Luftpost 80: Leben macht krank


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Andreas Fecker – Foto: Bildarchiv Fecker

Verschiedene Interessengruppen versuchen ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, in dem sie sich als Opfer hinstellen, deren Gesundheit auf das massivste gefährdet sei. Derzeit in vorderster Front die Fluglärmgegner. Aber sie sind in guter Gesellschaft. Eine kurze Suche im Internet förderte folgende Schlagzeilen zu Tage. Jede Gruppe behauptet in vollstem Ernst, Gesellschaft und Industrie würden ihre Interessen ins Lächerliche ziehen und man würde sie rücksichtslos niederbügeln. Allein diese Liste wurde andernorts bereits als Provokation empfunden. Dabei zitiert jede Gruppe einschlägige Studien zu ihrem Anliegen. Hier die Liste in alphabethischer Reihenfolge:

Angst macht krank
Arbeitslosigkeit macht krank
Ärger macht krank
Armut macht krank
Bahnlärm macht krank
Bewegungsmangel macht krank
Computer macht krank
Containerlärm macht krank
Diät macht krank
Einsamkeit macht krank
Facebook macht krank
Fernsehen macht krank
Fleisch macht krank
Fluglärm macht krank
Fundamentalismus macht krank
Geiz macht krank
Geld macht krank
Gemüse macht krank
Hass macht krank
Heilen macht krank
Hip Hop macht krank
Impfen macht krank
Kapitalismus macht krank
Leben macht krank
Liebe macht krank
Liebeskummer macht krank
Milch macht krank
Mobbing macht krank
Multitasking macht krank
Negatives Denken macht krank
Neonlicht macht krank
Nocebo Effekt macht krank
Ordnung macht krank
Panikmache macht krank
Positives Denken macht krank
Protein in Hochleistungsweizen macht krank
Sauer macht krank
Schule macht krank
Sport macht krank
Stadtluft macht krank
Staub macht krank
Straßenlärm macht krank
Stress macht krank
Studium macht krank
Übergewicht macht krank
Unzufriedenheit macht krank
Windradlärm macht krank
Zivilisation macht krank
Zucker macht krank
Zuviel Arbeit macht krank

Foto: Bildarchiv Andreas Fecker

Ist es nicht vielmehr so, dass eine negative Einstellung zu einem Sachverhalt krank machen kann? Man kann sich krankärgern, oder wie der Volksmund sagt, sogar totärgern. Nüchtern betrachtet sind mehrere Faktoren im Spiel, die in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen: Da gibt es das Öffentliche Interesse, das bisweilen dem privaten Interesse entgegenstehen kann; der Grad der persönlichen Betroffenheit spielt eine Rolle; langfristig verschuldete Hauseigentümer sind durch Geruchs-, Verkehrs- oder Lärmeinflüsse anders betroffen als Mieter, die einfach ausweichen können. Pausenlose Agitation kann krankhafte Hysterie erzeugen und die Bereitschaft zur Aufnahme sachlicher Information verdrängen. Für Gelassenheit ist dann kein Platz mehr.

Dabei ist es eine einfache Logik: Kann ich einen Umstand in meinem Umfeld nicht ändern, der aber im öffentlichen Interesse ist, muss ich mich in Gelassenheit üben. Kann ich das nicht, muss ich mein Umfeld ändern oder ich werde krank.

Angesichts der langen Liste von krankmachenden Umständen fällt mir ein markanter Song zu dem Thema ein: „Just dig a hole and jump right in it. Then pull the ground all over you“ “Grab Dir ein Loch, steige hinein und zieh den Boden über dir zu.“

In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern ein gesundes neues Jahr. Wenigstens ist das Lachen gesund!

von Andreas Fecker

Eine Antwort zu “Luftpost 80: Leben macht krank
”

  1. Zu dieser Glosse erreichten mich verschiedene entrüstete Kommentare. Aus einem will ich stellvertretend zitieren:
    “Du gibst mit dieser Auflistung den Leuten die perfekte Ausrede, Gesundheitsgefahren durch Lärm nicht ernst nehmen zu müssen, in dem Du Fluglärmgegner in die Nähe von Spinnern rückst:
    – “Verschiedene Interessengruppen versuchen ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, in dem sie sich als Opfer hinstellen, deren Gesundheit auf das massivste gefährdet sei. Derzeit in vorderster Front die Fluglärmgegner. Aber sie sind in guter Gesellschaft.”
    – Jede Gruppe behauptet in vollstem Ernst, Gesellschaft und Industrie würden ihre Interessen ins Lächerliche ziehen und man würde sie rücksichtslos niederbügeln. … Dabei zitiert jede Gruppe einschlägige Studien zu ihrem Anliegen.”
    Dann googelt man mal selbst die etwas esoterischeren Einträge:
    “Ordnung macht krank” : Keine Treffer, die eine “Gruppe” beschreiben, das 2 Bild in der Image Suche ist schon der besagte Autor…
    “Leben macht krank” : Verschiedene Artikel zum Thema Depression. Treffer 1: Deine Luftpost.
    “Geld macht krank” : Verschiedene Börsenartikel, die sich ironisch mit Renditen auseinandersetzen.
    Jetzt nochmal Dein Aussage:
    “Jede Gruppe behauptet in vollstem Ernst, Gesellschaft und Industrie würden ihre Interessen ins Lächerliche ziehen und man würde sie rücksichtslos niederbügeln. … Dabei zitiert jede Gruppe einschlägige Studien zu ihrem Anliegen.”
    Nicht nur sind Diese Aussagen von Dir frei erfunden, es gibt auch keine Gruppen und noch viel weniger Studien zu diesen Themen…”

    Dazu nehme ich gerne Stellung:
    Danke für die Zuschrift. So könnte man das in der Tat auffassen. Die Absicht dieser Neujahrsglosse war, den typisch deutschen Pessimismus zu karikieren und für eine offene, positive, lebensbejahende Einstellung zu werben. Tatsächlich sind da neben handfesten Quellen aus der Tageszeitung oder Straßenbannern (Containerlärm macht krank) auch esoterische Quellen dabei, deren “Studien” einer ernsthaften wissenschaftlichen Prüfung nicht standhalten würden. Dafür ist diese ganze Glosse ja letztendlich auf eine positive Gewissenserforschung gerichtet. “Sag mal, ist es wirklich so schlimm? Übertreibe ich nicht langsam?” Und schließlich endet alles mit dem herzlichen Wunsch auf ein gesundes neues Jahr für uns alle. Und das will ich hiermit nochmal bekräftigen und versprechen, meine Texte auf verschiedene Gesichtspunkte zu überprüfen.