LUFTPOST 10: Knoten, Meilen und andere nautische Traditionen

Werbung
Andreas Fecker Foto: Bildarchiv Andreas Fecker

Immer wieder stößt man in der Fliegerei auf nautische Begriffe: Back- und steuerbord, Ballast, Beplankung, Bordküche, Bug, Deck, Fuß, Heck, Kabine, Kapitän, Knoten, Kompass, Luke, nautische Meilen, Offiziere, Ruder, Schott, Steward, Trimmung sind Begriffe, die sogar in der deutschen Übersetzung noch einen Bezug zur Seefahrt haben. Allein das Wort Navigation kommt vom lateinischen Wort „navis“ für Schiff. Treibstoff wird noch immer gebunkert, die Besatzungen tragen Ärmelstreifen wie in der Seefahrt. Sogar die Orte, an denen man startet und landet heißen Flug-HÄFEN! Das Flugzeug verlässt man über eine Brücke oder eine Gangway. Ja, in der englischen Sprache ist das noch viel signifikanter: abeam, aft, beacon, bearing, bulkhead, crew, cruise, drift, galley, hull, keel, log, purser, roll pitch and yaw, wake. Wie kommt das?

Offenbar liegt es an den Ursprüngen der Fliegerei. Luft-SCHIFFE wurden zunehmend zu einem wichtigen Transportmittel. Die Navigation folgte nicht mehr Straßen, sondern Längen- und Breitengraden. Nachts wurde mit Hilfe der Sterne navigiert. Der Sextant spielte auch im Flugverkehr eine wichtige Rolle. Als sich parallel dazu die Motorfliegerei entwickelte, wurden alle diese Standards auch in den Pilotenkanzeln übernommen. Leuchttürmen gleich wurden nachts für den Luftpostverkehr in bestimmten Abständen Navigationsfeuer entzündet. Heute heißen sie Funkfeuer.

Eine weitere, viel praktischere Frage stellt sich mir: Sind Flugzeuge eigentlich männlich oder weiblich? Schiffen billigt man einen weiblichen Charakter zu. Von der Jolle bis zur Queen Mary, unabhängig vom Schiffsnamen benutzt man den weiblichen Artikel: Es ist DIE Deutschland, DIE Eisenhower, DIE Enterprise, DIE Cutty Sark, DIE Bounty.

Bei den Luftschiffen übernahm man die Tradition wie selbstverständlich, es war zum Beispiel DIE Hindenburg, die am 6. Mai 1937 in Lakehurst in Flammen aufging.
Verwirrend wird es aber, würde man dieser Tradition gerne weiter folgen. Wann ist ein Flugzeug männlich, wann ist es weiblich? In der Umgangssprache verschwimmt nämlich die Festlegung. Man sagt „der Jumbo“, aber „die 747“. Es heißt „der Airbus“, aber „die A320“, „die A300“. Noch könnte man eine Gesetzmäßigkeit erkennen, redete man nicht von „dem A340“ oder von „dem A380“. Doch gibt es auch hier bereits wieder Aufweichungstendenzen. Singapore Airlines besteht firmenweit darauf, die A380 sei eine Lady.

Es kann nicht an der Größe liegen, denn es heißt „DIE Cessna“ und „DIE Piper“, genauso wie „DIE Antonov 225“, und letztere ist noch immer das größte Flugzeug der Welt. „DER Frachter“ und „DER Transporter“, „DER Aufklärer“, DER Doppeldecker und „DER Bomber“, aber auch „Der Starfighter“ sind allesamt männlich. Macht man hier Zugeständnisse an die Rolle des Flugzeugs? Aber kaum glaubt man, ein System durchschimmern zu sehen, wird es wieder weiblich: „DIE 747-400“, „DIE Galaxy“, „DIE Phantom“, „DIE B-52“ oder „DIE 104“.

Noch spricht man allerdings von „DEM Eurofighter“. Aber mit „DEM Tornado“ hat es auch mal so angefangen, bis man das Flugzeug im Griff hatte. Dann wurde liebevoll eine „sie“ daraus. Vielleicht liegt hier des Rätsels Lösung? Die Duden Gesellschaft konnte mir jedenfalls auch nicht weiterhelfen.

Von der Aeronautik zurück zur Nautik. Es heißt DER Zerstörer, DER Versorger, auch wenn es sich um DIE Bismarck oder DIE Emden handelt. Niemals heißt es DIE Zerstörerin oder DIE Versorgerin! Doch halt… die beginnende Erleuchtung wird sogleich wieder versenkt… von einer durch und durch weiblichen FREGATTE! Entdecken wir in der christlichen Seefahrt womöglich die früheste Form des grammatikalischen Feminismus?

Bringen Sie das mal in einem Lehrgang „Deutsch für Ausländer“ unter! Ich zumindest habe als Schriftsteller bereits resigniert. Reden Sie also getrost weiter von DER A350 oder DEM A350, aber ersparen Sie sich und Ihrer Umwelt eine Variante: DAS A350!