Luftpost 218: Delamar Dry Lake

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Andreas Fecker – Foto: Archiv Fecker

Die ausgetrockneten Seen in den dünn besiedelten Regionen Nevadas und Kaliforniens nutzt die NASA schon seit den 1950er Jahren für Starts und Landungen von Experimentalflugzeugen. Edwards Air Force Base zum Beispiel auf dem trockenen Grund des Rogers Dry Lake bietet sieben mögliche Pisten für Landungen von Weltraumorbitern oder Raketenflugzeugen. Die längste Piste misst zwölf Kilometer! 80 Meilen nördlich von Las Vegas, nahe am U.S. Highway 93 liegt der Delamar Dry Lake mit einer topfebenen Sandfläche von 13 Quadratkilometern. Hier hat man zum Beispiel Raketentriebwerke in Vorbereitung auf das Apollo-Programm getestet. Eine eigens dafür entwickelte X-15 diente als Versuchsträger. Sie wurde mit einem Piloten im Cockpit unter den Flügel einer B-52 gehängt, die in Edwards startete und auf große Höhe stieg. Dort klinkte der Pilot aus, startete sein Triebwerk und versuchte nun, das Flugzeug so hoch wie möglich ins All zu bringen.

Scott Crossfield war einer dieser Astronauten. Er erreichte 1960 als Testpilot einer X-15 eine Geschwindigkeit von 7.200 km/h und eine Flughöhe von 107 Kilometern. Nicht alle Flüge gingen glatt. Nach der Explosion eines Triebwerks im Flug stürzte er aus fast 100 km Höhe ab, Crossfield vermochte aber das Flugzeug abzufangen und beschädigt auf der 15.000 Fuß langen Sandpiste zu landen. Damals musste sein Körper Beschleunigungswerte von 50 g aushalten. Bei allen Zwischenfällen blieb Crossfield stets unverletzt. Es gibt wahrscheinlich keine Auszeichnung, die dieser Ausnahmepilot nicht bekam. Straßen und Schulen wurden nach ihm benannt, ein Terminal in Washington State, er beriet Airlines und Universitäten und hielt Vorträge in ganz Amerika. Der Rückflug von einer dieser Veranstaltungen an der Maxwell AFB in Montgomery, Alabama, wurde ihm 2006 zum tödlichen Verhängnis. Als Testpilot hatte er mehr haarsträubende Notlagen überstanden als die meisten Piloten in ihrer Karriere. Er hatte ein Leben am Steuer von über hundert verschiedenen Flugzeugen verbracht. Da gerät er im Alter von 84 Jahren mit seiner Cessna 210 in ein Gewitter und stürzt ab.

Die X.15 von Scott Crossfield nach der Notlandung auf Delamar Dry Lake – Foto: NASA

Der Delamar Dry Lake spielt im Testprogramm der NASA bis heute eine wichtige Rolle. Er liegt auch genau unterhalb des Flugwegs der Internationalen Raumstation ISS. Das wiederum machte sich der koreanische Autohersteller Hyundai zu Nutze, als 2015 die 13-jährige Stephanie, Tochter eines amerikanischen Astronauten auf der ISS, eines Tages mit einem ungeheuerlichen Anliegen an sie herantrat. Sie wollte ihrem Vater, der bereits seit Monaten im All war, eine besondere Botschaft schicken. Und diese Botschaft sollte von Autoreifen in den Sand eines trockenen Sees geschrieben werden. Die Wahl fiel auf Delamar Dry Lake. Natürlich sah Hyundai in diesem Event ein gewaltiges Werbepotenzial. So entstand ein Film, gedreht von einem südkoreanischen Marketingunternehmen mit einem französischen Produzenten, wie eine Formation von elf koreanischen Fahrzeugen mit Nagelreifen GPS-gesteuert und von einem amerikanischen Hubschrauber angeleitet in Formation die Buchstaben „Steph ♥‘s you“ in den Sand schrieben. Musikalisch untermalt wurde der Film von einem österreichischen Symphonie Orchester. Die Kreation war fünfeinhalb Quadratkilometer groß. Gleichzeitig meldete das Unternehmen das „Größtes Reifenspurbild der Welt“ beim Guiness Buch der Rekorde an.

Die größte SMS der Welt – Foto: Hyundai

Einzig die NASA hielt sich zurück. „Als staatliche Agentur, die vom Steuerzahler finanziert wird, sind wir nicht in der Lage, Werbung für private Interessen zu machen. Unsere Astronauten unterliegen einem strengen ethischen Codex. Wir werden daher in diesem Zusammenhang auch keine Namen bekannt geben“, hieß es. Ein hartnäckiger Journalist fand jedoch heraus, dass Terry Virts als Astronaut zur fraglichen Zeit an Bord der ISS flog. Und der hat eine Tochter namens Stephanie, die damals in dem Alter war. NASA hin, HYUNDAI her, in jedem Fall ist es eine rührende Geschichte.

Andreas Fecker

Eine Antwort zu “Luftpost 218: Delamar Dry Lake”

  1. Markus sagt:

    erstklassig – mal wieder. DANKE!