Luftpost 256: Pizza für den Shutdown

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Bildarchiv Fecker

Die Initiative begann in einem Kontrollraum der kanadischen Flugsicherung in Edmonton. Als Zeichen der Solidarität bestellten die kanadischen Fluglotsen in Edmonton Pizzen für ihre Kollegen in Anchorage. Beide Bereichskontrollstellen haben eine gemeinsame Luftraumgrenze. Edmonton FIR und Anchorage arbeiten deshalb 24 Stunden am Tag miteinander, auch wenn die beiden Kontrollzentralen über 2000 km entfernt sind voneinander, auch wenn sie sich nie sehen, so kennen sie sich doch beim Namen, sie kennen sich an der Stimme und wissen bestimmt auch das eine oder andere voneinander. Zum Beispiel, dass die US-amerikanischen Kollegen wegen Trumps Shutdown keine Gehälter bekommen. Pizza gilt in Amerika gemeinhin als Seelentröster in vielen Lebenslagen. Also hat Peter Duffey, Controller in Edmonton und Vorsitzender der kanadischen Fluglotsenvereinigung die Initiative ergriffen und in verschiedenen Online-Pizzerien in Anchorage Pizza bestellt. Lieferadresse TRACON Anchorage.

Die Aktion kam so gut an, dass sie sich wie in einem Schneeballsystem industrieweit über ganz Kanada verbreitet hat. Fluglotsen auf kanadischen Flughäfen haben Pizzapatenschaften für Kontrolltürme und Radareinheiten in den USA übernommen. Der Initiator sagte, „bevor ich mich umschauen konnte, haben meine Kollegen links, rechts und in der Mitte Pizzen bestellt. Ich weiß mittlerweile von 36 Patenschaften. Ein anonymer Spender hat 500 Dollar in den Pizzafond einbezahlt! Sogar eine irische Kontrollstation. In unserem Job muss man 100% fehlerlos arbeiten, und das 100% der Zeit. Da ist kein Raum, trüben Gedanken über Miete oder Supermarktrechnungen nachzuhängen.“ 10.000 Fluglotsen in den USA müssen seit 22. Dezember ohne Gehalt arbeiten. Die amerikanische Flugsicherung, letztendlich die amerikanische Bevölkerung wird als Geisel genommen. Piloten, die aus USA kommend in Kanada einfliegen, richten Grüße aus und bedanken sich über Funk im Auftrag US-amerikanischer Bodenstationen. Und jeder fügt nochmal seine eigenen Gedanken dazu. Während Trump sein Volk spaltet, machen die Nachbarn den Amerikanern wieder Mut.

Der Pressechef der kanadischen Luftfahrtbehörde erklärt, wir arbeiten täglich zusammen. Da entstehen Bindungen. Diese gehen nicht nur von Mensch zu Mensch, sondern auch von Herz zu Herz. Gourmets mögen zwar nicht gerade Fans von Pizzas im Recyclingkarton („Ich war ein Klopapier“) sein, aber wenn sich nicht einmal der Präsident zu schade ist, seinen Gästen im Oval Office Fast Food zu servieren …

Bisher hatten sich die Kanadier zu dem Drama im Weißen Haus vornehm zurückgehalten. Nun aber macht sich so etwas wie Erleichterung breit. Die „Pizza Diplomatie“ zeigt nicht nur jenem Präsidenten, den Amerikanern und der Welt, dass die Kanadier ein humorvolles, hilfsbereites Volk mit dem Herz auf dem richtigen Fleck sind. Ein frustrierter amerikanischer Diplomat meinte dazu: „Oh Kanada, wir haben Dich nicht verdient!“ Und plötzlich wird auch die Geschichte von Delta 15 wieder thematisiert, wo die kanadischen Einwohner von Lewisporte nach den 9/11 Anschlägen gestrandete Flugzeugpassagiere bei sich aufnahmen und bewirteten. Man sieht sich eben immer zweimal im Leben.

Andreas Fecker