Luftpost 65: Chicken or Beef?

Werbung
Andreas Fecker – Foto: Bildarchiv Fecker

Wer kennt das nicht? Die Flugbegleiterin schiebt den Servierwagen neben die Sitzreihe, beugt sich über den Fluggast und fragt: „Chicken or beef? Hühnchen oder Rindfleisch?“ Gleich hinterher folgt ein zweiter Wagen, von dem die Getränke serviert werden. „Kaffee oder Tee? Milch und Zucker?“ Erfahrungswerte spielen bei der Bereitstellung der Menüs eine große Rolle. Meist geht der Poker halbwegs auf. Nicht dass etwa alle Passagiere der Economy Klasse sich nun für das Rindfleisch entscheiden könnten. Dann heißt es nämlich irgendwann, „Sorry, wir haben nur noch Hühnchen.“

Vorerst nur testweise und nur mittwochs und nur abends zwischen 18 und 22 Uhr kann man sich in Köln und Düsseldorf das Flugzeugessen der Lufthansa-eigenen LSG Sky Chefs nun mit DHL nach Hause liefern lassen und es auf Höhe Null verzehren. Die Menüauswahl ist wie an Bord beschränkt, zum Beispiel Hühnchen oder Pasta. Statt in die Mikrowelle schiebt man das Menü in den Backofen.

Klar. Die LSG bereitet jährlich 532 Millionen Bordmahlzeiten für über 300 Airlines auf 213 Flughäfen in 54 Ländern zu. Über 32.000 Mitarbeiter sind dafür in 208 LSG Niederlassungen beschäftigt, was der Lufthansatochter einen Weltmarktanteil von etwa 30 Prozent einbringt. Die Logistik, die dahinter steckt ist faszinierend: 50.000 Artikel werden vor jedem A380 Flug eingeladen! Mahlzeiten sind dabei noch der geringste Teil. Gläser, Geschirr, Besteck, Servietten, Feuchttücher, Kulis, Einreiseformulare – nach Nationalitäten sortiert, Spielkarten, Bordunterhaltung, Filme, Duty Free, und last but not least, je 500 Mittagessen, Abendessen, Frühstücke müssen vorbereitet werden, auf jeweils Airline-eigenem Geschirr, die Hausmarken an Wein- und Biersorten müssen geladen werden, Spirituosen, Säfte, es gibt 30 verschiedene Wassersorten, denn jede Airline hat ihr eigenes Wasser. An der Destination muss dasselbe Sortiment bereitstehen, das zuvor rechtzeitig per Schiff hingeschafft wurde. Die Speisekarten müssen stimmen. Wenn es dann kurzfristig heißt, ‚die Maschine nach Chicago ist heute keine Boeing 777-200, sondern eine 777-300‘, dann muss umgestellt werden, denn die Galleys der beiden Flugzeugtypen sind unterschiedlich. Oder es kommen noch 40 Passagiere hinzu. Oder der Flug nach Johannesburg wird storniert. Oder, oder, oder.

Wer in der Lage ist, das zu organisieren, wer von Auckland bis Vladivostok Millionen von hungrigen Passagieren abfüttern kann, für den kommt es auf ein paar Mahlzeiten mehr in Köln und Düsseldorf nicht an. Bezweifelt werden darf allerdings, dass noch ein zweiter Postbote hinterherfährt und zuvorkommend frägt: „Was möchten Sie trinken? Kaffee oder Kölsch?“

von Andreas Fecker