Luftpost 194: Tief, Tiefer, Bodeneffekt

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Foto: Bildarchiv Fecker

In diesen Wochen stellen die Piloten der Formel 1 ihre Dienstwagen vor. Freunde des Rennzirkus wissen das: Die Konstrukteure reizen die aerodynamischen Gesetze bis ins letzte aus. Während man im Flugzeugbau neben günstigen Strömungseigenschaften vor allem die positive Vertikalkraft (nach oben) ausreizt, achtet man bei Rennautos auf die negative Vertikalkraft (nach unten). Das Auto saugt sich am Boden fest, dadurch erreicht man einen besseren Gripp der Räder und kann die Kurvengeschwindigkeit erhöhen.

Aber hallo? Dies ist die Luftpost! Also reden wir vom Fliegen, meinetwegen vom Tieffliegen. Beim Flächenflugzeug bildet sich in Bodennähe ein Luftpolster, das den Auftrieb vergrößert. Bei so mancher Landung von kleinen Flugzeugen kann man beobachten, dass der Pilot Schwierigkeiten zu haben scheint, die Räder an den Boden zu kriegen. Oft wird dabei viel Landestrecke verschenkt, die auch schon mal am Ende fehlt. Jetpiloten nutzen den Effekt gerne im Rahmen einer Flugshow für den High-Speed Low Pass, während dessen sie in wenigen Metern über die Runway bürsten und am Ende der Piste senkrecht in den Himmel stechen.

Es ist mit Sicherheit verjährt und alle Beteiligten sind ebenfalls im Ruhestand, trotzdem würde ich nicht einmal unter der Folter verraten, wann, wer oder wo das war: Als Dankeschön an die Technik, die wegen verunreinigten Kerosins an einem Auslandsstandort mehrfach in nächtlichen Überstunden die Triebwerke der Starfighter wechseln musste, bat der Kommandoführer das gesamte deutsche Team, sich am letzten Tag vor einem Hangar für einen Überflug zu versammeln. Dann flog er nach dem Start eine weite Kurve und bretterte im Tiefstflug, gefühlte drei Meter über dem Boden unter den Korkeichen des Flugplatzes auf seine Mannschaft zu. Im letzten Augenblick zog er hoch und zischte über uns hinweg, während wir alle flach auf dem Boden lagen und den heißen Abgasstrahl auf unseren Rücken spürten.

Die Jetpiloten der Luftwaffe trauern noch immer dem Standort Goose Bay in Labrador hinterher, aus dem sich die Luftwaffe 2005 zurückgezogen hatte. Dort übten sie Tiefstflug, wie es in Friedenszeiten in Deutschland nicht möglich war. Über unbewohntem Niemandsland konnte man Fluss- und Bergtäler ausnutzen, um sich mit Höchstgeschwindigkeit an sein Target heranzupirschen, das von einer Combat Air Patrol bewacht wurde. Brüstete sich einer der Piloten aber allzu sehr mit seinen Konturflugkünsten, steckten ihm seine Kameraden nach der Landung schon mal Fichtenzweige an die Klappen und brachten ihn so in Erklärungsnot. Auch der flapsige Spruch: „Atze hatte einen Vogelschlag. Der Vogel saß dummerweise noch im Nest“, war nicht gut gelitten, wenn eben jener Atze mal wieder eine Baumberührung hatte.

Verlassen wir das Land, begeben wir uns über das Wasser. Die Russen haben viel Energie in die Entwicklung ihrer Ecranoplane gesteckt. Das sind keine Land- oder Wasserflugzeuge, keine Flugboote und keine Hovercraft. Es sind Bodeneffektfahrzeuge. Da sie nur über dem Wasser operieren, zählt man sie zu den Schiffen. Aber was für Schiffe! Die neueste Entwicklung mit acht Strahltriebwerken soll mit bis zu 550 km/h in 4 m Höhe oder weniger über das Wasser fegen können. Der Ecranoplan der LUN-Klasse ist 73 m lang, hat eine Reichweite von ca. 2000 km und sechs Lenkflugkörper an Bord! Die Ecranoplane gehören zur russischen Schwarzmeerflotte.

Der Autor im Birdhouse, einer urtypischen Spelunke in Alaska (leider abgebrannt). – Archiv Fecker

Geht es noch tiefer als 4 Meter? Ja! Ein pensionierter Offizier der israelischen Luftwaffe flog im November 2014 in 8 m Höhe über die glatte Oberfläche des Toten Meers. Die liegt inzwischen bei -420 m unter dem mittleren Weltmeeresspiegel (MSL). Das bedeutet eine Flughöhe von -412 m MSL. Das macht ihm bei uns nicht einmal der taffste Tiger nach, denn das sind Tiefen, in die sich nur noch Höhlenforscher begeben, sogenannte Speläologen.

Allerdings gibt es auch Spelunken, die noch ganz andere Niederungen aufweisen, und dort sollen auch schon mal Piloten versackt sein!

Von Andreas Fecker