atmosfair: Erste Anlage zur Produktion von CO2-neutralem synthetischen Kerosin im Emsland

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Gut für die Umwelt – Foto: Simon Pannock / airportzentrale.de

atmosfair weiht heute (04.10.2021) die weltweit erste Anlage zur Produktion von CO2-neutralem E-Kerosin ein. Bundesumweltministerin Svenja Schulze, Lufthansa und atmosfair durchschneiden das rote Band. Vor Ort verfolgen gut 100 Gäste aus Wirtschaft und Politik sowie viele weitere aus der ganzen Welt per Live-Stream im Internet die Einweihung.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze hält vor Ort die Eröffnungsrede. Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer senden Grußworte per Videoaufzeichnung.

Die neue Anlage im Emsland ist fertiggestellt und produziert den Kraftstoff für Flugzeuge synthetisch aus Wasser und erneuerbarem Strom von Windrädern aus dem Umland. Dazu kommen Abfall-CO2 aus Lebensmittelresten einer Biogasanlage sowie CO2 aus der Umgebungsluft. Damit ist das Kerosin CO2-neutral.

Die Anlage läuft bereits in Teilen, das Zusammenspiel aller Komponenten benötigt aber noch Abstimmungen. Den Regelbetrieb plant atmosfair für das erste Quartal 2022, dann sollen in Werlte jeden Tag 8 Fässer mit Rohkerosin produziert werden. Tanklastwagen bringen sie zur Raffinerie Heide nördlich von Hamburg, die das synthetische Rohöl zu fertigem Treibstoff Jet A1 für die Flugzeuge veredelt und an den Flughafen Hamburg liefert.

Klimaforscher Prof. Mojib Latif, Schirmherr von atmosfair: „Die weltweiten extremen Wetterereignisse dieses Sommers und der neue Bericht des Weltklimarats zeigen überdeutlich, wie dringend die Weltwirtschaft auf Alternativen zu fossilen Brennstoffen umstellen muss. Dies gilt auch für die Luftfahrt. atmosfair übernimmt hier zusammen mit deutschen Unternehmen eine Pionierrolle, ganz ohne öffentliche Gelder. Die Gesellschaft ist bereit für entschiedene Schritte. Wir müssen beim Klimaschutz nicht auf die großen Ölkonzerne warten.“

Die Lufthansa Group ist Pilotkunde und damit sichtbar Vorreiter für grünes Fliegen.

Dazu Christina Foerster, Mitglied des Konzernvorstandes Deutsche Lufthansa AG:
„Die Airlines der Lufthansa setzen seit vielen Jahren auf Forschung und Nutzung nachhaltiger Flugkraftstoffe (SAF). Aktuell sind wir der größte Abnehmer in Europa. Synthetische Kraftstoffe aus erneuerbaren Energien sind das Kerosin der Zukunft. Sie ermöglichen CO2-neutralen Luftverkehr. Mit der Partnerschaft mit atmosfair geht die Lufthansa Group erneut voran und gibt der Herstellung und Produktion von PtL wichtigen Rückenwind. Mit dem nachhaltigen Kerosin made in Germany bieten wir unseren Kunden ein innovatives Angebot für klimaschonendes Fliegen.“

„Nach der Pandemie kann der Neustart des Tourismus nur grün sein, denn die Herausforderung Klima bleibt zentral für die Reisebranche“, sagt Albin Loidl, Beauftragter für Nachhaltigkeit der QTA (Quality Travel Alliance), der größten Reisebüro-Kooperationsallianz Europas. “E-Kerosin ist eine Lösung für den Flugverkehr, deswegen setze ich mich auch bei der deutschen Reisewirtschaft dafür ein.“ Mit den deutschlandweit über 5500 Kooperationsreisebüros wird die QTA zu einer zentralen Kommunikationsplattform, um die Produktion von atmosfair Kerosin in Form von freiwilligen Klimaschutzpaketen zu fördern.

Sobald die Anlage in Werlte in den Regelbetrieb geht, will atmosfair das E-Kerosin über seine Website auch Privatkunden anbieten. Diese können dann neben der CO2-Kompensation für eine bilanzielle Beimischung von E-Kerosin zum Kerosinverbrauchs ihres Fluges bezahlen. atmosfair produziert dann diese Menge E-Kerosin und bringt sie in den Verkehr. Die Beimischungsquote soll zunächst 0,5% betragen. „Diese Quote von 0,5% steht aktuell als verpflichtende Beimischung für E-Kerosin ab 2026 in dem neuen Gesetz der Bundesregierung. Wir zeigen, dass wir dafür nicht noch 5 Jahre warten müssen, und dass Kunden bereit sind, den Aufpreis zu bezahlen“ erklärt Dietrich Brockhagen von atmosfair.

