Luftpost 234: Der 500-Dollar-Apfel

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An Apple a Day … – Foto Rita Fecker

An apple a day keeps the doctor away, heißt es. Fein. Gilt das auch noch, wenn der Apfel danach 500 Dollar kostet? Crystal Tadlock flog mit der amerikanischen Delta Air Lines von Paris über Los Angeles nach Denver, Colorado. Auf Langstrecke servieren manche Airlines zum Nachtisch schon mal ein Eis, andere reichen Kuchen, wieder andere einen Keks in leckerem Cellophan. Delta offerierte – für Amerikaner eher ungewohnt – einen Apfel, mehr oder weniger frisch vom Baum. Der Apfel steckte in einer Plastiktüte mit dem Aufdruck „Enjoy – Delta Air Lines“. Frau Tadlock war davon zwar angetan, aber dummerweise bereits satt. Sie steckte den Apfel daher in ihre Handtasche und freute sich darauf, ihn auf ihrem Anschlussflug nach Denver – wiederum mit Delta Air Lines – verzehren zu können, denn dort gäbe es bestimmt keine Bordmahlzeit mehr.

Großer Fehler! Crystal Tadlock befand sich nämlich weder bei Adam im Paradies unter dem „Baum der Erkenntnis“, sondern bei Donald in „America First“! Und das wird bewacht von der U.S. Customs and Border Protection. Diese Behörde klassifiziert Deltas paradiesische Apfel-Versuchung eher nüchtern als „landwirtschaftliches Produkt“. Und dieses hätte sie zum einen gar nicht erst „einführen“ dürfen und wenn schon, dann hätte man es zumindest im entsprechenden Abfrageformular angeben müssen. Jetzt kam die Erkenntnis in Form eines Strafbefehls über 500 US Dollar!

Die fassungslose Mrs. Tadlock schilderte ihr Malheur in den asozialen Medien. Dort meldeten sich auch prompt tausende von entrüsteten Amerikanern um zu helfen. Delta Air Lines wies jede Mitschuld von sich und brillierte mit einem Abdruck der Einreisebestimmungen samt dem Verbot, landwirtschaftliche Produkte ins Land zu bringen. Moment mal, was stand da auf der Apfeltüte? „Genießen Sie es – Delta Air Lines“? Und wer hat nicht schon mal die von einer Airline gereichten Erdnüsse, Gummibärchen oder Pralinen für später eingesteckt?

Was bis zur Landung in den USA nicht verzehrt wurde, wird zusammen mit allen anderen Abfällen noch am Flughafen in Hochtemperaturöfen verbrannt um keine Schädlinge einzuschleppen. Das gilt auch für hochwertigen Kaviar aus der Ersten Klasse. Wenn man also nicht einmal den Apfel einer amerikanischen Airline nach „God’s own Country“ bringen darf, ist es doch beruhigend zu wissen, dass sich dort jeder ein automatisches Sturmgewehr kaufen kann. Mit diesen Männlichkeitsprothesen kann man dann zum Beispiel dutzendweise Kaninchen hinrichten, die entweder das eigene Anwesen bedrohen oder anderweitig der persönlichen Selbstverwirklichung im Wege stehen.

Übrigens, auch das französiche Geschenk an die USA, die junge Eiche, die Präsident Macron und Präsident Trump so öffentlichkeitswirksam im Garten des Weißen Hauses gepflanzt haben, ist gleich nach Macrons Abreise stillschweigend verschwunden. Als „landwirtschaftliches Produkt“ musste die Kreatur erst einmal in Quarantäne. Mal sehen, wann sie wieder auftaucht.

Von Andreas Fecker


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