Luftpost 214: Zwischenlandungen

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Andreas Fecker Foto: Bildarchiv Fecker

Ein Airbus A320 der Lufthansa ist unterwegs von Frankfurt nach Erbil im Irak. Doch dort steigt das Thermometer auf 45 Grad Celsius, zu viel für die A320, die nur bis 44° zugelassen ist. Das Flugzeug mit 118 Passagieren kehrt deshalb um und fliegt nach Frankfurt zurück. Vorher aber muss es einen außerplanmäßigen Tankstopp in der Türkei einlegen. Das wirft die Frage auf, wie sicher sind Passagiere, die in einem Drittland auf der Fahndungsliste stehen, aus welchen Gründen auch immer? So wurde 2016 eine österreichische Künstlerin mit kurdischen Wurzeln bei einer Zwischenlandung am Flughafen Istanbul von fünf türkischen Polizisten aus dem Flugzeug geholt, 20 Stunden ohne konsularischen Beistand festgehalten und tags darauf nach Österreich abgeschoben. Sie hatte Kinderzeichnungen ausgestellt, die den Krieg im kurdischen Grenzgebiet aus Kindersicht darstellten.

Wir unterscheiden also zwischen planmäßigen und außerplanmäßigen Zwischenlandungen. Bei internationalen Umsteigeverbindungen wird man zwar das Flugzeug verlassen und in den meisten Fällen innerhalb des Transitbereichs zu einem anderen Gate gehen können. Hier fühlte sich schon so mancher Passagier mit Dreck am Stecken sicher, weil er meinte, der Transitbereich sei exterritoriales Gebiet, und tappte in die Falle. So flog 2011 ein Amerikaner von Lagos in Nigeria nach Atlanta in den USA. 1996 hatte er seine Frau mit seinen zwei Kindern in Neu-Ulm sitzen gelassen und war unbekannt verzogen. Die Mutter erstattete daraufhin Anzeige wegen Unterhaltsflucht. Beim Umsteigen in Frankfurt griff die Bundespolizei zu. Der Vater wurde in Haft genommen und musste für 15 Jahre Unterhalt für Frau und Kinder nachbezahlen.

Es obliegt also den Behörden des jeweiligen Staates, auf dessen Territorium das Luftfahrzeug landet, Flugzeug und Passagiere zu kontrollieren. Das gilt auch für den Transitbereich und sogar für die angedockten Maschinen. Grundlage ist die Chicago Convention von 1944, für die EU das Schengener Abkommen, und für Deutschland das Bundespolizeigesetz. In weniger demokratischen Ländern kann es allerdings sowohl Aktivisten, Regimekritiker, Journalisten und Dissidenten genauso erwischen wie harmlose, ahnungslose Touristen, die Opfer einer Verwechslung sind. So stand sogar der amerikanische Senator Ted Kennedy im eigenen Land jahrelang auf einer Terrorliste und wurde von übereifrigen Check-in-Agents wiederholt daran gehindert, sein Flugzeug zu betreten. Der Eintrag war fast nicht aus dem System zu kriegen.

Was für planmäßige Zwischenlandungen gilt, gilt auch für ungeplante. Und die können unversehens notwendig werden: Ein medizinischer Notfall an Bord, ein Triebwerksschaden, eine Katastrophen-bedingte Luftraumsperrung, oder der Zielflughafen im Bestimmungsland wurde wegen Überflutung oder in Folge eines Erdbebens kurzfristig geschlossen. Und unversehens hat man Schwierigkeiten am Hals, die nicht vorhersehbar waren. Habe ich in dem Land noch Steuerschulden? Alte Verkehrsdelikte? Uneheliche Kinder? Ein anhängiges Strafverfahren? Fahndungscomputer haben ein langes Gedächtnis!

Aber auch wenn gar nichts gegen einen vorliegt, mir ist ein ganz anderer Fall in Erinnerung, bei dem ein Flugzeug ungeplant im turkmenischen Aschgabat landen musste. Die Passagiere wurden von der Airline in einem Hotel untergebracht. Ein unverheiratetes Paar konnte nur mit allergrößten Mühen einer Festnahme durch die Migrationsbehörde entgehen, denn in dem muslimischen Land gilt das gemeinsame Übernachten nicht verheirateter Paare als Prostitution! Was mit gleichgeschlechtlichen Paaren passiert, will ich mir gar nicht erst ausmalen.

Andreas Fecker