Luftpost 262: Kleider machen Upgrades

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Business Class mit ‚Mood Light‘ in der A350 von Qatar Airways. – Foto: Bildarchiv Fecker

Wer sein Haus in Form eines Zeltes auf dem Rücken trägt, Wäsche und Verpflegung über Berge schleppt, der wird gewichtsbewusst packen. Ich wog einst meine Socken mit der Briefwaage ab, packte Papierunterwäsche ein und sägte den Griff von der Zahnbürste ab. Beim Speiseplan machte ich Kompromisse zwischen Gewicht und Energiereserven. Doch selbst zu den Zeiten, als ich noch mit Rucksack am Chilkoot Pass in Alaska oder am Mackenzie River in den Northwest Territories unterwegs war und meinen Schlafsack am Lagerfeuer ausrollte, hatte ich stets eine Garnitur ordentliche Kleidung bei mir. Das war ein sauberes Hemd, eine Krawatte, ein Jackett, eine saubere Hose und geputzte Halbschuhe. Und wenn ich in ein Flugzeug stieg, trug ich diese Sachen am Leib.

Man sieht aber auch Reisende, die in ausgebeulten Jogginghosen und Kapuzenpulli am Gate auf den Einstieg warten, vermeintlich, weil der Flug damit bequemer wird. Klar, man kann sich so besser in die Sitzreihe lümmeln und die Beine anziehen. Es macht auch nichts, wenn man etwas Kaffee oder Cola verschüttet. Die Flecken gesellen sich dann zu den anderen. Mir fällt dazu der Spruch von Karl Lagerfeld ein: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“

Die Flugbegleiter haben die Übersicht über die Auslastung der Maschine, und immer wieder müssen Passagiere umgesetzt werden, weil irgendwo zusammenhängende Plätze gebraucht werden. Und wenn dann in der Businessklasse noch ein Platz frei ist, wer hat dann wohl die besseren Chancen? Der mit Jackett und Krawatte oder der mit der Jogginghose? Für Frauen gilt entsprechendes. Eine Flugbegleiterin verriet: „Man braucht es nicht übertreiben, es müssen keine Designerstücke sein. Im Gegenteil. Diese Leute sind oft sogar schwierig. Ordentlich und geschmackvoll reicht. Versuchen Sie den Eindruck zu erwecken, als seien Sie häufig unterwegs.“ Auch bei der Einreise am Zoll wird man nicht gleich kritisch gesehen, wenn man als Gast in einem Land respektvoll gekleidet ist.

Ein Kollege von mir war vor Jahren auf Warteliste am Schalter von Singapore Airlines in Singapur und wollte nach Frankfurt. Doch alle Flüge waren ausgebucht. Es war schon der zweite Tag, an dem er nicht vom Fleck kam. Schließlich fragte ihn der Gate Agent: „Haben Sie eine Krawatte?“ Der Kollege verneinte. Darauf ging der Angestellte in ein Büro und kam mit einer Krawatte zurück. „Ich kann Ihnen die Krawatte für 10 Dollar verkaufen. Und ich rate Ihnen, das Geld zu investieren. Wir haben nämlich in der Ersten Klasse einen Platz frei!“

Natürlich ist Sakko und Krawatte keine Garantie für ein kostenloses Upgrade. Aber die Chancen steigen. Ich gab einst auf einem Flug nach Tokio meinen Sitz am Gang für ein Ehepaar auf, das zusammensitzen wollte. Und unversehens landete ich in der Businessklasse. Und glauben Sie mir, dort fliegt man um einiges bequemer um die halbe Welt als in der Holzklasse!

Andreas Fecker