Luftpost 293: Konstanz

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Foto: Andreas Fecker

Ausgelöst durch das Wortungetüm „Flugsicherungskontrolloffizier“ in meinem Beitrag über Kontrolltürme machte mich ein Freund auf die „Luftaufsichtsbaracke“ aufmerksam, die Reinhard Mey in einem seiner Fliegerlieder romantisiert. „Irgendjemand kocht Kaffee – In der Luftaufsichtsbaracke“. Nach kurzem Überlegen, auf welchen Flugplätzen es denn noch solche Baracken gibt, fiel mir prompt meine Heimatstadt Konstanz ein. Und da schien mir der Umstand doch bemerkenswert, dass Konstanz der älteste Verkehrslandeplatz Deutschlands ist, und nicht etwa Frankfurt oder Berlin. Tatsächlich war der 5. Januar 1910 die Geburtsstunde des Konstanzer Flugplatzes. Damals erbaten sich zwei Flugpioniere auf dem Exerziergelände des Grünen Regiments 114 die Erlaubnis, mit ihrer selbstgebauten Schlegel-Züst Flugversuche zu machen. Wie bei vielen anderen Pionieren endeten die ersten Flüge mit Bruch. Als die Konstanzer Bürger die beiden auslachten, ermutigte sie kein Geringerer als der in Konstanz geborene Graf Ferdinand von Zeppelin, unbeirrt weiterzumachen. Er unterstützte sie sogar noch mit 3000 Goldmark!

Die Konstanzer Luftaufsicht – Foto: Fecker

1918 wurde der Flugplatz als Folge des ersten Weltkriegs geschlossen. Ernst Schlegel arbeitete trotzdem an Plänen weiter, wie später der Luftverkehr in Deutschland zu organisieren sei: „Die Aufgaben der Verkehrsflugzeuge liegen in der Bedeutung des Wortes ‚Verkehr‘. Menschen, Pakete, Postsäcke, Briefe sind zu befördern. Das Verkehrsflugzeug soll Handel, Industrie und Wissenschaft zu Gute kommen…. An erster Stelle steht zum Ausbau bestimmt das Flugzeug als ‚Verkehrsmittel‘. Die ‚verkehrstechnische‘ Gestaltung unseres Flugwesens ist aber keine rein badische oder deutsche, sondern mehr noch, eine internationale Sache.“ Schlegel war inzwischen ein Begriff im Aufbau der Verkehrsfliegerei und so war es nur natürlich, dass im August 1919 die Deutsche Luft-Reederei den ersten regulären Flugbetrieb auf der Strecke Konstanz-Berlin aufnahm. Mit sechs Militär-Doppeldeckern organisierte er auch regelmäßigen Verkehr zwischen Konstanz, Stuttgart, Freiburg, Berlin, München und Friedrichshafen, mit Anschluss an den Zeppelinverkehr. Man konnte also damals schon von Konstanz mit Umsteigen in Friedrichshafen nach Amerika fliegen. Wegen kritischer Äußerungen fiel der Flugpionier und Flugzeugkontrukteur bei den Nazis in Ungnade. Nur knapp entging er durch das Kriegsende der NS-Justiz. Ernst Schlegel verstarb 1976 im Alter von 94 Jahren in seiner Heimatstadt.

Sommerflugplan gueltig vom 23.4. bis 1.9.1928 – Foto: Deutsche Lufthansa AG / 1928
DLHD6045-1-13

Durch Schlegels Aktivitäten entwickelte sich Konstanz zu einem Hauptverkehrsstützpunkt des deutschen Luftverkehrsnetzes. Die Lufthansa flog bis 1940 regelmäßige Passagierdienste zwischen Konstanz und Frankfurt. Gleichwohl wurde der Flugplatz nie wirklich ausgebaut. Die 760 m lange Graspiste ist nach Regen oft auf Tage hinaus unbenutzbar. Und doch ist der Tower besetzt, denn Verkehrslandeplätze obliegen einer Betriebspflicht. Diese schreibt vor, dass der Flugplatz zu den veröffentlichten Zeiten für die allgemeine Luftfahrt für an- und abfliegende Flugzeuge geöffnet sein muss. Seit Jahren werden Versuche unternommen, diesen Flugplatz mit seiner 110-jährigen Geschichte zu schließen und das Gelände zu bebauen. An Stelle des Grafen Zeppelin muss nun der Konstanzer Stadtrat über das weitere Schicksal des Konstanzer Flugplatzes befinden.

Tower Müchen – Foto: Alexander Ludwig für Müchen Airport

Einen Nachbrenner zum Stichwort Luftaufsicht kann ich mir nicht verkneifen: Ich versuche mir einfach mal vorzustellen, wie ein Münchener Radarlotse seinen Kollegen im Tower frotzelt, ob der denn in seiner Luftaufsichtsbaracke auch Kaffee kochen dürfe.

(Gibt es in diesem Portal eigentlich keine Smilies?)

Andreas Fecker

3 Antworten zu “Luftpost 293: Konstanz”

  1. Hans-Wolfgang Mahlo sagt:

    Schöner authentischer Bericht aus unserer Heimatstadt.
    Viele Grüße
    Ihr
    H.-W. Mahlo

  2. Hans-Wolfgang Mahlo sagt:

    Lieber Herr Fecker,
    ist der Sommerflugplan der LH auch in einer größeren Auflösung zu bekommen – – um ihn, aufgezogen auf eine Platte, als Geschenk einem Fliegerfreund eine Freude zu machen?
    Viele Grüße aus Konstanz
    H.-W. Mahlo

  3. Andreas Fecker sagt:

    Ist unterwegs an Ihre Adresse
    AF