Luftpost 195: Karten

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Foto: Bildarchiv Fecker

Kartografie ist eine besondere Kunst, die der Mensch schon im Altertum erlernt und gepflegt hat. Wurden diese „Bilder“ anfangs in Tontafeln geritzt, nutzte man später Papyrus oder Pergament. Seit jeher begleiten Karten die Menschen durch ihre Entwicklung und spiegeln den Stand der Welterforschung wieder. Unsere Ansprüche an diese Abbildungen der Erdoberfläche sind unterschiedlich und zweckgesteuert. Wander- und Straßenkarten sollen Wege, Flüsse, Küstenverläufe, Orte und Berge zeigen. Luftfahrtkarten erinnern eher an (Ur-)Großmutters Schnittmusterbogen mit schraffierten Flächen und gepunkteten Linien in unterschiedlichen Farben. Sektoren, Waypoints, Luftstraßen, Navigationsanlagen, Flugplätze, Schutzzonen, Hochspannungsleitungen, Bodenerhebungen, Kulturdenkmäler, Atomkraftwerke, Windkraftanlagen, Krankenhäuser können darin eingezeichnet sein. Eine Seekarte wird Strömungen, Tiefen, Untiefen und Sandbänke im Meer aufzeigen, während die Höhe von Bergen eher nachrangig sein dürfte. Was wir aber stets erwarten ist Entfernungs- und Winkeltreue.

Und jetzt wird es schwierig. Schon als Kind habe ich nie verstanden, warum Grönland mit einer Fläche von etwas über 2.000.000 km² in den meisten Karten fast so groß abgebildet wird wie Afrika mit einer Fläche von 30.000.000 km². Eigentlich sollte Afrika aber ungefähr fünfzehnmal größer sein als die Insel im Nordatlantik. Erst an der Flugsicherungsschule habe ich die Erklärung erhalten, die mich befriedigte:

Es hat mit der Kartenprojektion zu tun. Auch wenn man die alten Gelehrten, Physiker oder Astronomen dafür der Inquisition unterzog, unser Planet Erde ist trotzdem keine Scheibe, sondern eine Kugel. Und um eine Kugel mit gewölbter Oberfläche auf ein ebenes Blatt Papier zu bannen, bedarf es einer Projektion. Schält man eine Orange und versucht, die Schale platt auf dem Tisch auszubreiten, wird man sie an den Rändern einschneiden müssen, damit man sie spreizen kann. Für die Übertragung einer dreidimensionalen Kugeloberfläche auf eine zweidimensionale Fläche, wird man sich für eine Projektion entscheiden:

  • Die gleichförmige – Die Karte kann dann nicht gleichzeitig formengetreu und flächengetreu sein.
  • Die entfernungsgetreue – Da sind die Abstände im Netz der Längen- und Breitengrade auf der Karte gleich.
  • Die richtungsgetreue – Alle Winkel von einem Punkt auf einer Linie werden zu einem anderen Punkt in allen Richtungen korrekt wiedergegeben. Das ist bei der Mercator-Karte der Fall.
  • Es gibt die maßstabsgetreue – Dabei ist das Verhältnis zwischen einer Entfernung auf der Karte und der gleichen Entfernung auf der Erde überall auf der Karte gleich.
  • Wir haben außerdem die flächengetreue – Sie wird so darstellt, dass alle Flächen auf der Karte das gleiche Verhältnis zu den Flächen auf der Erde haben, die sie darstellen. Nach Lambert stimmt das Verhältnis zwischen Grönland und Afrika. Nach Mercator sind beide Flächen nahezu gleich groß.
  • Es gäbe auch noch zylindrisch, pseudozylindrisch, azimutal, planar, zirkumpolar usw. Jede Projektion hat ihre Vorteile. Es kommt darauf an, welche und wie viele Details man auf der Karte darstellen will.

Ein besonderer Reiz wohnt jeder Karte inne: Man kann auf ihr verreisen, ohne die eigenen vier Wände zu verlassen. Ungefährdet, preisgünstig, umweltschonend und visumfrei.

Von Andreas Fecker

3 Antworten zu “Luftpost 195: Karten”

  1. Roemer Sabina sagt:

    Wunderbar erklärt Andy!!
    Ich wusste gar nicht, dass es soooo viel unterschiedliche Karten gibt.
    Aber du weisst ja, Frauen fragen auch schon mal nach dem Weg, während Männer immer noch im Kreis fahren?…..
    Liebe Grüsse

    • Andreas Fecker sagt:

      Damit hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen, Sabina. Männer sind eben Forscher! Versuch und Irrtum haben ja schließlich auch einen erzieherischen Wert.

  2. Markus sagt:

    Hallo Andy,

    was ich aus der Luftpost nicht alles lernen kann, Woche für Woche. Ich komme mal wieder aus dem Staunen nicht raus.

    Herzliche Grüße!
    Markus