Luftpost 71: Lost & Found Teil 1

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Andreas Fecker – Foto: Bildarchiv Fecker

Wer viel gereist ist, kennt die Situation: Eine Flugzeugladung voller Menschen drängt sich nach der Ankunft um das Gepäckband. Irgendwann kreisen die ersten Koffer auf dem Karussell. Eine Viertelstunde lang wird die ganze Palette der Kofferindustrie vorgeführt. Große und kleine Koffer, aus Leinen, Kunststoff, Metall oder Leder, mit und ohne Rollen, Reisetaschen, Seesäcke, Rucksäcke, aber auch Schachteln und Kisten, Stroller und Kindersitze. Nach und nach leert sich das Gepäckband, die Reisenden verschwinden mit ihrer Habe. Nur wir stehen noch immer da und starren beunruhigt auf das leere Karussell, das schließlich stehen bleibt. Meist ist der Gepäckermittlungsschalter nicht weit, und meist ist er auch besetzt. Statt nun auf schnellstem Weg ins Hotel oder zur Konferenz zu fahren oder den Abholer zu treffen, der am Ausgang wartet, muss man einen Gepäckermittlungsbogen ausfüllen, den Inhalt angeben, den ungefähren Wert schätzen, den Gepäcktyp an Hand einer Bildertafel identifizieren. Ticket und Gepäckschein werden registriert, die Adresse notiert, manche Airlines helfen dem unglücklichen Touristen mit einem kleinen Notfallset (Typ männlich oder weiblich) aus der ersten Verlegenheit. Ein Merkblatt klärt auf, dass man sich das Notwendigste kaufen darf, aber beileibe nicht den ganzen Kofferinhalt, denn der Erstattungsbetrag ist begrenzt.

Im Allgemeinen kommt das gute Stück mit einem Tag Verspätung an und wird direkt ins Hotel bzw. nach Hause geliefert. Immer wieder fliegen Banden auf, die in den Gepäckhallen der Flughäfen Koffer öffnen und Wertsachen entwenden. Kameras sollen das verhindern, doch die Diebe kennen die versteckten Winkel, die nicht im Erfassungsbereich der Überwachungsgeräte liegen. Oder die Koffer werden bereits im Gepäckraum des Flugzeugs geöffnet. Schon deshalb gilt, möglichst den Koffer irgendwie abschließen, auch wenn die gängigen Kofferschlösser einem entschlossenen Täter nicht länger als 15 Sekunden widerstehen können. Aber es hilft gegen den schnellen, unauffälligen Griff ins Innere.

Saßen Sie schon mal im Flugzeug rechts hinten und mussten zusehen, wie Reisegepäck beim Verladen misshandelt wurde? Da werden Koffer manchmal auf den Gepäckkarren oder das Fließband geworfen, manche fallen hinten runter, werden unter anderem, schweren Gepäck gequetscht, als wäre nichts darin, was zerbrechen könnte. Aber auch das Äußere der Koffer nimmt Schaden. Kein Wunder, dass bisweilen Gestänge oder Rollen brechen, Griffe abreißen, oder Achsen verbogen werden. Auch Schrammen im Leder sind keine Seltenheit. Im Gewirr am Gepäckband fallen kleine Beschädigungen nicht immer sofort auf. Nehmen Sie sich die Zeit, Ihr Gepäck nach Erhalt zu prüfen. Eine Kurzreise im vergangenen September von Friedrichshafen nach Hamburg und zurück mit Germanwings führte mir das drastisch vor Augen. Ich bemerkte erst im Hotel, dass eine der Rollen an meinem teuren Victorinox Koffer schief stand. Für eine sofortige Reklamation war es zu spät. Nach meinem Rückflug nach Friedrichshafen meldete ich den Schaden gleich nach der Landung am Gepäckschalter. Wahrheitsgemäß gab ich zu Protokoll, dass der Schaden bereits auf dem Hinflug mit derselben Airline passiert sei. Böser Fehler! Damit war nämlich mein Anspruch auf Schadensregulierung dahin. Germanwings zog sich hinter ihre AGBs zurück und außer den Textbausteinen über das uneingeschränkte Bedauern war nichts zu machen.

Nicht so Victorinox. Der Koffer war bereits fünf Jahre alt. Er wurde vom Händler in eine Reparaturwerkstatt nach Belgien verschickt, dort wurden alle Rollen und Lager ersetzt und drei Wochen später durfte ich ihn wieder abholen. Zu meiner Überraschung war das alles kostenlos. So hat die eine Firma einen Kunden nachhaltig verprellt, die andere Firma mich und mein Umfeld auf Lebenszeit als Kunden gewonnen. Ich kann nur jedem empfehlen, nicht an der Qualität des Gepäcks zu sparen! Stattdessen sollten Sie sich lieber überlegen, mit wem Sie fliegen.

von Andreas Fecker