Luftpost 42: Airlines, und was man darüber wissen sollte

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Andreas Fecker – Foto: Bildarchiv Fecker

Was ist eine Airline? Was sich wie ein sich selbst erklärender Begriff anhört, ist gar nicht so selbstverständlich. Es genügt nämlich nicht, ein paar Flugzeuge zu besitzen und gegen Entgelt Flüge anzubieten. Und damit reich zu werden ist auch nicht garantiert. Sir Richard Branson wird der Satz zugeschrieben: „Der sicherste Weg Millionär zu werden ist mit einer Milliarde Dollar eine Airline zu gründen.“ Eine Langzeitstatistik besagt, dass alle amerikanischen Fluglinien über die gesamte Zeit ihrer Existenz nicht einen Dollar verdient haben, obwohl bei Fusionen und Flottenkäufen Billionen bewegt wurden. Was also hat es mit dem öffentlichen Luftverkehr auf sich? Was ist eine Airline?

Eine Airline ist ein Transportunternehmen, das Personen, Post und/oder Güter überwiegend mit Flugzeugen befördert.

So weit die einfache, offizielle und kompakte Definition. Eine erweiterte Umschreibung dürfte sich folgendermaßen lesen:

Eine Airline ist ein Unternehmen, das Lufttransportdienste für Passagiere, Post und/oder Güter anbietet. Die Airline besitzt oder least zu diesem Zweck Passagier- bzw. Frachtflugzeuge und kann zum gegenseitigen Nutzen Partnerschaften oder Allianzen mit anderen Airlines eingehen. Der Lufttransportdienst kann sich auf das Inland oder auf eine Region beschränken, er kann aber auch international oder interkontinental angeboten werden. Die Flüge werden entweder regelmäßig als Liniendienste oder nach Bedarf im Charter durchgeführt.

Die Chicago Convention ist bereits 1944 einen Schritt weiter gegangen. Wesentliche Merkmale einer Linienfluggesellschaft sind demnach: die Gewerbsmäßigkeit, die Öffentlichkeit, die Regelmäßigkeit, die Streckenbindung, die Betriebspflicht, die Beförderungspflicht und die Tarifpflicht.

Diese Merkmale sind in den nationalen Luftverkehrsgesetzen festgeschrieben, die Erlaubnis zum Betrieb einer Airline hängt davon ab, dass diese Merkmale eingehalten werden. Viele Airlines gründen eine Frachtkomponente als weiteres Standbein. Damit können sie ihre Produktpallette verbreitern: Kleinere Volumina werden als Beifracht im Bauch der Passagiermaschinen transportiert, große Container mit Frachtmaschinen. Die Flughäfen funktionieren als Post- und Frachtumschlagplätze. Güter des täglichen Gebrauchs, internationale Zeitungen, Maschinenteile, Kfz-Ersatzteile, Pakete, Just-in-time Komponenten können nach internationalen Frachtflugplänen vom Erzeuger zum Kunden durchgebucht und dank Zeitverschiebung am nächsten Morgen ausgeliefert werden. Daher fliegen Frachtmaschinen bevorzugt nachts.
Manche Airlines wie zum Beispiel Eva Air, TNT, UPS Airlines oder FedEx Express wurden von großen Transport-Konzernen gegründet, die ihren Trucks und Frachtschiffen ein weiteres Segment für eilige Waren hinzufügen wollten. Andere Luftfahrtgesellschaften wie easyJet, Ryanair, JetBlue oder AirAsia kommen aus der Retorte. Mit gewaltigen Mengen an Kapital von Milliardären gegründet, stoßen sie in einen knallhart definierten Markt und schöpfen mit Kampfpreisen den Rahm im Lufttransportgeschäft ab.

Die Golfstaaten haben erst vor wenigen Jahren diesen Markt entdeckt. Mit viel Luxus, staatlicher Unterstützung, niedrigen Kerosinpreisen fischen sie dank ihrer Mittellage vor allem die europäischen und asiatischen Märkte ab. Sie bieten auf dem Weg von Europa nach Fernost oder Australien Zwischenlandungen in Dubai, Abu Dhabi, Doha oder Qatar an und punkten mit neuestem Fluggerät der Marke Airbus. Paradoxerweise hilft Europa diesen Staaten auch noch beim Einkauf mit Meistbegünstigung und billigen Krediten. Und natürlich erhält eine Lufthansa für ihre 14 Airbus A380 nicht so günstige Konditionen wie eine Emirates, die immerhin 140 Stück des Riesenfliegers bestellt. Europa ist zu diesen Zugeständnissen gezwungen, da sie sonst den Amerikanern dieses Geschäft kampflos überlassen würde.

