Luftpost 168: Anstand und Fairness

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Andreas Fecker Foto: Bildarchiv Fecker

Rittmeister Freiherr Manfred von Richthofen war ein hochbegabter Jagdflieger der deutschen Fliegertruppe im Ersten Weltkrieg. 80 Abschüsse gingen auf sein Konto. Er war mit seinem rot angestrichenen Dreidecker bei den alliierten Piloten jenseits der Frontlinien gefürchtet, als „Red Baron“ aber auch gleichzeitig respektiert. Als es ihn am 21. April 1918 über Frankreich dann doch erwischte, bereiteten ihm die Kriegsgegner aus England, Frankreich und Australien ein ehrenvolles Begräbnis mit Priester, Ansprache, Salvenschüssen, Trompeter und Formationsüberflug.

Ein alliiertes Flugzeug warf tags darauf über der deutschen Basis eine Botschaft ab: „An das deutsche Fliegerkorps. Rittmeister Baron Manfred von Richthofen wurde am 21. April 1918 in einem Luftkampf getötet. Er wurde mit allen militärischen Ehren bestattet.“

So kann man auch aus Kapiteln unserer dunkelsten Geschichte etwas Positives lernen, nicht nur, dass Kriege Opfer, Leid und Zerstörung bringen. Es gab nämlich auch Anstand, Ritterlichkeit, Fairness, Anerkennung von Leistung, selbst durch den Gegner. Und damit schlage ich den Bogen zum Sport, insbesondere zum Fußball: Endspiel um irgendeinen wichtigen Fußballpokal. Beide Mannschaften kämpfen bis zum Äußersten, eine gewinnt am Ende, die andere unterliegt logischerweise. Die Sieger sind überglücklich, die Verlierer niedergeschlagen. Was gibt es da Schöneres, als wenn die Sieger zur unterlegenen Mannschaft gehen und die Spieler in die Arme nehmen? Was gibt es Ehrenwerteres, als wenn die Unterlegenen sich für die Sieger freuen können? Es hat auch einen Nebeneffekt: Faires Verhalten auf dem Spielfeld und gemeinsame Freude überträgt sich automatisch auf die Zuschauerränge und entzieht den Hooligans die Grundlage für Hass, Krawall und Zerstörung.

Anstand, Ritterlichkeit und Sozialkompetenz scheinen in unserem Alltag unter anderem durch die „asozialen Netzwerke“ verdrängt zu werden, in denen Mobbing und Hasskommentare an der Tagesordnung sind. An vorderster Front beobachten die Lehrer an ihren Schülern, wie unsere Gesellschaft verroht. Die Hemmschwelle zur verbalen und körperlichen Gewalt ist niedrig wie nie.

Und weil wir von Anstand und Fairness reden, will ich noch einmal eine Anleihe beim Luftkrieg über Frankreich machen: Ernst Udet erzählt in seinem Buch „Mein Fliegerleben“ vom erbitterten Kampf am 5. Juni 1917 in der Nähe von Reims zwischen ihm und George Guynemer, einem ähnlich erfolgreichen Flieger-Ass der Franzosen. Da die Maschinengewehre damals fest installiert waren und nur nach vorne schossen, versuchten beide Piloten sich gegenseitig durch fliegerische Kunststücke auszukurven und sich in Schussposition zu bringen. Udet gelang das zuerst. Doch sein MG hatte Ladehemmung. Während er zum Schluss mit beiden Fäusten auf den Ladeschacht hämmerte, kam Guynemer in Schussposition, verzichtete aber darauf, den wehrlosen Feind abzuschießen. Stattdessen schloss er neben ihm auf, salutierte, winkte und drehte ab.

Von Andreas Fecker

Eine Antwort zu “Luftpost 168: Anstand und Fairness”

  1. Günther Nowitzke sagt:

    Lieber Andy,
    Vielen Dank für diese Luftpost. Du ahnst kaum wie sehr mir diese Zeilen gerade aus dem Herzen sprechen!
    Gruß Günther