Neben der Anlage selbst hat atmosfair ein Gütesiegel für E-Kerosin entwickelt. „Wie grün ist der Strom wirklich? Wie nachhaltig ist das CO2, das zum Einsatz kommt? Das sind entscheidende Fragen für die Umweltintegrität und den Klimanutzen von E-Kerosin“, sagt Harry Lehmann, der für das Umweltbundesamt mit atmosfair die Kriterien für E-Kerosin im Jahr 2020 abgestimmt hat. Fairfuel, so heißt das neue atmosfair-Gütesiegel, ist ein freiwilliges Siegel für zukünftige Produzenten von E-Kerosin. Es soll verhindern, dass das synthetische Kerosin über Umwege doch mit fossilen Quellen wie Primärstahlherstellung oder CO2-Abscheidung von Kohlekraftwerken hergestellt wird, und dass der hohe Stromaufwand nicht auf Kosten der Energiewende geht. „In Werlte haben wir eine Anlage gebaut, die zeigt, dass diese Klimaintegrität kaum Mehrkosten verursacht“ sagt Dietrich Brockhagen. „Bei Folgeanlagen in Entwicklungsländern werden wir zudem darauf achten, dass sie auch der Bevölkerung zugutekommen, etwa durch zusätzlichen Strom zu sozialverträglichen Preisen für das Umland.“

Die Erzeugungskosten pro Liter Kerosin liegen noch weit über 5 Euro, die in Studien als Kostenniveau für E-Fuels genannt werden, aber atmosfair verkauft das Kerosin kostendeckend an seine Kunden. „Bei Anlagen dieser Größe, die zudem nicht auf mehrere Jahrzehnte Betrieb ausgelegt sind, sind die Kosten noch sehr hoch.“ sagt Brockhagen von atmosfair. Den größten Effekt aber hätten die hohen Stromkosten in Deutschland. In anderen Ländern mit hoher Sonneneinstrahlung liegen die Strompreise dank Photovoltaik erheblich niedriger. Damit und mit fortschreitender Technologie sind laut atmosfair Erzeugungskosten von deutlich unter 5 EUR pro Liter möglich. „Aber wir wollten den ersten Schritt in Deutschland gehen, um hier die Technologie zu probieren und Erfahrungen zu sammeln.“

Auch atmosfair Schirmherr Mojib Latif, betont die Perspektiven für den globalen Süden. „Die Energiewende ist eine internationale Aufgabe. Wir haben mit dieser neuen Technologie die Chance, Energiepartnerschaften auf Augenhöhe zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern neu zu gestalten. Dann entstehen Arbeitsplätze auf beiden Seiten, Technologietransfer und eine sinnvolle Nutzung von Ressourcen.“

„Siemens Energy setzt mit Nachdruck auf die Wasserstoffwirtschaft. Die Siemens Energy Elektrolyse Technologie für die Herstellung von grünem Wasserstoff wird entscheidend zur Dekarbonisierung der Mobilität beitragen. Die Anlage für synthetisches Kerosin hier in Werlte ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu kommerziellen Großanlagen, die wir mit unseren Partnern errichten werden.“ erklärt Stefano Innocenzi, EVP New Energy Business bei Siemens Energy.

Die Technik

Die atmosfair Anlage in Werlte läuft in zwei Verfahrensschritten. Im ersten stellt eine Elektrolyse aus grünem Strom und Wasser Wasserstoff her. Im zweiten setzt die Syntheseeinheit aus dem Wasserstoff und CO2 langkettige Kohlenwasserstoffmoleküle zusammen, die man auch im fossilen Rohöl findet. Aus den beiden Eingangsgasen wird dabei Flüssigkeit. Das Verfahren, nach den beiden deutschen Chemikern Fischer und Tropsch benannt, ist das bisher einzige, das für die Luftfahrt zugelassen ist.

Im Ergebnis ist das E-Kerosin CO2-neutral, denn es stößt bei der Verbrennung nur so viel CO2 aus, wie bei seiner Erzeugung der Atmosphäre entzogen wurde, ob direkt oder über die Lebensmittelabfälle für die Biogasanlage.

Die atmosfair-Anlage nahe der Stadt Werlte im Emsland ist etwa 1000 m2 groß. In der Haupthalle erzeugt ein Elektrolyseur von Siemens Energy grünen Wasserstoff aus Wasser und erneuerbarem Strom. Zum Einsatz kommt hochmoderne Membranentechnologie mit Wirkungsgraden der Energieumwandlung von fast 70%. Als zweiten Rohstoff nutzt die Anlage CO2 aus zwei verschiedenen Quellen.

  1.  CO2, das als Abfall der Biogasanlage des örtlichen Energieversorgers EWE vor Ort bisher in die Luft abgelassen wurde. Die Biogasanlage wird für atmosfair mit Lebensmittelresten versorgt. Anbaubiomasse (NaWaRo) sind laut atmosfair fairfuel Gütesiegel ausgeschossen.
  2.  CO2 per Direct-Air-Capture direkt aus der Umgebungsluft. „Derzeit ist Direct-Air-Capture noch neu und teuer. Aber für die Pariser Klimaziele brauchen wir diesen Weg langfristig, und deswegen müssen wir heute mit der Erprobung und Weiterentwicklung anfangen“, sagt Dietrich Brockhagen, Geschäftsführer von atmosfair.

Der Strom für die Anlage kommt aus Windkraftanlagen aus dem Umland, teilweise in Sichtweite der Anlage. Diese würden 2022 aus dem EEG fallen, können aber durch eine Zusatzfinanzierung von atmosfair weiterbetrieben werden. Damit stellt atmosfair sicher, dass das E-Kerosin nicht auf Kosten der Allgemeinheit und nicht auf Kosten der Energiewende produziert wird. Dass das E-Kerosin tatsächlich CO2-neutral ist, lässt sich atmosfair vom TÜV bescheinigen.

Quelle: PM atmosfair