Luftpost 35: Luftverkehrskonzept

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Andreas Fecker – Foto: Bildarchiv Fecker

Jetzt mal im Ernst: Gibt es in Deutschland ein gemeinsames, Länderübergreifendes Luftverkehrskonzept? Gibt es ein Flughafenkonzept, das sich in ein bundesweites Mobilitätskonzept aus Autobahnen, Schienenverkehr und neuerdings Fernbuslinien einfügt? Ich beobachte seit Jahren die Situation bei den Regionalflughäfen in Deutschland, die fast durchweg unrentabel sind, von Steuergeldern erbaut und künstlich am Leben gehalten. Da wird in Kassel mit 270 Millionen ein Regionalflughafen aufgemotzt, obwohl es keine 60 km weiter mit Paderborn/Lippstadt einen Regionalflughafen gibt, der bei der Bevölkerung beliebt ist und immerhin eine Million Passagiere im Jahr generiert. Aber Kassel ist eben in Hessen und Paderborn liegt in Nordrhein-Westfalen. Wen wunderte es, die Passagiere in dem Kasseler Neubau ließen sich an einer Hand abzählen. Es waren derer so wenige, dass die beiden Fluggesellschaften sogar ihre Flüge stornierten und sich schleunigst wieder aus Nordhessen zurückzogen. Es ist nämlich einfacher, einen Flughafen zu bauen, als ihn erfolgreich zu betreiben.

Immerhin gab es jüngst eine Posch-Kommission, die zumindest schon einmal die Anforderungen an ein zukünftiges nationales Luftverkehrskonzept formuliert hat. Festgestellt hat die Kommission, dass es derzeit keine zwischen Bund und Ländern abgestimmte Marktentwicklungsanalyse des nationalen und internationalen Luftverkehrs gibt, dass eine Bund-Länder Analyse der volkswirtschaftlichen Funktion des Luftverkehrs fehlt, und dass eine gemeinsame Strategie zur Entwicklung der Luftverkehrsinfrastruktur in Deutschland überfällig ist.

Die Kommission gibt auch detaillierte Empfehlungen, bei der aber eines fehlt: Statt nämlich aufgegebene Militärbasen umzuwidmen, sollte vielmehr die zivile Mitnutzung des einen oder anderen noch verbliebenen aktiven militärischen Flughafens ins Auge gefasst werden, wie es in den USA auf vielen Airports seit Jahrzehnten selbstverständlich ist. Tower, Radar, flugsicherungstechnische Infrastruktur, Befeuerung, Feuerwehr, Enteisungsgerät, Verfahren und die Navigationsanlagen sind bereits vorhanden, Bewegungs- und Parkflächen müssen nicht erst grundüberholt werden, Rollwege, Pisten, Elektrik, Notstromversorgung, alles ist da. Statt also aufwändig mit Steuergeldern alte Flughäfen auszubauen, zahlt der zivile Mitnutzer Miete an den Bund, der für Pflege und Erhalt sorgt. In Rostock/Laage funktioniert das bereits. Absprachen zwischen Hausherrn und Mitnutzern regeln Flugbetrieb und Prioritäten bei Alarmstarts und militärischen Übungen, am Ende gibt es nur Gewinner. Da die Technische Schule der Luftwaffe in Kaufbeuren zu anderen Truppenteilen verlegt und der Standort demnächst geschlossen wird, überlegt die DFS, die hochmoderne Ausbildungsstätte der militärischen Flugsicherung in Kaufbeuren zu übernehmen und vor Ort weiter zu betreiben. Das könnte einen solchen Trend begünstigen.

Wenn man militärische Flughäfen mitbenutzt, sind natürlich auch Räume für die Passagierabfertigung zu schaffen. Aber diese müssen ja nicht von vorne herein prestigeträchtige Prachtbauten sein, mit denen sich Kommunalpolitiker ein Denkmal setzen. Etwas Funktionales würde erst einmal genügen, bis sich zeigt, ob der Flughafen von der Bevölkerung überhaupt angenommen wird. Ist das Einzugsgebiet groß genug? Wie ist das Reiseverhalten im Umfeld? Lassen sich dadurch Wirtschaftsunternehmen ansiedeln? Erschließt der zivile Flugverkehr eine Region, ohne dass dies zu Lasten einer Nachbarregion geht? Wie ist die Verkehrsanbindung über Straße und Schiene? Belastet der zusätzliche Flugverkehr womöglich einen nahegelegenen Nationalpark und beeinträchtigt dadurch dessen Attraktivität? Wie weit ist der nächste Regional- oder Verkehrsflughafen entfernt? Wird der Flughafen zur wirtschaftlichen Konkurrenz zur Bahn? Taugt er als Zubringer für einen der Megahubs? Sind typische Ferienflieger nachhaltig daran interessiert, ein neues Kundengebiet zu erschließen?

Der Luftverkehr ist Teil des öffentlichen Personen- und Warenverkehrs. Bund und Länder sind für die Verkehrsinfrastruktur aus Schiene, Straße, Schifffahrt und Flugverkehr zuständig und dem Wohl der Bürger und der Wirtschaft verpflichtet. Diese Fakultätsübergreifende Planung sollte deshalb gesamtwirtschaftlich und professionell gestaltet werden, statt sie zeitlich begrenzt gewählten Amtsträgern zu überlassen, deren Weitblick an der Landesgrenze und deren Projektverantwortung womöglich nach dem nächsten Wahlkampf endet.

von Andreas Fecker