessen“, erklärt Jente. „Zwei konventionelle Leitwerke in Kreuz- und T-Anordnung, sowie ein U-Leitwerk, bei dem die Höhenflosse den Triebwerksschall abschatten soll.“ Das Ziel der Forschenden hierbei war es, zu bewerten, welche akustischen Vor- und Nachteile verschiedene Konfigurationen und Maßnahmen mit sich bringen. Unter anderem untersuchten sie, wie die Oberfläche des Flugzeugrumpfes durch akustische Schwingungen beansprucht wird, wie sich also eine sogenannte „akustische Ermüdung“ des Materials auswirkt.

Forschende des DLR-Instituts für Antriebstechnik bauten hierfür im AWB zwei lineare, über drei Meter lange Mikrofonarrays, also eine Anordnung von Mikrofonen, auf, aus deren Daten die genauen Positionen und die richtungsabhängigen Intensitäten der Schallquellen an der Triebwerksdüse, am Rumpf und am Flügel berechnet wurden. Zusätzlich zu den linearen Mikrofonarrays maßen Fernfeldmikrofone an der Decke die Schallabstrahlung in verschiedene Richtungen, da diese sich bei den verschiedenen Konzepten der Höhenleitwerke stark unterscheiden kann.

Poröse Materialien verringern den Lärm

Bei ihrem Windkanalaufbau für das Verkehrsflugzeug unternahmen die Forschenden ein weiteres Experiment: Für die Landeklappen wählten sie ein poröses Material. Das DLR konnte bereits in anderen Versuchen belegen, dass poröse Materialien positive akustische Eigenschaften haben. Beim Überströmen poröser Materialien werden Druckschwankungen in der turbulenten Grenzschicht reduziert, die in der Folge nicht mehr an der Hinterkante der Landeklappe in Schall umgesetzt werden. „Wir haben zum ersten Mal poröse Landeklappen bei hoher Geschwindigkeit mit dieser Konfiguration getestet.“, sagt Jente. Bislang seien nur vereinfachte Geometrien untersucht worden. Ein prototypisches 3D-Modell unter realistischen Betriebsbedingungen im Windkanal zu testen – das gab es bislang noch nicht. „Wir haben gezeigt, dass auch komplexe Modelle aus solchen Meta-Materialien gefertigt werden können, ein industrieller Einsatz rückt damit immer näher.“

Für die Aeroakustiker ist dies ein entscheidender Erfolg. Sie sind sich sicher, dass poröse oder auch „Meta“-Materialien eine immer wichtigere Rolle spielen werden. denn die künstlich hergestellten Werkstoffe besitzen physikalische Eigenschaften, die in der Natur nicht vorkommen und neuartige Anwendungen ermöglichen. Je nach gewünschter Fähigkeit, Funktion oder Forschungszweck können sie etwa Licht- und Schallwellen beeinflussen.

400 Gigabyte Mikrofon-Daten werden jetzt von den beiden DLR-Instituten ausgewertet. Die Resultate helfen dabei, Technologien zu entwickeln, die den Fluglärmpegel künftiger Flugzeuge senken können. Die Forschenden haben die Messungen Jahre mit zahlreichen Projektbeteiligten detailliert vorbereitet.

Quelle: PM DLR