Es gibt Klassiker wie Qantas (nicht Quantas!), KLM, Air France, Thai, Aeroflot, Japan oder Singapore Airlines, die die Geschichte ihres Landes begleiten. Die große PanAm ist aus der Historie der Luftfahrt nicht mehr wegzudenken. Mit ihr wurden Erdteile für den Tourismus erschlossen, sie war ein Instrument der amerikanischen Außenpolitik. Wenn PanAm sich dazu herabließ, die Hauptstadt eines Landes anzufliegen, bedeutete das ein wirtschaftlicher Meilenstein.

Abseits dieser großen Flag-Carrier gibt es die Fluglinien, die vor vielen Jahren von einem Pionier mit einer Vision gegründet wurden. Oft schrammten sie am Rande des Bankrotts entlang, waren nur mit Idealismus und viel Eigeninvestition am Fliegen zu halten. Leben und Fliegen war ein Kampf gegen die Konkurrenz, gegen Behörden, gegen das Wetter oder gegen die Technik, und oft genug gegen die Gläubiger. Vor allem in Südamerika bekleiden manche Fluggesellschaften eine Doppelrolle, da sie eigentlich von den Luftwaffen des Landes betrieben werden.

Es gibt erstaunliche Brüche in der Geschichte vor allem der amerikanischen Fluggesellschaften. So ziemlich jede amerikanische Airlines musste mindestens einmal in Gläubigerschutz und musste sich gesund schrumpfen oder nach einem Partner umsehen. So wurde die große, aber bankrotte US Airways von der relativ unbekannten America West Airlines gekauft, und durfte unter ihrem alten Namen weiterfliegen. Teile der PanAm, der Northwest und der Western Airlines gingen in Delta Air Lines auf, United Airlines fusionierte mit Continental und American schluckte schließlich die erneut angeschlagene US Airways. Es gibt gerade noch zwei amerikanische Fluggesellschaften, die auf eine über 80-jährige Geschichte zurückblicken können, Delta und Hawaiian. Besonders letztere wurde durch Behördenwillkür mehrfach an den Rande des Bankrotts gebracht. Dabei hat gerade diese Fluggesellschaft eine makellose Sicherheits- und Pünktlichkeitsstatistik.

Eines haben alle Airlines gemeinsam, ob sie nun in Frankfurt stationiert sind, im Urwald des Amazonas, im kanadischen Busch oder im Outback von Australien: In jedem Fall folgen sie den Gesetzen des Marktes, Angebot und Nachfrage. Die Nachfrage wird durch einen Faktor mitgeprägt, der ganz besonders der Fliegerei behaftet ist: Sicherheit und Vertrauen. Preis und Komfort kommen erst weiter hinten. Davor stehen noch die Zuverlässigkeit und die Pünktlichkeit.

Besonders in entlegenen Gegenden hat der Mensch gerne ein Transportmittel, auf das er sich verlassen kann, selbst wenn er es nur einmal im Jahr benutzt. Ob sie es nun wollen oder nicht, ob sie sich der Tatsache bewusst sind oder nicht, Airlines haben auch eine soziale Aufgabe. Das mag weniger im dicht besiedelten Deutschland zutreffen, als vielmehr in den abgelegenen Gegenden der Welt. Die Mittwochsmaschine der Air Greenland nach Qaqertoq oder der Samstagsflug von Air Mashall Islands zum Maloelap Atoll sind Lebenslinien für einsam lebende Menschen. Der Liniendienst im brasilianischen Mato Grosso bringt die Post in die verlassenen Urwalddörfer, die gelegentliche Landung einer Maschine der Mongolian Airways auf einer Farm 300 km von Ulaanbaatar gibt den Bewohnern die Gewissheit, nicht vergessen zu sein.

In Grönland hat übrigens die Postbeförderung Vorrang vor Passagieren. Blieb beispielsweise wegen anhaltenden Schneestürmen die Post über längere Zeit liegen, wird die erste Maschine zu allererst mit den Paketen und Postsäcken gefüllt. Bleibt dann noch Platz, dürfen auch noch Passagiere mit.

von Andreas Fecker